„Eine Nummer zu groß“ – so könnte man das Spiel Ajax Amsterdam gegen Real Madrid zusammenfassen. Nach ambitionierten Anfangsminuten konnte der niederländische Champion in... Ajax läuft in Heimdebakel – 1:4 gegen Real Madrid

„Eine Nummer zu groß“ – so könnte man das Spiel Ajax Amsterdam gegen Real Madrid zusammenfassen. Nach ambitionierten Anfangsminuten konnte der niederländische Champion in einem einseitigen Spiel den Spaniern kaum noch Paroli bieten. Zu energisch und zielstrebig trugen die Königlichen ihre Angriffe vor und hätten bereits zur Pause hoch führen können.

Real schont Stammkräfte

Beide Mannschaften begannen wie erwartet, Ajax im traditionellen 4-3-3, Real im gewohnten 4-2-3-1. Ajax vertraute erneut Ryan Babel als Mittelstürmer. Womöglich sollte er durch seine Laufstärke den Spielaufbau der Königlichen stören und durch seine Robustheit Freiräume für die Flügelspieler bzw. die nachstoßenden Achter schaffen. Bei Real hingegen stand überraschend Kaka statt Mesut Özil in der Startelf. Auch Sami Khedira und Angel Di Maria wurden für den anstehenden Clasico geschont und kamen erst spät in die Partie, an ihrer Stelle starteten Michael Essien und Jose Callejon.

Ajax

Die Handschrift der alten Ajax-Schule war klar erkennbar. Kontrolle des Spiels und Minimierung des Risikos sollte durch Ballbesitz hergestellt werden. So kam es zwar zu annähernd gleichen Werten (46:54) in punkto Ballbesitz, gefährlich wurden die Holländer aber kaum. Häufig schoben sich die Innenverteidiger die Bälle gegenseitig zu. Die hoch aufgerückten Außenverteidiger wurden von Real gut zugedeckt, sodass sie nicht in den Spielaufbau eingreifen konnten. Auch im Zentrum gab es kaum Anspielstationen. Real verfolgte die Holländer beim Abkippen nach hinten und presste schon bei der Ballannahme, sodass nur der Sicherheitspass zurück in die Abwehr blieb. So suchte man angesichts dieser Übermachtöfters den Weg über lange Bälle, um dann selbst zu pressen und die zweiten Bälle zu erobern. Diese Pässe konnten aber kaum weiterverwertet werden. Stattdessen wurde man selbst immer wieder nach Ballverlusten im Mittelfeld überrumpelt.

Real

Die Angriffsreihe der Madrilenen wechselte häufig die Positionen. Im Mittelfeld lenkte Xabi Alonso das Spiel und schlug teils unglaubliche Bälle (von 17 langen Bällen kamen 16 an). Aggressive Pressingphasenim Angriffsdrittel und Zustellen der gegnerischen Anspielstationen im Mittelfeld wechselten sich ab und ließen Ajax nie einen Rhythmus finden. Die Königlichen spielten ihre individuelle Klasse gnadenlos aus und setzten sich sehr oft im Eins-gegen-Eins durch.

Schwachstellen des 4-3-3

Die natürlichen Schwachstellen des 4-3-3 sind die Räume zwischen Flügelstürmern und Mittelfeldspielern. Zwar sollte Ajax im Defensivspiel durch Zurückziehen der Flügelstürmer auf ein 4-1-4-1 umstellen, doch durch verlorene Zweikämpfe im Spielaufbau und bei Angriffsversuchen in der4-3-3-Formation kam es öfters dazu, dass genau diese Räume offen waren für Konterangriffe und keine Zeit blieb für ein geordnetes Formationsspiel. Kaka, Marcelo, und Co nutzten diese Räume immer wieder zu gefährlichen Vorstößen und kreierten zahlreiche Möglichkeiten.

Die Entstehung des 0-1: Ajax verliert wieder einmal den Ball im Mittelfeld, die Außenverteidiger müssen sich noch zurückorientieren, Benzema hat die entscheidenden Meter Freiraum und bekommt den Ball, Ronaldo zieht schon vor dem Pass auf den Franzosen in die Spitze

Kaka

Man kann das Spiel nicht gesehen haben, ohne ein Wort zur Leistung von Kaka zu verlieren. War seine Zeit bei Real Madrid im Sommer praktisch schon abgelaufen, zeigte er nun in einem Champions League Spiel seine Klasse. Er spielte äußerst stark und war Ausgangspunkt zahlreicher gefährlicher Aktionen vor dem Tor der Holländer. In einer Szene eilte er sogar zurück, um statt Marcelo, der den Ball vorne verloren hatte, den Linksverteidiger zu machen. Nach seiner Leistung in diesem Spiel drängt sich der Gedanke auf, dass Mesut Özil nicht nur Luka Modric, sondern ein längst Totgesagter wieder Konkurrenz machen könnte.

Ajax bäumt sich auf

Nach einem unerwarteten Treffer – Essien und Casillas hatten bei einem Eckball nicht gut ausgesehen – hatte man den Eindruck, dass die junge Heimmannschaft (Durchschnittsalter des Kaders: 22,40 Jahre) nun doch endlich den Respekt vor dem spanischen Starensemble verliert. Ajax versuchte, die Madrilenen jetzt durch frühes Pressing unter Druck zu setzen und zu Fehlern zu zwingen. Die Viererkette der Spanier wurde nun mit drei bis vier Spielern belegt, die Achter rückten nach und drangen weit in die gegnerische Hälfte ein. Die Holländer hatten ihre beste Phase, sie kamen auch zu Chancen, darunter eine 100%-ige von Daniel Hoesen, der vermutlich selber nicht weiß, wie er es schaffte, den Ball aus zwei Metern noch über die Latte zu kriegen.

Ronaldo macht alles klar

Cristiano Ronaldo machte schließlich mit einem Doppelpack den Sack zu. Nach einem erneuten Ballverlust der Holländer im Mittelfeld und einem schnellen Konter traf der Portugiese mit einem tollen Schuss aus 20 Metern ins Tor. Nicht ganz zwei Minuten später konnte Ronaldo nach einem starken Assist von Khedira mit einem schönen Heber seine Weltklasse unter Beweis stellen.

Fazit

Real Madrid war an diesem Abend eine Klasse besser. Zu oft verlor Ajax den Ball im Mittelfeld, zu selten konnte man die Spanier wirklich gefährden. Trotz tapferer Leistung der Holländer hätte das Ergebnis noch um einiges höher ausfallen können. Vor allem in der technischen Überlegenheit und den schnellen Konterangriffen der Madrilenen lagen die Schlüssel zum verdienten Sieg in Amsterdam.

Florian Eliadakis, abseits.at

Florian Eliadakis

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