Für Rapid geht es heute gegen den LASK um den zweiten Vizemeistertitel in Serie. Um diesen sicher zu fixieren benötigt es einen Sieg über... Kommentar: Rapids Kampf um Platz 2 und das eigene Selbstverständnis

Für Rapid geht es heute gegen den LASK um den zweiten Vizemeistertitel in Serie. Um diesen sicher zu fixieren benötigt es einen Sieg über die Linzer. Ein zweifelhaftes „Vergnügen“ für die Wiener, zumal der dritte Platz erneut eine fixe Gruppenphase und damit mehr Planungssicherheit bringen würde. Es geht am heutigen Abend aber ohnehin um mehr als nur um eine Endplatzierung.

Vor fünf Wochen veröffentlichten wir einen Kommentar mit dem Titel „Rapids Chance auf ein Dominanz-Statement“. Darin ging es vor allem darum, dass Rapid nach dem 0:3 gegen Salzburg und den ohnehin kleinen, begrabenen Meisterträumen, ein Statement gegen die Verfolger Sturm, LASK und Wolfsberg setzen muss. Rapid müsse sich klarer absetzen, deutliche Nummer Zwei in der Liga werden, sich als Salzburgs engster Konkurrent festbeißen. Vor dem 0:3 gegen die Bullen hatte Rapid vier Punkte Rückstand auf Platz Eins, heute sind es 15.

Seitdem gewann Rapid zweimal gegen die biedere WSG Tirol, holte Unentschieden gegen Sturm und den LASK, verlor nun aber die letzten drei Spiele gegen Wolfsberg, Salzburg und Sturm. Aus den letzten acht Spielen holte die Kühbauer-Elf nur acht Punkte – zu wenig, um das angesprochene Statement kräftig ausfallen zu lassen. Es wirkt ein wenig, als wäre die Luft draußen. Partien, die vor einigen Monaten noch auf Rapids Seite kippten, gingen nun wegen individueller Dummheiten oder mannschaftlicher Lethargie verloren. Das 1:2 gegen den WAC war ein gutes Beispiel hierfür, beim 1:4 bei Sturm war es hingegen allgemeineres Versagen in der zweiten Halbzeit, in der Rapid auf jegliche Tugenden vergaß.

Noch ist es aber nicht zu spät, das Statement des „klaren Zweiten“ zu bekräftigen. Mit einem Heimsieg gegen den LASK ist Rapid Vizemeister und nimmt wie letzte Saison an der Champions-League-Qualifikation teil, wo allerdings diesmal als erster Gegner nicht ein dankbares Los wie Lokomotiva Zagreb (die sich heute bei Hajduk Split gegen den Abstieg aus der kroatischen Liga stemmen müssen) wartet, sondern eher Kaliber wie PSV Eindhoven oder Celtic. Der dritte Platz würde erneut eine fixe Gruppenteilnahme – zumindest in der neuen, mit Spannung erwarteten Conference League – bedeuten, der zweite Rang wäre aber das stärkere Statement an die Konkurrenz.

Es ist dem neuen Ligamodus geschuldet, dass es in dieser Phase der Saison zumeist „Big Games“ gibt. Heute geht es also gegen den LASK, was die Situation gleich noch ein bisschen pikanter macht. Die Sticheleien mit den Oberösterreichern wurden nach deren Erstarken vor einigen Jahren häufiger und die Rivalität wurde zuletzt größer. Vor allem weil der LASK einer der Klubs mit hohem Fanpotential ist, aber auch weil es den Linzern gelang, vor Jahren eine durchgängige Spielphilosophie zu entwickeln, die allerdings mittlerweile wieder bröckelt. Man könnte die Rivalität mit dem LASK mittlerweile als gesund für die Brisanz des Liga-Alltags bezeichnen, auch weil meistens einiges los ist, wenn diese beiden Teams aufeinandertreffen.

Es ist eine gute Konkurrenzsituation und Rapid braucht derart fordernde, teilweise unkonventionell auftretende Gegner, um sich weiterzuentwickeln und auch Spannung aufrechterhalten zu können. Verzichten könnte man in diesem Duell ganz allgemein auf die Spitzen der Vereinsführung der Linzer. Nachdem der LASK vor allem im letzten Jahr immer wieder für kontroverse Aktionen – um nicht zu sagen Skandale – sorgte und sich nun Ermittlungen durch die FIFA gegenübersieht, wurde nicht nur einmal suggeriert, dass die „Whistleblower“ in Wien-Hütteldorf zu Hause sind. Diese Eier legte sich der LASK aber höchstselbst – dazu brauchte es die Hauptstadt nicht. Mal ganz abgesehen davon, dass das Hinweisen auf schwerst unsportliche Aktionen ganz allgemein etwas Positives und Legitimes wäre, wenn man in einer Liga-Community miteinander auskommen und teilweise auch zusammenarbeiten muss. Wenn jemand ein Haus anzündet ist schließlich auch der Brandstifter an den Pranger zu stellen und nicht derjenige, der’s beobachtet…

So hängt also der Clinch zwischen den Vereinsleitungen über diesem Spiel und macht es noch einmal extrabrisant, wenngleich der Fußball und der Fan eher Verlierer dieser Konstellation sind. Speziell auf Linzer Seite. Schließlich sah man beim LASK rund um die Skandale der letzten Zeit doch auch spielerische Einbrüche, Unsicherheiten und unter den zu erwartenden Sanktionen gegen die Schwarz-Weißen werden primär die Fans leiden. Das ist natürlich schade, zumal Rapid vs. LASK das Potential hätte, zu einem Evergreen zu werden, wie es Rapid vs. Sturm bereits seit langer Zeit ist. Eben auf Basis eines hohen Fanaufkommens, einer gesunden Rivalität und spannender Spiele. Wenn Rapid auf den LASK trifft, ist die Basis mittlerweile aber gefühlt eine andere.

So ist es heute in der letzten Runde einer „kompletten Corona-Saison“ vor 3.000 Zuschauern eine Frage der Ehre, noch einmal alles rauszuhauen. Bei Rapid hatte man zuletzt bei einigen Spielern nicht das Gefühl, dass sie sich noch für hundertprozentiges Commitment für ihren (Noch-)Verein interessieren und sich im Angesicht bevorstehender Aufgaben bei anderen Klubs einfach nicht mehr wehtun wollen. Das darf heute nicht der Fall sein und so geht es auch um das eine oder andere Vermächtnis und um die Frage, wie man sich von diesem Verein verabschiedet. Denn heute geht es im Fernduell gegen einen hungrigen SK Sturm Graz nicht nur um den zweiten Platz, sondern auch um das Selbstverständnis Rapids als ebendieser „Zweiter“.

Statistisch betrachtet sollten die Vorzeichen für Rapid allerdings gut stehen: In den letzten sieben Spielen konnte der LASK die Wiener nie besiegen. Das 1:1 vom 21.April war der erste Punktgewinn der Linzer seit August 2019. Um Vierter zu bleiben und sich damit direkt für einen europäischen Bewerb zu qualifizieren bräuchte der LASK übrigens ein Unentschieden. Bei einer Niederlage und einem gleichzeitigen Sieg des WAC über Sturm Graz müssten die Linzer ins Playoff um einen europäischen Startplatz gegen Hartberg oder die Austria.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen