Keine zwei Wochen nachdem die Saison der Austria gestartet ist, hängt bereits der Haussegen gewaltig schief und ist der kleinen Aufbruchsstimmung schnell Tristesse gewichen.... Analyse: Ein violetter Offenbarungseid

Keine zwei Wochen nachdem die Saison der Austria gestartet ist, hängt bereits der Haussegen gewaltig schief und ist der kleinen Aufbruchsstimmung schnell Tristesse gewichen. Ausschlaggebend dafür war nicht nur die Niederlage in Ried, die zumindest vermeidbar gewesen wäre, sondern vor allem das Auftreten im Europacup gegen Breidablik, welches nicht nur die violetten Anhänger fassungslos zurücklässt. Wie konnte es zu dieser Blamage kommen und was waren die Gründe dafür? Es herrscht viel Klärungsbedarf in Wien-Favoriten und auf den unerfahrene Cheftrainer Manfred Schmid wartet viel Arbeit.

Eingespielter Gegner mit klaren Strukturen und einer erkennbaren Philosophie

Was man nach diesen beiden Duellen sagen kann ist zweifellos, dass sich die Isländer besser verkauft haben, als man es erwartet hätte. Während der Außenseiter vor einigen Jahren gegen Sturm dank einer destruktiven Spielweise weiterkam, wurde man nun für die mutige Spielweise belohnt und rückte von dieser auch gegen die nominell stärkere Austria nicht ab. Klare Struktur im Aufbau mit einer breiten Formation, zwei spielerisch gute Sechser und einige Eckpunkte im Spiel, an denen man sich zu orientieren hatte. Schon nach wenigen Minuten zeigte man hier auch die Stärken und nutze die Schwachstellen bei der Austria eiskalt aus. Ein einfacher eröffnender Pass auf die Außenbahn, eine Halbfeldflanke in den Strafraum und ein besseres Stellungsspiel in der Box reichten aus, damit die Gastgeber in Führung gingen. Dazu presste man die Austria hoch an und lief den Spielaufbau des Gegners an, um die Gäste in keinen Rhythmus hineinkommen zu lassen. Das 4-4-2 präsentierte sich dabei sehr flexibel und man schob auch riskanter nach vorne, um die Formation kompakt zu halten.

Kurzum, Breidablik zeigte viele Eigenschaften, die man sich eigentlich von der Austria erwarten würde. Trotz allem muss man allerdings auch klar hervorheben, dass diese Homogenität und das Auftreten als Kollektiv der größte Trumpf der Isländer war. Qualitativ verfügt man speziell in der Offensive über keine herausragenden Akteure und auch in der Defensive wirkten speziell die beiden Innenverteidiger mit dem Ball nicht sattelfest. Hier würde man sich qualitativ wohl allgemein im unteren Bundesliga-Drittel bzw. eher auf Zweitliga-Niveau bewegen. Dennoch wirkte die Austria über weite Teile der beiden Begegnung chancenlos. Woran kann man das festmachen? Klar, die Austria hat ein neues Trainerteam, neue Spieler sind zum Verein gekommen und der Kader ist auch noch eine Baustelle und wird in einigen Wochen anders aussehen, als nach derzeitigem Stand. Doch einige Probleme sind dabei auch hausgemacht.

Das violette Prunkstück wird auseinandergerissen

Eines der größten Fragezeichen ist, warum man das im Frühjahr bärenstarke Duo im zentralen Mittelfeld, Martel und Demaku, nach bereits einem Spiel auseinanderreißt. Klar, der U21-Teamspieler erwischte im Hinspiel keinen guten Tag und leitete mit einem großen Fehler den Ausgleich der Gäste ein. Doch handelt es sich hier immer noch um einen jungen Spieler und darf man hier nicht nur auf individuelle Aspekte achten. Gruppentaktisch war das Hinspiel bereits eine Offenbarung und eine geschlossene Kompaktheit war nicht zu vernehmen. Eher agierte jeder Mannschaftsteil für sich und dementsprechend groß waren auch die Abstände, was Breidablik speziell in der Anfangsphase gnadenlos bespielte. Dadurch kamen klarerweise auch die beiden Sechser Martel und Demaku nicht so gut zur Geltung, mussten sie doch große Löcher stopfen und waren im Zentrum gegen den Gegner in Unterzahl. Der Ansatz von Schmid sah es dann scheinbar vor, nicht am gruppentaktischen Verhalten zu arbeiten, sondern das System umzustellen und so das Problem zu lösen. Gegen Ried lief man statt mit einem 4-2-3-1, plötzlich mit einem 4-1-4-1 auf.

