Am achten Spieltag der österreichischen Bundesliga empfing die Wiener Austria nach der Länderspielpause den SKN St. Pölten zum Duell um die drei Punkte. Dabei... Analyse: Austrias zwei Gesichter enden im Remis

Am achten Spieltag der österreichischen Bundesliga empfing die Wiener Austria nach der Länderspielpause den SKN St. Pölten zum Duell um die drei Punkte. Dabei verliefen für die Violetten die letzten Wochen alles andere als gut und präsentierte man sich in keinem guten Zustand, weshalb man im Monat Oktober auch nur einen einzigen Zähler einfahren konnte. Daher war man nun gespannt, ob sich am Auftreten der Violetten nach der Länderspielpause etwas ändern würde. Der SKN St. Pölten dagegen ist nicht unzufrieden mit der bisherigen Saison, allerdings sind die Leistungen der Niederösterreicher noch zu schwankend. Einem überzeugenden 4:0 Sieg gegen die SV Ried, folgte eine 0:1-Niederlage gegen die WSG Tirol, wo man eine wechselhafte Vorstellung zeigte. Nun hoffte man im Auswärtsspiel in Wien, mit einer konzentrierten Leistung drei Punkte entführen zu können.

Austria reagiert auf Kritik, zumindest kurzfristig

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Das Spiel der Austria war seit dem Saisonstart kein wirklicher Leckerbissen. Die Formkurve der Violetten zeigte zuletzt sogar klar nach unten und vor allem die Darbietungen in den vergangenen beiden Spielen waren nichts für zarte Gemüter. Die Hoffnungen auf Besserung lagen auf den Rückkehrern Turgeman und Fitz, die mehr spielerische Linie ins Spiel der Austria bringen sollten. Doch die Schwäche der „Veilchen“ ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern hat auch strategische Ursachen. Mit Ballbesitz will man wenig zu tun haben und hat auch kein Problem damit, gegen klar unterlegene Gegner darauf zu verzichten. Die Kritik am Spiel der Austria formulierten wir erst kürzlich in einem ausführlichen Artikel, wo wir auf die Arbeit von Stöger näher eingingen. Gegen St. Pölten sorgte Stöger dann für eine weitere Überraschung: der bisherige Stammspieler Ebner musste auf der Bank Platz nehmen, was aufgrund seiner Leistungen nicht überraschend kommt. Überraschend war dann dessen Ersatz, denn es bekam nicht etwa einer der hochtalentierten jüngeren Spieler eine Chance, sondern stattdessen wurde Rechtsverteidiger Stephan Zwierschitz kurzerhand zum defensiven Mittelfeldspieler umgeschult. Eine Position, die er in der Bundesliga noch nie gespielt hat.

Das zeigt einerseits das Dilemma der Austria im Zentrum, andererseits ist das auch vielsagend in Richtung der eigenen Talente. Sei es wie es sei, interessanter neben der personellen Auswahl war viel mehr, wie man es strategisch anlegen würde. Eine Systemumstellung erschien nicht unwahrscheinlich, fiel doch Torjäger Monschein verletzungsbedingt aus. Doch Stöger blieb dem 4-4-2-System treu und gab stattdessen Edomwonyi die Chance von Anfang an zu spielen. Und die Austria wartete in den ersten Minuten der Partie auch taktisch mit einer Überraschung auf: bislang agierten man eigentlich in allen Spielen deckungsgleich und setzte auf ein abwartendes und tiefes Mittelfeldpressing, mit einer sehr geringen Intensität und mit Fokus auf einem kompakten Block. Gegen St. Pölten versuchte man dagegen die Gäste früh anzulaufen und unter Druck zu setzen, also wesentlich höher zu attackieren. Die beiden Stürmer liefen im Bogen an und versuchten einerseits den Passweg ins Zentrum zu Ankersechser Pokorny abzuschneiden, andererseits die Verteidiger nach außen zu drängen. Dort sollte dann der lange unkontrollierte Ball erzwungen werden und so der gegnerische Spielaufbau verunmöglicht werden. War also die Kritik an dem Austria-Spiel zu Stöger durchgedrungen? Erlebten wir die Kehrtwende im violetten Auftreten?

Wer darauf hoffte, wurde recht schnell eines Besseren belehrt. Nach gut fünf Minuten war der „Pressing-Spuk“ auch recht schnell wieder vorbei und man agierte in gewohnter Manier, nämlich abwartend und passiv zurückgezogen. Das verwunderte auf den ersten Blick, zeigte das Pressing der Austria doch Wirkung bei St. Pölten und führte dazu, dass die Niederösterreicher wesentlich mehr lange Bälle nach vorne spielen musste, als es ihnen lieb gewesen wäre. Die zweiten Bälle konnte man nicht erfolgsstabil sichern, wodurch man etwas brauchte, um in das Spiel zu finden. Dabei halfen dann eben die Violetten, die sich wieder zurückzogen und den Wölfen das Spiel überließen.

St. Pölten zeigt ansprechende spielerische Elemente

So konnten die Niederösterreicher langsam das eigene Ballbesitzspiel aufziehen, was sich in dieser Saison als recht ansprechend präsentiert. St. Pölten versucht normalerweise über einen kontinuierlichen Spielaufbau nach vorne zu kommen und ein gepflegtes Spiel aufzuziehen. Maßgeblichen Anteil daran hat Ankersechser und Salzburg-Leihgabe Pokorny, der aus dem defensiven Mittelfeld die Fäden bei den Gästen zieht. Dabei kippt Pokorny sehr oft zwischen den beiden Innenverteidigern ab und holt sich die Bälle, um in weiterer Folge oftmals mit seinen punktgenauen Spielverlagerungen für einen fließenden Übergang in die gegnerische Hälfte zu sorgen. Nominell liefen die St. Pöltner mit einem rautenförmigen 4-4-2 auf, wo Mittelstürmer Schmidt den „Zehner“ gab und man allgemein recht flexibel agierte. Wenn Pokorny etwa abkippte, wurde daraus ein 3-4-1-2 System, mit einigen interessanten Kniffen. Man hatte sich natürlich gegen das 4-4-2 des Gegners einige Dinge überlegt und da die Austria jede Woche gleich auftritt, weiß man auch genau, was einem erwartet.

Man baute das Spiel sehr gerne über die linke Seite, wo man mit Innenverteidiger Muhamedbegovic über einen aufbaustarken Linksfuß verfügt, der immer wieder mit diagonalen Zuspielen das Zentrum der Austria attackierte. Aber Muhamedbegovic setzte auch das 4-4-2 der Austria unter Stress, denn durch die aufbauende Dreierkette, stand Muhamedbegovic weit draußen, nämlich fast so breit wie ein Außenverteidiger, und konnte von den Stürmern dadurch nicht angelaufen werden. So stand Wimmer vor dem Problem, zwei Spieler decken zu müssen, nämlich entweder auf Muhamedbegovic draufzugehen, oder den linken Flügelverteidiger Schulz abzudecken. Attackierte Wimmer den Verteidiger nicht, spielte dieser seine Pässe ins Zentrum und wenn er ihn doch attackierte, wurde der Passweg zu Schulz frei. Die Niederösterreicher demonstrierten in diesem Punkt hervorragend, wie man es strategisch schaffen kann, Gegenspieler vor Zugriffsprobleme zu stellen und gewisse Überzahlsituationen zu kreieren. Es gab aber noch einen weiteren Kniff, was mit der Personalie Luxbacher zusammenhing. Der Achter positionierte sich im rechten defensiven Halbraum und setzte sich neben den beiden violetten Stürmern ab, die darauf fixiert waren, Zuspiele ins Zentrum zu unterbinden. So stand dann auch Sarkaria vor dem gleichen Problem wie Wimmer, attackiere ich Luxbacher, oder orientiere ich mich an den Flügelverteidiger? Dadurch kam Luxbacher immer wieder an den Ball und sorgte für einen geordneten Übergang in die gegnerische Hälfte.

Durch diese strategischen Kniffe und der Passivität der Austria, schoss der Ballbesitz der Gäste in die Höhe und wuchs auf 65 Prozent an. Nach einer schönen Offensivaktion hatte dann auch Angreifer Schmidt die große Gelegenheit auf die Führung, doch rutschte aus aussichtsreicher Position aus und vergab diese Möglichkeit. Doch St. Pölten kontrollierte die Partie völlig, setzte den Wienern mit dem Gegenpressing immer wieder zu und erzwang so Fehler bei den Gastgebern. Und die Austria? Die bekleckerte sich erneut nicht wirklich mit Ruhm. Meist blieb man bei den Konterversuchen hängen und war sehr davon abhängig, dass sich die Offensivspieler in Eins gegen Eins-Duellen durchsetzten und für Lösungen sorgten. Über das Zentrum ging sehr wenig und „Debütant“ Zwierschitz hatte nach 25 Minuten ganze neun Ballkontakte, weshalb sich alles auf den Flügel fokussierte, was für den Gegner natürlich leicht zu durchschauen war. St. Pölten presste auf den Flügeln dann klarerweise auch kräftiger und konnte die Austria leicht isolieren, weshalb man nur bei den Kontern achtgeben musste. Vereinzelt kam es da zwar zu im Ansatz gefährlichen Situationen, die jedoch meist bereinigt werden konnten.

St. Pölten hatte einzig noch im letzten Drittel Probleme, aus der klaren Überlegenheit noch mehr Kapital zu schlagen. Das lag auch an der starken Innenverteidigung der Violetten, die viele Situationen bereinigen konnten und sehr aufmerksam agierten. Doch kurz vor der Halbzeitpause konnten sie nicht mehr eingreifen, als nach einem Eckball der aufgerückte Muhamedbegovic zur Stelle war und den Ball ins lange Eck köpfte. Das schockte die Austria und danach verloren die Violetten etwas die Ordnung, wodurch man mehrere Chancen des Gegners zuließ und von Glück sagen kann, nicht einen zweiten Gegentreffer kassiert zu haben. So ging es mit einem 0:1 Rückstand in die Kabine.

Austria wird aktiver, die Partie wilder

Nach dem Rückstand und der schwachen Leistung musste von der Austria klarerweise eine Reaktion kommen. Stöger nahm zur Pause auch prompt einen Doppelwechsel vor und brachte Jukic und Turgeman in die Partie, während die schwachen Wimmer und Sarkaria Platzmachen mussten. Jukic ging auf den linken Flügel, Turgeman in die Spitze, während Pichler auf die rechte Außenbahn rückte. Doch nicht nur personell gab es Veränderungen, auch strategisch wurde umgedacht. Vom abwartenden und passiven Stil rückte man etwas ab und versuchte nun, selber mehr spielerische Akzente zu setzen. Kapitän Grünwald kippte nun konstant ebenfalls zwischen den Innenverteidigern ab und versuchte damit die Sturmreihe der Gäste zu strecken, um ähnlich wie St. Pölten ebenfalls auf den Außenbahnen Überzahlsituation zu kreieren.

Dadurch konnte man speziell die beiden Außenverteidiger wesentlich besser in das Spiel bekommen und sich freischieben, wodurch diese nun wesentlich offensiver und höher agieren konnten – was sich positiv auf das Spiel der Violetten auswirkte. Zwar blieb das Ballbesitzspiel der Austria weiterhin simpel und beschränkte sich auf das Flügelspiel und viele Flanken, doch in diesem Ansatz wurde man nun wesentlich effektiver. Das lag auch an der Strafraumbesetzung, denn es waren mit Turgeman, Edomwonyi und Pichler immer mindestens drei Spieler als Abnehmer für Flanken im Strafraum bereit und dazu stieß immer wieder mindestens ein Mittelfeldspieler zusätzlich in den Strafraum hinein. Dadurch stresste man die Verteidigung von St. Pölten und diese wackelte gehörig, da sie plötzlich Mann gegen Mann im eigenen Strafraum verteidigen musste. Verlor man da ein Duell, brannte es prompt ordentlich. Das passierte dann auch einige Male und die Austria kam zu gefährlichen Situationen, wobei die beste Ausgleichschance der eingewechselte Jukic vergab, der an Riegler aus kurzer Distanz scheiterte.

Vor allem Jukic brachte viel frischen Wind in das Spiel der Austria hinein. Seine Sauberkeit in technischer Hinsicht, seine klugen Pässe und sein Auge für den Mitspieler, gab den Violetten eine dringend benötigte Präzision, die ihnen oftmals abging. Doch dieser Spielstil war ein zweischneidiges Schwert und hochriskant. Durch diese hohe Strafraumpräsenz, gab man de facto jedwede Absicherung dahinter auf und war anfällig für Konterangriffe. Man versuchte zwar mit einem Gegenpressing das Ganze einzudämmen, aber das klappte nicht immer. Dadurch fand St. Pölten teils große Räume zum Kontern vor und kam auch zu Gelegenheiten, auf 2:0 zu stellen. Die Austria konnte sich bei Pentz bedanken, der mit zwei wichtigen Paraden seine Mannschaft im Spiel hielt. Das war dann auch der Grund, warum es im Spiel gefühlt rauf- und runterging und allgemein wilder wurde. Nach knapp 70 Minuten reagierte dann Gäste-Trainer Ibertsberger auf das Spiel der Austria und brachte einen Innenverteidiger für einen Stürmer und stellte auf ein 5-3-2 System um. Mit einer Fünferkette, wollten die Gäste die hohe Strafraumpräsenz der Violetten besser verteidigt bekommen und das Ergebnis über die Zeit bekommen.

Das zeigte auch Wirkung und bremste das Spiel der Austria, wodurch der Schwung abhandenkam und die Torchancen weniger wurden. Stöger brachte dann auch noch Spielmacher Fitz in die Partie und setzte alles auf eine Karte, in der Hoffnung den Lucky-Punch zu setzen. Dieser gelang dann auch tatsächlich, denn nach einer Ecke rutschte der zweite Flankenball von Grünwald durch den Strafraum zu Jukic, der das Leder in das leere Tor zum 1:1 einschob. Die Austria war also wieder da und es waren noch gut zehn Minuten zu spielen, um das Spiel komplett umzudrehen. Doch wenige Augenblicke später musste Kapitän Grünwald mit einem Platzverweis vom Platz, wodurch man zumindest das Unentschieden verteidigen musste. Das gelang dann auch und man holte zumindest einen Punktegewinn.

Fazit

Mit diesem Unentschieden können beide Mannschaften letztlich nicht wirklich was anfangen, aber die Punkteteilung geht insgesamt in Ordnung. Die Austria zeigte im ersten Durchgang das bekannte Gesicht und bewies, dass dieser destruktive Spielstil keine Erfolgsaussichten hat. Man präsentierte sich passiv, bieder und leidenschaftslos und ließ den Gegner alle Freiheiten tun und lassen zu können was ihm beliebte. Mit dieser schwachen Leistung konnte man noch froh sein, nur mit einem Tor Rückstand in die Pause gegangen zu sein. Im zweiten Durchgang und speziell mit der Einwechslung von Jukic zeigte die Mannschaft zumindest in Ansätzen, was in ihr steckt und dass man auch offensiver agieren kann. Zwar stand das Ganze auf wackligen Beinen aufgebaut und nicht immer fein herausgespielt, aber man zeigte ein Lebenszeichen und kreierte einige gefährliche Situationen. Das sollte auch die Marschrichtung in Zukunft für die Austria sein, denn offensichtlich ist der bisherige Ansatz von Stöger gescheitert. Mit Auftritten wie im ersten Durchgang wird man weder gegen Abstiegskandidaten, noch gegen Teams wie den SK Rapid, auf die die Violetten am kommenden Wochenende treffen, sonderlich viel Erfolg haben.

Dalibor Babic