Vor etwas mehr als vier Jahren verkaufte der SK Rapid Wien Nikica Jelavic an die Glasgow Rangers. Nach den vorangegangenen Verkäufen von Erwin Hoffer,... Entwicklungsklub Rapid: Von langen Vorlaufzeiten, Wertentwicklung und Nachwuchsscouting

SK Rapid Wien (Logo, Wappen)Vor etwas mehr als vier Jahren verkaufte der SK Rapid Wien Nikica Jelavic an die Glasgow Rangers. Nach den vorangegangenen Verkäufen von Erwin Hoffer, Stefan Maierhofer und Ümit Korkmaz war dies der vierte und bis dato letzte richtige Toptransfer eines Rapid-Spielers. Ein Transfer, der eine Win-Win-Situation ermöglichte.

Als Jelavic verkauft wurde, war der SK Rapid Wien wohl eine der, wenn nicht sogar die interessanteste Adresse im heimischen Fußball. Zwei Jahre zuvor holte man unter Peter Pacult die Meisterschaft. 2008/09 und 2009/10 scheiterte man jeweils knapp am Titel, spielte dennoch überragende Saisonen. Junge Spieler wurden mutig in die erste Mannschaft geworfen und schwammen wie Fische im Wasser. In diesen beiden Jahren erzielte Rapid in 72 Ligaspielen sensationelle 169 Treffer, überzeugte mit Mut und Offensivfußball. Ab dem Sommer 2010, also seit 4 ½ Jahren, setzte der Rekordmeister nur noch Duftmarken.

Eines der Probleme, das zwar in der Öffentlichkeit und der grün-weißen Fanbase heftig diskutiert, vom Verein aber gerne schöngeredet wird, ist die Transferpolitik und das konkrete Konzept, wo man hinmöchte. Rapid positioniert sich gerne als Ausbildungsverein. „Rapid kauft keine Stars, Rapid macht sie“, heißt die Devise. Bei den Top-Transfers der letzten Jahre handelte es sich aber kaum um Eigenbauspieler. Und Rapids tatsächlicher Umgang mit Eigenbauspielern auf ihrem Weg in den Profifußball ist fragwürdig. Mehr dazu später.

Der einzige Verkauf seit Jelavic, der überdurchschnittlich viel Geld in Rapids Kassen spülte, war der Abgang von Terrence Boyd zu RB Leipzig. Die Transfers von Burgstaller oder Sabitzer waren – unter anderem aufgrund wirrer Besitz- und Vertragsverhältnisse – Durchschnittstransfers. Einerseits ist vom Entwickeln von Stars die Rede, andererseits war der letzte Eigenbauspieler Rapids, der sein Glück in der weiten Welt suchte und dieses über das Sprungbrett Rapid tatsächlich fand, Veli Kavlak. Dies ist 3 ½ Jahre her.

Wir möchten nun die Zeit seit Veli Kavlaks Abgang zu Besiktas Istanbul revuepassieren lassen und Rapids Eigenbauspieler, eben die, die zu Stars werden sollten, genauer unter die Lupe nehmen. Unweigerlich kommt man zu dem Schluss, dass Rapids personelle, konzeptionelle und qualitative Probleme bereits wesentlich früher beginnen, als in der Kampfmannschaft.

Brian Behrendt kam erst mit 21 in die Kampfmannschaft - und könnte schon wesentlich weiter sein.

Brian Behrendt kam erst mit 21 in die Kampfmannschaft – und könnte schon wesentlich weiter sein.

Brian Behrendt spielt seit Sommer 2008 bei Rapid. Der damals 17-Jährige wechselte aus der U18 des Hamburger SV zu Rapid. Beim heute 23-Jährigen Deutschen von klassischem „Eigenbau“ oder „aus dem eigenen Nachwuchs“ zu sprechen, wäre demnach vermessen. Dennoch handelt es sich bei Behrendt um einen Spieler, der seit vielen Jahren von Rapid entwickelt wird. Dem Deutschen mit der vorbildlichen Einstellung wird großes Talent, hohe Flexibilität und Potential für eine Top-Liga nachgesagt. Dennoch entschied man sich dazu, den einstigen Kapitän der Rapid Amateure drei Jahre lang bei ebendiesen zu belassen und ihn danach noch für ein halbes Jahr nach Horn zu verleihen. In der Saison 2013/14 war das Liebkind von Trainer Zoran Barisic, der Behrendt während dessen Mittelfußknochenbruch im vergangenen Herbst nachweinte, Stammspieler. Durch sein kompromissloses und sehr aktives Zweikampfverhalten wurde Behrendt zu einem wichtigen Mosaiksteinchen im Team. Vom Status eines Leistungsträgers ist der 187cm große Norddeutsche aber weit weg. Hinzu kommt, dass er mittlerweile 23 Jahre alt und weit davon entfernt ist, ein solch „fertiger“ Fußballer zu sein, um in absehbarer Zeit den Durchbruch zu schaffen. Als „Durchbruch“ möchten wir in diesem Artikel grundsätzlich den Sprung zu einem größeren Verein als Rapid bezeichnen.

Maximilian Hofmann gehört seit etwas mehr als einem Jahr zum erweiterten Kader der Kampfmannschaft. So richtig dabei ist er seit etwa einem halben Jahr. Der Innenverteidiger ist jetzt 21 Jahre alt und spielte zweimal für das österreichische U21-Nationalteam. In der heimischen Bundesliga bringt es Hofmann gerademal auf 14 Einsätze, die er größtenteils ordnungsgerecht abwickelte, in denen er aber auch – wie es bei jungen Spielern eben ist – zahlreiche Schnitzer einbaute. Hofmanns Vertrag bei Rapid läuft noch 2 ½ Jahre und in diesem Zeitfenster muss Rapid den Spieler dahingehend weiterentwickeln, dass er den Sprung zu einem größeren Verein schaffen kann. Ein schwieriges Unterfangen, wenn man den aktuellen Entwicklungsstand und die Erfahrung von Rapids „drittem Innenverteidiger“ bedenkt. Hofmanns einstiger Kollege in der Innenverteidigung der Rapid Amateure, Philipp Lienhart, spielt mittlerweile bei Real Madrid C und in der UEFA Youth League. Hofmann ist gut genug für die Bundesliga, mehr aber nicht.

Mario Pavelic wird bei Rapid liebevoll „der mit dem Ball tanzt“ genannt. Der 21-jährige Burgenländer brachte es in den letzten 14 Monaten auf 23 Bundesligaspiele. Auch sein Vertrag läuft noch bis 2017 und seine Leistungen auf einer der international wichtigsten Positionen, nämlich der des Rechtsverteidigers, sind als „brav“ zu bezeichnen. Pavelic spielt seit etwas mehr als fünf Jahren in Wien – vorher kickte er in Neusiedl am See. Im Laufe des vergangenen Herbsts war ein leichter Formanstieg Pavelic‘ zu beobachten, doch von einem Durchbruch, der den dreifachen U19-Teamspieler auf internationale Parkett hieven könnte, kann noch lange keine Rede sein.

Alles wartet auf das große Angebot für Schaub. Diese Erwartung sollte aber auf mehrere Schultern verteilt sein.

Alles wartet auf das große Angebot für Schaub. Diese Erwartung sollte aber auf mehrere Schultern verteilt sein.

Louis Schaub ist zweifelsfrei das größte Talent im aktuellen Rapid-Kader und damit auch der Spieler, dessen Name am häufigsten auftaucht, wenn es um einen möglichen Toptransfer geht. Der 19-Jährige ist deutlich talentierter als seine aktuellen Kollegen und womöglich das größte Rapid-Talent seit Veli Kavlak. Im Alter von 12 Jahren wechselte Schaub aus der Südstadt nach Hütteldorf. Als einer von nur zwei Spielern Rapids spielt er regelmäßig im U21-Team und war auch schon im U19-Team gesetzt. Schaubs Problem ist ein anderes als das von Behrendt, Hofmann oder Pavelic: Während letztgenannte Spieler keine solch besonderen Spieler sind, dass sie zwangsläufig das Interesse anderer Vereine auf sich ziehen müssen, ruhen auf Schaub zu hohe Erwartungen und als einer der Jüngsten muss er eine ohnehin sehr junge Mannschaft tragen. Das schlägt sich in seinen Leistungen nieder und im Herbst forderten die Fans mehrmals einen Bankplatz für den Offensivspieler, nachdem dieser zu wenige strukturierte Leistungen ablieferte. Schaub könnte, ähnlich wie man es in der laufenden Saison bei Marcel Sabitzer beobachten kann, in einer allgemein stärkeren Mannschaft durchaus herausstechen und von besseren Ideen seiner Mitspieler profitieren. Aktuell wird das dribbelstarke Top-Talent allerdings durch den generellen „Entwicklungswahn“ bei Rapid gebremst. Schaubs Rolle ist ein wenig mit der von Veli Kavlak vor etwa sechs Jahren zu vergleichen. Der heutige Besiktas-Legionär konnte in einer gestandenen Mannschaft wachsen, befreit aufspielen und sich einem hohen Maß an spielerischem, kämpferischem und vor allem routiniertem Rückhalt innerhalb der Mannschaft sicher sein. Lange hing sich niemand an den Leistungen Kavlaks auf – er war ein Puzzlestein, auf den man stets gerne zurückgriff. Schaub hingegen ist mittlerweile die Offensivhoffnung in Rapids Mittelfeld, der sich aber praktisch nur an Steffen Hofmann orientieren kann. Das macht das Leben des in Fulda geborenen 19-Jährigen nicht einfacher.

Dominik Wydra hat ein ähnliches Problem. Der Box-to-Box-Midfielder verfügt in der Mittelfeldzentrale im defensiven Bereich über keinen Fels in der Brandung, an dem er sich orientieren kann. Während Wydras erste Auftritte im Rapid-Trikot von starkem Vertikalfokus geprägt waren, dominiert mittlerweile wieder der Sicherheitsgedanke. So waren Wydras Auftritte neben dem gegen Ende vielgescholtenen Markus Heikkinen wesentlich ansehnlicher und inspirierter als sie es heute neben Petsos, Schwab oder Behrendt sind. Wydra verpasste in der laufenden Saison nur knapp drei Wochen verletzungs- und krankheitsbedingt und stand dennoch nur in zehn von 24 möglichen Spielen in der Startelf Rapids. Und das obwohl er auf allen drei zentralen Mittelfeldpositionen in Rapids 4-2-3-1-System zum Einsatz kommen könnte. Auch Wydras Entwicklung geriet ins Stocken und es ist sehr unwahrscheinlich, dass er sich bis zu seinem vorläufigen Vertragsende im Sommer 2016 so weiterentwickeln kann, um ein ernsthafter Kandidat für einen Wechsel zu einem ausländischen Topklub zu sein.

Auf dem Weg zurück in der Timeline bis zu Veli Kavlaks Abgang im Jahr 2011, treffen wir noch einige weitere Kicker, die bei Rapid lernten – und den erhofften Durchbruch nicht schafften. Weiter geht’s auf der nächsten Seite!

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Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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