Die Auswahl von Bosnien und Herzegowina qualifizierte sich mit einer durchaus eindrucksvollen Bilanz für die WM-Endrunde in Brasilien. Acht Siege aus zehn Spielen, aber... Bosnien-Coach Susic: „Wir können nicht verteidigen, deshalb greifen wir an“

Asmir Begovic - Bosnien und HerzegowinaDie Auswahl von Bosnien und Herzegowina qualifizierte sich mit einer durchaus eindrucksvollen Bilanz für die WM-Endrunde in Brasilien. Acht Siege aus zehn Spielen, aber vor allem die 30 erzielten Toren suggerieren eine offensive Spielweise. Und tatsächlich sucht das Team von Safet Susic in erster Linie über die Offensivpower seiner Stars den Weg zum Erfolg.

Der Spielstil der Bosnier ist sehr mutig angelegt. Sie agieren dabei strategisch nicht immer sauber. Sowohl die beiden Stürmer als auch der Großteil des Mittelfelds lassen zuweilen die Defensivabläufe schleifen, sodass sich die absichernden Spieler aus ihren ursprünglich guten Positionen herausbewegen müssen. Bei gut abgestimmten Teams würde dies den Zugriff erhöhen, bei Bosnien ist Gegenteiliges der Fall. Die entstehende Dynamik des Spiels ist schlecht. Zudem sind die Spieler generell eher langsam, was insbesondere im defensiven Umschaltspiel ein Problem ist, weil die Lücken nicht schnell genug geschlossen werden können. Beim Umschalten nach Ballgewinnen dominiert die individuelle Klasse der Einzelspieler.

Pressing-3

Diesen Punkt könnte man ganz schnell abhaken, denn selbst der eigene Trainer hält die Defensive für nicht stabil genug. Auf die Frage, warum er sein Team nicht zurückhaltender einstellt, antwortete Susic: „Weil ich nicht die Möglichkeiten habe. Ich spiele mit den Karten, die ich bekomme. Wir können nicht verteidigen, deshalb greifen wir an.“ Zwar präferiert Susic ein System mit einem einzigen Sechser, dennoch könnte es bei der WM womöglich eine Umstellung auf eine Formation mit Doppelsechs geben. Eventuell sogar zulasten eines Stürmers. Der Anfälligkeit auf individuelle Fehler würde man damit aber wohl kaum entgegensteuern.

Stabilität-2

In puncto Flexibilität ist Bosnien trotz der Kaderstruktur, die ein großes Gefälle mit sich bringt, durchaus solide aufgestellt. Diese begründet sich aber nicht in der Vielzahl an Spielertypen, sondern an der taktischen Flexibilität einzelner Akteure. Miralem Pjanic kann beispielsweise, obwohl er nominell auf der rechten Seite spielt, situativ unterschiedliche Formationen herstellen. Auch die Struktur der Angriffe kann variiert werden. Neben dem dribbelstarken Pjanic, hat man mit Zvjezdan Misimovic jemanden, der über ein breites Pass-Repertoire verfügt und auf der linken könnte es zu Rochaden zwischen Senad Lulic und Sead Kolasinac kommen. Zudem können die Stürmer sowohl flach als auch hoch angespielt werden.

Flexibilität-5

Ein Problem könnte die fehlende Erfahrung im Kader sein, denn kein Spieler kennt die große Fußball-Weltbühne. Einige Spieler bringen zwar viel Länderspiel-Erfahrung mit, aber obwohl sie bei prominenten Klubs spielen fehlt die große internationale Routine. Einzig Pjanic kam in seiner bisherigen Laufbahn mit seinem Verein über ein Champions-League-Achtelfinale hinaus. In der anfälligen Defensive hat von den potenziellen Startern zudem nur Emir Spahic wirklich viele Länderspiele am Buckel. Um sich an das hohe Niveau zu gewöhnen hat sich das Team einen entsprechenden Fahrplan zurechtgelegt: vier von fünf Freundschaftsspielen im Jahr 2014 gegen WM-Teilnehmer. Die Ausbeute bisher ist aber mit drei Niederlagen aus ebenso vielen Spielen negativ.

Stimmung-3

Trotz der starken Qualifikation ist Bosnien bei der WM nur als Underdog zu werten. Die guten Offensivleute können die schwache Defensive nicht aufwiegen, was sich gegen stärkere Gegner zeigen wird.

Gesamtwertung-Bosnien

Mögliche Aufstellungen

In der Qualifikation spielte Bosnien weitestgehend mit einer 4-4-2-Grundformation mit einer Raute im Mittelfeld. Dabei ist eine Asymmetrie der beiden Spieler auf den Halbpositionen zu erwarten: Pjanic einrückend und spielmachend von rechts, Lulic vertikaler und breiter auf der linken Seite.

Bosnien-4-4-2

Anstelle eines Stürmers könnte man auch einen weiteren Sechser für zusätzliche Stabilität bringen. Durch die weiterhin asymmetrischen Flügel könnte sich daraus situativ auch ein 4-3-2-1 formen.

Bosnien-4-2-3-1

Die hypothetische B-Elf würde ebenfalls in einer 4-2-3-1-Ordnung auftreten, wobei die Doppelsechs vor der Abwehr spielstärker wäre und Hajrovic verglichen mit dem einrückenden Pjanic eher als Rechtsaußen mit viel Zug zum Tor agieren würde.

Bosnien-4-2-3-1-B

Alexander Semeliker

@axlsem

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