Für einige mag diese Umstellung keine große Sache sein, doch die Implikationen sind nicht zu verachten. Im Spielaufbau und gegen den Ball ist nun nur noch ein Sechser statt zwei da, während sich die Laufwege von den beiden Achtern auch unterscheiden und man eine Feinabstimmung finden muss, wer in welchen Räumen mehr Präsenz zeigt. Daher verwundert es auch ungemein, dass man die gesamte Vorbereitung ein System eintrainiert, effektiv aber nach einem Spiel dieses verwirft und plötzlich umstellt, womit sich auch die herausgearbeiteten Abläufe verändern und man etwas Neues einstudieren und die Aufgaben umverteilen muss. Schmid wollte vermutlich mit der Umstellung das Zentrum stärken, opferte dafür Fitz und zog stattdessen Fischer in Zentrum, um hier die Präsenz vor allem gegen den Ball zu erhöhen. Gegen Ried funktionierte dies einigermaßen, doch das hätte es vermutlich auch mit Demaku getan, da Ried die meiste Zeit destruktiv war und nicht so wie die Isländer ausschließlich verteidigte.

Kaum spielte man gegen den gleichen Gegner, traten die gleichen Probleme, die man bereits im Hinspiel sah. Im Rückspiel entschied sich Schmid das System beim 4-1-4-1 zu belassen, beorderte aber zusätzlich Dominik Fitz ins Zentrum als Achter. Es ist kein Geheimnis, das Fitz nicht gerade für seine Arbeit gegen den Ball bekannt ist und sich einige Trainer bereits die Zähne ausgebissen haben, ihm das richtige Anlaufverhalten beizubringen. Dementsprechend braucht man auch klare Abläufe als Mannschaft, um dieses eventuell abzufangen. Die Austria versuchte im Rückspiel aus einem 4-1-4-1 die Isländer zu bespielen, indem einer der beiden Achter nach vorne rückte und Djuricin beim Anlaufen unterstützte, sofern sich ein Sechser des Gegners tiefer anbot. Das gesamte Konstrukt wirkte dabei nicht wirklich stimmig und weder konnte man dadurch Pässe ins Zentrum verhindern, noch Zuspiele in die Breite. Die Isländer hatten wenig Mühe, Anspielstationen und Lücken bei den Violetten hinter den beiden Achtern im Zentrum zu finden und kombinierten sich immer wieder so schnörkellos nach vorne.

Wenig Intensität

Das lag auch daran, dass die Austria kaum Intensität im Anlaufen und attackieren zeigte. Man verschob gemächlich mit, aber Pressingauslöser waren keine zu sehen und Eckpfeiler im Anlaufverhalten waren auch nicht zu erkennen. Gruppentaktisch war das Verhalten erneut katastrophal und hatte auch grobe Folgen. Man agierte dadurch de facto nicht als kompakter Block, sondern elf Einzelspieler wurden wie auf der Playstation quasi mit einem Controller gelenkt, sobald der Ball in ihre Nähe kam. Sechser Martel hatte aufgrund der fehlenden Kompaktheit etwa riesengroße Räume im Alleingang abzudecken und war noch dazu früh mit der gelben Karte vorbelastet, wodurch er vorsichtiger in den Zweikämpfen agieren musste. Dementsprechend schwer tat man sich auch, Zugriff auf das Ballbesitzspiel des Gegners zu erlangen und viele leere und unnötige Kilometer waren die Folge.

Und wir reden hier nicht von zahlreichen pressingresistenten Akteuren, die Breidablik im Team hatte. Im Gegenteil, sobald man etwas Druck ausübte, bekam man das Gefühl, wären hier einfache Ballgewinne möglich. Dieser Tatsache wurde man sich jedoch erst nach insgesamt 135 Minuten bewusst, was ebenfalls keinen guten Eindruck hinterlässt. Wenn man sich vorstellt, Breidablik hätte gegen Salzburg oder den LASK spielen müssen, wäre dies wohl in einem Debakel für die Isländer geendet. Doch gegen die Austria konnte man sich das leisten und wurde kaum bestraft – man ist eben nur so gut, wie es der Gegner auch zulässt.

Ballbesitz als ständiger Gefahrenherd

Doch nicht nur das Spiel gegen den Ball war für die Austria problematisch, auch mit dem Ball wirkte vieles nach Stückwerk und kam kaum ein flüssiges Kombinationsspiel zustande. Hier hat man sich auch bewusst dafür entschieden, mit Handl einen spielerisch starken Verteidiger nach einem schwachen Spiel herauszunehmen und stattdessen Schoissengeyr den Vorzug zu geben, der nach seinen schweren Verletzungen augenscheinlich nicht mehr der Alte ist. Neuzugang Lukas Mühl ist auch erst seit einigen Tagen im Training und hat die Vorbereitung nicht mitgemacht, weshalb eine Beurteilung auch aufgrund der Umstände schwierig fällt.

Allerdings ist Mühl auch kein Palmer-Brown und bevorzugt eher die sicheren Anspielstationen bzw. wenig Risiko. Umso wichtiger wäre es hier eben, eine starke Doppelsechs zu haben, die von hinten heraus dem Team eine Struktur gibt und den Ball nach vorne tragen kann. Stattdessen sah der Spielaufbau so aus, dass de facto keine vertikalen Zuspiele zu sehen waren und alles über die Außenverteidiger ging, da kein Innenverteidiger sich etwas traute und Martel alleine wenig ausrichten konnte. Das erkannte auch Breidablik und stellte diese öfters zu und rückte heraus, wodurch es immer mal wieder keine Anspielstationen gab. Die Folge waren einige fürchterliche Ballverluste der beiden Innenverteidiger, die glücklicherweise nicht bestraft wurden. Besser wurde es auch nicht wenn sich ein Achter fallenließ, den Fitz leitete etwa das 0:2 mit einem schlechten Pass auf Jukic ein, der von zwei Spielern im Zentrum umstellt war.

Gerade hier hätte es eine starke Doppelsechs gebraucht, die dem Team von hinten heraus Sicherheit und Struktur im Ballbesitz gibt und den Ball auch nach vorne tragen kann. Stattdessen war man abhängig davon, dass der Ball viel in die Breite gespielt wurde und die Außenverteidiger auf eigene Faust etwas kreieren mussten, um nach vorne zu kommen. Das war kaum der Fall, weshalb dementsprechend viele lange Bälle die Folge war. Daher wurde im Verlauf des Spiels auch der physisch starke Pichler ins Sturmzentrum beordert, während Djuricin plötzlich am verhassten Flügel agieren musste.

Keine Alternativen am Flügel

Hier offenbart sich auch die schwierige Kaderplanung, denn die Alternativen am Flügel sind quasi nicht vorhanden. Mit Sarkaria und Wimmer fehlen hier die beiden gesetzten Akteure der letzten Saison und bislang wurden sie auch nicht ersetzt. Dadurch müssen Akteure wie Jukic oder Fischer auch am Flügel aushelfen, obwohl sie eigentlich zentrale Mittelfeldspieler sind. Hier muss man dringendst nachjustieren oder der Trainer muss sich dem Kader und den vorhandenen Spielern anpassen. Neo-Trainer Schmid hätte auch in der Vorbereitung bereits dies berücksichtigen können und ein 4-Raute-2 einstudieren können, was der Kader aufgrund der vielen zentralen Mittelfeldspieler und offensivstarken Außenverteidiger definitiv umsetzen könnte. Jedoch entschied man sich vorerst beim 4-2-3-1/4-1-4-1 zu bleiben und dieses durchzuziehen, auch wenn die wirklichen Alternativen auf den offensiven Flügeln rar gesät sind.

Erst mit dem Rücken zur Wand wird man mutiger

Dementsprechend wirkt die Offensive der Austria wie ein laues Lüftchen und fehlt es vollkommen an Ideen und Kreativität. Kaum ein Spieler ist in der Lage, (wie etwa ein Sarkaria) Dribbling-Situationen aufzulösen und so Gefahrenmomente und Lücken beim Gegner zu kreieren. So wirkt vieles statisch bei den Violetten und man kann kaum Dynamik entwickeln, da es in der Offensive auch offensichtlich zudem an der nötigen Geschwindigkeit mangelt. Umso wichtiger ist es für die Wiener daher, ein sauberes Ballbesitzspiel über die ersten beiden Spielfelddrittel aufzuziehen und über die Flanken versuchen, in den Strafraum einzudringen. Gegen Ried gab es Ansätze davon, aber die steckten auch noch in Kinderschuhen und waren nicht wirklich ausgereift. Dementsprechend einfach machte man es auch den Isländern, die Angriffe zu verteidigen und vor großen Herausforderungen wurden sie nicht gestellt.

Erst in der zweiten Halbzeit war zu sehen, wie man Breidablik knacken könnte. Man presste wesentlich höher und schob hinaus, versuchte direkter nach vorne zu spielen und die Gastgeber unter Druck zu setzen. Kurzum, man musste klarerweise mehr Risiko gehen, galt es doch einen 0:2 Rückstand aufzuholen. Und plötzlich wackelten die Isländer auch gehörig und wirkten nicht mehr so selbstsicher, wie es noch zuvor der Fall war. Die Folge waren auch mehr Ballverluste in gefährlichen Zonen und einige Gefahrenmomente für die Austria. Hier sah man auch, was eigentlich möglich gewesen wäre, hätte man auf ein konsequentes Angriffs- und Gegenpressing gesetzt und Breidablik konstant unter Druck gesetzt. So reichte letztlich die Zeit nicht aus, um in 45 Minuten das auszumerzen, was man die 135 Minuten zuvor falsch gemacht hatte. Mit etwas mehr Glück hätte man zwar den Ausgleich und die Verlängerung erzwingen können, doch verdient wäre dies nicht gewesen. Dadurch blieb es bei der 1:2 Niederlage und damit verabschiedete sich die Austria wieder aus dem Europacup.

Fazit

Es war nach aktuellem Stand eine Prophezeiung von Cheftrainer Schmid, als dieser „mögliche“ ein bis zwei schwierige Saisonen ankündigte. Die Gemengelage bei der Austria ist gerade gefährlich, denn der Kader ist bei weitem nicht fertig, von der Trainerbank kommen aktuell kein konsequentes Handeln und sieht man keine klaren Strukturen, aber auch individuell lassen einige Spieler aus und agieren nicht auf ihrem gewohnten Niveau. Und anders als vor zwanzig Jahren reicht es eben nicht mehr aus, die qualitativ bessere Mannschaft zu sein, um ein kleines Team aus Island zu besiegen. Mittlerweile sind auch kleine Teams in der Lage, mit einer klaren Struktur und einer kompakten Einheit größere Teams zu ärgern und anhand der Ergebnisse im Europacup kann man das immer wieder gut beobachten.

So muss sich die Austria das Ausscheiden in die eigenen Schuhe schieben und wird dieses noch länger in den Köpfen bleiben, da man eine große Chance verpasste, dem Verein finanziell unter die Arme zu greifen. Stattdessen muss man nun eher danach trachten, nicht in eine Negativspirale zu geraten und braucht es schnelle Lösungen, um das Ruder rumzureißen. Hier ist in erster Linie Trainer Schmid gefragt, der der Mannschaft ein klares Konzept und eine stimmige Struktur mitgeben muss, damit man konkurrenzfähig ist und etwaige Schwächen kaschieren kann. Gelingt das nicht, könnte der Saisonstart noch schlechter ausfallen, als es die letzten Saisonen ohnehin schon der Fall war.

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Dalibor Babic