Der SK Rapid veröffentlichte am Dienstagmorgen auf seiner Website ein Advertorial für den Sport-Streamingdienst DAZN – einem Partner der Hütteldorfer. In keinem der 191... Kommentar: Rapid und die Werbung gegen sich selbst

Der SK Rapid veröffentlichte am Dienstagmorgen auf seiner Website ein Advertorial für den Sport-Streamingdienst DAZN – einem Partner der Hütteldorfer. In keinem der 191 Facebook-Kommentare findet man positives Feedback und ein von vielen Kommentatoren gefordertes öffentliches Statement blieb aus. Logischerweise – denn absolut kein Argument kann entkräften, dass Rapid mit diesem Fauxpas seine eigenen Konzepte torpediert.

Der Inhalt ist fragwürdig, das Timing komplett unüberlegt, der krasse Gegensatz zu eigenen Konzepten und dem auf Fanebene bereits Erreichten augenscheinlich. Rapid betont immer wieder sein gutes Image in der Öffentlichkeit. Die Sympathiewerte der Grün-Weißen sind trotz des sportlichen Misserfolgs auch tatsächlich beachtlich. Während der Lokalrivale aus Wien-Favoriten in den Umfragen abbaut und der Serienmeister aus Salzburg zulegt, steht Rapid in dieser Wertung auf dem ersten Platz.

Das Onlineportal 90minuten.at hat bei Rapid-Geschäftsführer Christoph Peschek nachgefragt. Dieser betonte, dass sich die im Angebot enthaltenen Spiele der deutschen Bundesliga nicht mit den Spielen des SK Rapid überschneiden. Zudem würde DAZN neben den Europacupbewerben auch Spiele aus La Liga und der Serie A beinhalten. Ein schneller Blick auf die Spielpläne verrät: Der Auftakt der Serie A – Juventus ist zu Gast in Parma – überschneidet sich mit dem Heimspiel Rapids gegen den LASK. Anstelle praktisch jedes Spiels der Hütteldorfer kann man ein Match in La Liga livestreamen. Die deutsche Bundesliga ist also nicht alles…

Abgesehen davon, dass kaum ein Beobachter des hektischen, omnipräsenten internationalen Fußballgeschäfts ein „on demand“-Service braucht, ist vor allem das Symbol, das Rapid mit dieser Werbeaktion setzt, ein fragwürdiges. Klarerweise ist die Assoziation der Fans, dass Rapid nicht auf Rapid fokussiert ist, sondern Fußball im Allgemeinen bewirbt. Auch klar ist natürlich, dass es sich bei Advertorial und Posting um Goodies handelt, die im Kooperationsvertrag mit DAZN stehen und eine Notwendigkeit im Sinne der Partnerschaft darstellen. Diesbezüglich stellen sich nun aber zwei Fragen: Eine inhaltliche und eine zeitliche.

Als die Kooperation vor etwa einem Jahr beschlossen wurde, spielte Rapid in der Europa-League-Gruppenphase und war sich natürlich sicher, dass dies auch in der nächsten Saison erreicht werden sollte. So wurde damals beispielsweise das Auswärtsspiel bei Spartak Moskau von DAZN übertragen, was dem Streamingdienst mit Sicherheit zahlreiche neue User einbrachte. Aufgrund des Nicht-Erreichens der Europa League hat die Werbung nun aber nichts mehr mit Rapid zu tun. Und selbst wenn es um Rapid ginge, wäre die Werbung fragwürdig.

Rapid verdient mit der DAZN-Kooperation garantiert keinen Betrag, der für das Budget ernsthaft relevant ist. Zugleich schießt man gegen die eigenen Konzepte quer, die das Gewinnen neuer, vor allem junger Rapidler in den Vordergrund stellen. Passenderweise hatte Heinz Deutsch, in seinem neuen, ausgezeichneten Rapid-Podcast „1899fm“ Präsident Michael Krammer zu Gast, der ebendiese Notwendigkeit betonte, junge Menschen mit Rapid zu sozialisieren, weil Rapid „sonst aussterbe“. So würden junge Menschen mit Migrationshintergrund mit „Fenerbahce Istanbul, Roter Stern Belgrad und Dinamo Zagreb sozialisiert“. Allesamt Klubs, die man auf den Europacup-Kanälen von DAZN bewundern kann. Natürlich macht Rapid mit seinen Käfigtouren und einigen anderen Maßnahmen sehr viel, um neue Rapidler zu gewinnen. Unter den 16- und 39-Jährigen hat Rapid 36% Anteil an den Fußballfans. Dennoch arbeitet man mit der besprochenen Kooperation „für ein paar Netsch“, aber natürlich auch aufgrund einer nicht unwichtigen, strategischen Partnerschaft, gegen die eigene Zielsetzung.

Krammer führte im Gespräch mit Heinz Deutsch mit flammender Überzeugung weiter aus, dass man österreichischen Fußball heutzutage nur noch im PayTV geboten bekäme. Rapid konkret sieht man übrigens auf Sky, auf DAZN hat man hingegen die Möglichkeit zahlreiche weitere internationale Klubs – also zum Beispiel Fenerbahce, Roter Stern und Dinamo Zagreb – zu bewundern. Nicht aber Rapid, weil man sich in den eigenen sportlichen Zielsetzungen verkalkulierte. Rapid im FreeTV zu ermöglichen ist ein sinnvolles Ziel – eine Werbung für DAZN aber nicht sonderlich hilfreich für dieses Vorhaben…

Hinzu kommt der mehr als ungünstige Zeitpunkt, an dem diese Werbung geschalten wurde. Knappe 40 Stunden nach dem konsternierenden 2:2 in St.Pölten, das die Stimmung schon nach zwei Runden zumindest ansatzweise kippen ließ, ist dieser neuerliche Sponsorenfokus ohne Rapid-Bezug natürlich extragiftig. Geld verdienen schön und gut, aber bitte nicht derart plakativ und nicht mal mit einem Rapid-Mascherl versehen, wenn die Mannschaft mal wieder ausschüttete – und das auch noch so früh in der Saison, wo schlussendlich noch kaum jemand weiß, wo er steht. Schwer vorstellbar, dass die Veröffentlichung des Advertorials fest für vergangenen Dienstag festgeschrieben war. Hier hätte man noch ein wenig um einen besseren Zeitpunkt feilschen können, entweder überhaupt vor der Saison oder zumindest nach ein, zwei Siegen, wo derartige Maßnahmen nicht so sehr ins Gewicht fallen, weil die Fans etwas zufriedener durch Hütteldorf flanieren…

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen