Fast fünf Jahre sind vergangen, seitdem ich das letzte Mal in der italienischen Region Apulien gewesen bin. Damals, Ende Februar 2018, sollte uns eine... Groundhopping Apulien 2023 – Eine Reise in den Südosten Italiens

Fast fünf Jahre sind vergangen, seitdem ich das letzte Mal in der italienischen Region Apulien gewesen bin. Damals, Ende Februar 2018, sollte uns eine Schneewalze in Süditalien heimsuchen, die insbesondere auch dazu führte, dass das geplante Spiel in Bari wegen Schneefalls abgesagt wurde. Die frustrierende Abfahrt unverrichteter Dinge aus Bari ist natürlich noch allgenwertig in meinem Kopf und natürlich auch in dem des damaligen Reisekollegen Martin.

US Lecce – US Salernitana 1:2 (1:2)

Mittlerweile wird Bari von zahlreichen Billigfluglinien von Wien aus angeflogen, sodass wir nun einen weiteren Versuch starten, um mit „Bari pari“ zu werden. Doch das Spiel in Bari stand erst am Samstag auf dem Programm, doch es sollte bereits am Freitag Fußball in Apulien geben. So zog unsere Fünfergruppe, zu der auch der 2018 in Bari ebenfalls Leid geprüfte Martin zählte, per Mietauto vom Flughafen Bari südwärts in die Region der Halbinsel Salento, deren Hauptstadt Lecce ist. Die fast 100.000 Einwohner zählende Stadt ist seit dieser Saison wieder in der Serie A vertreten. Dort kämpft der US Lecce als amtierender Meister der Serie B, zwar gegen den Abstieg, hält sich derzeit aber erfolgreich über dem ominösen Strich. Der heutige Gegner ist US Salernitana. Das Team aus Kampanien befindet sich ebenfalls im unteren Tabellendrittel, sodass auf dem Rasen jedenfalls eine ausgeglichene Partie zu erwarten sein wird. Nachdem die barocke Perle im Süden Italiens geltende Altstadt Lecces ausgiebig besichtigt wurde, geht es schon zu etwas außerhalb der Stadt befindlichen Stadio Ettore Giardiniero – Via del Mare, das 40.670 Zuschauern Platz bietet.

Auf den Rängen sollte es heute auch hitziger zugehen als sonst, ist die Kurve Salernos doch mit Lecces Erzfeind Bari befreundet. Zu gröberen Vorfällen sollte es aber in und um das Stadion nicht kommen, jedoch sind sowohl die Heimkurve und der Gästeblock sehr gut gelaunt, wobei die Kurve der Ultra` Lecce natürlich zahlenmäßig logischerweise bei Weitem überlegen ist. Beide Kurven haben zwar unterschiedliche Stilrichtungen, aber stimmungstechnisch sind beide auf einem sehr hohen Level beheimatet.

24.446 Zuschauer sollten sich schließlich zu diesem Freitagabendspiel der höchsten italienischen Spielklasse einfinden, bei dem die Gäste aus Salerno einen Start nach Maß erwischen. Dia erzielt mit einem Flachschuss in die linke Ecke bereits in der fünften Minute das Führungstor für US Salernitana. Also Vilhena in der 20.Minute mit einem Linksschuss nach Vorarbeit von Dia mit der zweiten nennenswerten Chance des Spiels auf 2:0 für die Gäste erhöht, hätte man im Stadion schon fast an die Vorentscheidung geglaubt. Doch Lecce wehrt sich quasi postwendend dagegen, denn Strefezza gelingt nur drei Minuten später der Anschlusstreffer für die Gastgeber.

Leider verflacht danach diese Partie zusehends. Schon bis zum Seitenwechsel gibt es kaum nennenswerte Aktionen und dies sollte sich auch in den zweiten 45 Minuten nicht ändern. Salernitana verteidigt den Vorsprung gut und Lecce findet einfach keine spielerischen Mittel, um das Abwehrbollwerk der Gäste wirklich ernsthaft in Gefahr zu bringen.

So pfeift Schiedsrichter Massa nach einer sechsminütigen Nachspielzeit beim Stande von 1:2 ab. Salernitana sichert sich in Lecce drei Punkte und überholt somit die Gastgeber aus Apulien in der Tabelle. Aber nach 20 Runden haben beide Mannschaften komfortable acht bzw. neun Punkte Vorsprung auf einen Nichtabstiegsplatz.

Wir freuen uns, dass wir auch in der Region Apulien angeschrieben haben. Nach einem rund vier Kilometer langen Fußmarsch zurück in die Altstadt, erreichen wir unser Quartier erst kurz vor Mitternacht, sodass wir uns gleich ins Bett begeben, denn morgen sollte es wieder zeitig aus den Federn gehen, denn es müssen noch rund 150 Kilometer im Absatz des italienischen Stiefels zurückgelegt werden, um wieder nach Bari zu kommen.

SSC Bari – AC Perugia 0:2 (0:0)

Die Abfahrt aus Lecce wurde so gelegt, dass wir zwischen 09.00 Uhr und 10.00 Uhr beim Stadio San Nicola in Bari eintreffen sollten. Der Grund, warum wir um diese Uhrzeit beim Stadion, das eine Spielstätte der Weltmeisterschaft 1990 gewesen ist, sind, ist auch leicht erklärt, denn genau in dieser Stunde hat am Matchtag die Kassa am Stadion geöffnet. Ich bin natürlich weit und breit der einzige Kunde, der sich hier viereinhalb Stunden vor Spielbeginn sein Ticket holt, aber ich gebe somit den beiden Damen im Kassenhäuschen immerhin das Gefühl, dass sie nicht völlig umsonst hier eine Stunde verbringen müssen.

Da es bis zum Spielbeginn um 14.00 Uhr noch etwas hin ist, wird noch die mir bestens bekannte Altstadt angefahren. Heute präsentiert sich Bari auch tatsächlich so, wie man es sich an einem Tag im Winter erwarten würde. Mild, bei etwas über zehn Grad und bei herrlichem Sonnenschein.

Wir sind auch etwas früher im Stadion und sehen daher, wie es langsam, aber doch füllt. Die meisten der 13.717 Zuschauer befinden sich übrigens in der gut besuchten Curva Nord. Der SSC Bari trifft heute in einem Spiel der Serie B auf den AC Perugia. Während sich Bari im Rennen um einen Play-Off-Platz befindet, stecken die Gäste aus Umbrien als Vorletzter mitten im Abstiegskampf. Aber Italiens zweite Liga ist ausgeglichen und so ist Bari selbst auch vor Perugia gewarnt.

Auf den Rängen sorgen die Ultras Bari in der Curva Nord für gute Stimmung und da sie Kurve auch zahlenmäßig gut vertreten ist, sind Auftritt und Unterstützung heute sehr gut. Die Gäste aus Perugia haben immerhin 100 Personen mit, die gleich nach dem Betreten des Gästesektors geschlossen und mit typisch italienischen Gesten die Heimkurve provozieren. Wir werden allesamt Augen- und Ohrenzeugen italienischer Fankultur im Reingenuss.

Spielerisch ist alles etwas verhalten und wohl am besten als typischer Kick in der Serie B zu beschreiben. Wenig Torraumszenen und ein ausgeglichenes Spiel sorgen für den logischen Pausenstand von 0:0. Auch wenn Bari mehr Spielanteile hatte und Altstar Mirko Antenucci im Sturmzentrum immer wieder gesucht wurde, hatten die Gäste aus Perugia Mitte der ersten Spielhälfte allerdings die gefährlichste Aktion der ersten 45 Minuten.

Nach dem Seitenwechsel sollte sich das Spielgeschehen über weite Strecken im Strafraum Baris abspielen. Es scheint so, als hätte Perugia an den richtigen Schrauben gedreht und das Rezept gefunden, wie man Bari heute aus dem Spiel nehmen kann. Einzig und alleine die Chancenverwertung der Umbrier ist heute nicht zufriedenstellend. Doch in der 75.Minute ist Giuseppe Di Serio per Kopf zur Stelle und sorgt für die mehr als verdiente Führung des AC Perugia.

Bari muss danach natürlich aufmachen und das bedeutet natürlich die Gefahr von Kontern. So ist bereits sechs Minuten nach seinem ersten Treffer Di Serio erneut zur Stelle, in dem er aus einem Konter den Ball zur Entscheidung in diesem Spiel abermals im Tor Baris versenkt. Nachdem Schiedsrichter Zufferli abpfeift, ist die Freude bei Perugia natürlich riesengroß, überholt man durch diesen Sieg auch Venedig in der Tabelle und hat auch punktemäßig zu den im unteren Tabellenmittelfeld befindlichen Mannschaften aufgeschlossen. Für den SSC Bari 1908 setzte es hingegen die zweite Niederlage in Folge, was der Mannschaft ein gellendes Pfeifkonzert bei der Verabschiedung vor der Kurve einbrachte. Aber auch die Fans auf der gegenüberliegenden Seite waren mit der Darbietung nicht sonderlich zufrieden und so meinte ein aufgebrachter Fan, dass man mit so einer Leistung nicht das Play-Off spielen, sondern man das Play-Off verspielen wird.

Martin und meine Wenigkeit sind dennoch sehr froh, nun endlich auch in Bari angeschrieben zu haben und so lassen wir den Tag bei einem Unterhausspiel im nahen Molfetta ausklingen.

Molfetta Sportiva 1917 – Invictus Lam Modugno 7:0 (5:0)

Wir begeben und vom Stadion San Nicola direkt weiter in das rund 30 Kilometer nördlich von Bari befindliche Molfetta. Dort stellen wir unser Auto beim Stadio Bendetto Petrone ab, wo noch ein Jugendspiel stattfindet, sich aber die Mannschaften des von uns zu besuchenden Spiels bereits eingefunden haben. Da es bereits 16.45 Uhr ist, wissen wir auch, dass unser Spiel tatsächlich kurzfristig von 17.00 Uhr auf 18.00 Uhr verschoben wurde.

Da wir im nahen Stadio Paolo Poli, der Heimstätte des Viertligisten von Molfetta Calcio, noch Leute auf der Tribüne gesehen haben, machen wir uns auf den Weg dorthin und sehen, dass zwei Frauenmannschaft bei schlechten Lichtverhältnissen spielen. Da das Flutlicht nicht einschalten ist, liegt unsere Vermutung nahe, dass das Spiel bald zu Ende sein muss. Wir finden heraus, dass hier in der Femminile Dilettanti, Eccellenza Puglia, Molfetta Calcio auf Phoenix Trani trifft. Dieses Spiel hätte eigentlich um 16.45 Uhr bereits beendet sein sollen, aber der Schlusspfiff kam erst um 17.15 Uhr. Der Grund für diese Verspätung konnte zwar nicht ausgemacht werden, aber wir sahen immerhin den einzigen Treffer dieser Begegnung, für den Di Grumo in der 87.Minute mit einem Heber über Tranis Torfrau sorgte.

Auch wenn dieses Stadion leider nicht auf unsere Liste kommen kann, weil wir bloß 20 Minuten des Spiels gesehen haben, gibt es einiger Bilder von diesem idyllisch am Meer gelegen Kleinstadion, wo am Sonntag gleich zwei Spiele von Herrenmannschaften stattgefunden hätten.

Nach einem Besuch im Supermarkt, wo wir uns noch für das Abendessen eindecken, geht auch schon wieder zurück zum Stadio Benedetto Petrone, wo sich die Mannschaften von Molfetta Sportiva 1917 und Invictus Lam Modugno bereits zum Einlauf bereitmachen. Wir sind hier bei einem Spiel der Terza Categoria Puglia, in der Gruppe Bari. Die Terza Categoria ist die neunthöchste und somit letzte Spielklasse Italiens. Frei nach dem Motto, dass es wichtig ist, dass der Ball rollt, sind rund 60 Besucher auf diesem Sportplatz, der für einen italienischen Unterhausplatz sehr gepflegt aussieht und über zwei moderne und überdachte Tribünenelemente verfügt. Leider ist nur eine Seite der Anlage begehbar und auf der Gegenseite verhindert eine Mauer den Blick auf die Adria. Das ist heute aber egal, denn in der Dunkelheit wäre das hinter der Mauer befindliche Meer auch ohne diese nicht zur Geltung gekommen.

Es trifft hier der Tabellenvierte auf den Tabellenfünften, sodass wir ein ausgeglichenes Spiel. erwarten. Doch unsere Erwartungen sollten sich nicht erfüllen, denn schon in der ersten Spielminute geht Molfetta durch Scardigno in Führung und mit der zweiten Chance im Spiel sorgt Andreula für den zweiten Treffer des Heimteams. Invictus hat danach die große Chance auf den Anschlusstreffer, doch der Kapitän vergibt einen Konter stümperhaft. Er läuft alleine auf den Tormann zu, doch sein Schuss hat nicht einmal die Schärfe eines Rückpasses. Das war wohl der Knackpunkt in diesem Spiel. Bis zum Seitenwechsel spielt sich die Heimelf in einen Rausch und erzielte durch Carlucci, Andreula und Cipri drei weitere Treffer, unter denen auch ein verwandelter Elfmeter gewesen ist. Damit ist diese Begegnung bereits zur Pause entschieden und Invictus Lam Modugno muss ich wohl mit der zweiten Saisonniederlage abfinden. Auch weil die zweiten 45 Minuten ein Spiegelbild der ersten sind.

Molfetta gelingen durch Turtur und Troia noch zwei weiterer Treffer, wobei man auch noch einen Lattenschuss verbuchen konnte. Invictus hatte auf der Gegenseite aber auch die eine oder andere Möglichkeit, aber überhaupt kein Glück im Abschluss.

Mit einem deutlichen 7:0-Heimsieg endet das letzte Spiel unseres Apulienausfluges, denn bereits am Sonntagmorgen sollte es für uns wieder zurück in die Heimat gehen. Dort erwartete uns zwar Schnee, aber das war verkraftbar, insbesondere, weil wir jetzt mit „Bari pari“ sind und wir die Schneeabsage von vor fünf Jahren nun tatsächlich hinter uns lassen können.

Hier findet ihr einige Impressionen, die sich per Klick vergrößern lassen:

Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.