Es gibt keine Gesellschaft, die ohne Drogen auskommt: Bei uns ist etwa Alkohol fest mit der Kultur verwachsen. In Südamerika berauschten sich schon die... Anekdote zum Sonntag (165) – Opium von Fußballern

Es gibt keine Gesellschaft, die ohne Drogen auskommt: Bei uns ist etwa Alkohol fest mit der Kultur verwachsen. In Südamerika berauschten sich schon die hiesigen Ureinwohner mit Kokapflanzen, anderswo genießt man regelmäßig Pilze als „Fleisch Gottes“ oder raucht Haschisch, um sich in jenseitige Sphären zu beamen.

Im Mittelmeerraum und in Südostasien entdeckte man schon vor Jahrhunderten die Wirkung des durch Anritzen unreifer Schlafmohnkapseln gewonnenen und getrockneten Milchsaftes: Opium. Dank der Einfuhr durch die Briten gab es Ende des 19. Jahrhunderts in China bereits zwanzig Millionen Opiumsüchtige. Karl Marx prägte den Satz, die Religion sei „das Opium des Volkes“, wobei er auf die schmerzstillende und schlaffördernde Wirkung des Mittels Bezug nahm. Der französische Modeschöpfer Yves Saint Laurent nannte sein Parfum nach der Substanz und löste damit einen Skandal aus. Nur wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg sollte das bräunliche Pulver inbesondere einem österreichischen Fußballer zum Verhängnis werden und das kam so:

Am 14. Mai 1950 meldete das kleine Volksblatt „Fußballer Sabeditsch als Opiumschmuggler“: Der Vienna-Spieler Ernst Sabeditsch, der erst wenige Tage zuvor seinen 30. Geburtstag gefeiert hatte, wurde mit zwei weiteren Männern des Verkaufes von Rohopium bezichtigt. Der Fußballer hatte versucht einem verdeckten Ermittler das geheimnisvolle Paket mit dem gepressten Pulver anzudrehen. Ein Skandal, der den ältesten Fußballverein Österreichs zunächst um einen – und nur wenige Tage später – um mehrere Spieler ärmer machen sollte.

Sabeditschs Fußballkarriere hatte im Alter von 18 Jahren bei den Döblingern begonnen. Bereits 1939 hatte der gebürtige Wiener – nach dem Anschluss – ein Länderspiel für die großdeutsche Nationalmannschaft absolviert. Die Kriegsjahre verbrachte der „Centerhalf“ zum Teil im besetzen Krakau, wo er für den hiesigen Luftwaffensportverein kickte. Als Vienna-Spieler holte Sabeditsch in den Kriegsjahren außerdem drei Gaumeisterschaften und im Jahr 1943 den Tschammer-Pokal. Nach 1945 erreichte der studierte Lehrer mit den Blau-Gelben das erste Cupfinale nach dem Krieg, wo man sich Rapid allerdings mit 2:1 geschlagen geben musste. Laut Zeitungsberichten soll der Mittzwanziger damals seinen Brotberuf aufgegeben haben, um weiterhin für den ältesten Klub Österreichs die Schuhe zu schnüren. Sabeditschs Leistungen nahmen jedoch in den 40er-Jahren ab. Zwar absolvierte er noch sieben Länderspiele für das ÖFB-Team, klagte aber über seine körperliche Konstitution. Die Ärzte waren ratlos.

Nachdem er des Drogenschmuggels beschuldigt wurde, gab Sabeditsch bei der Polizei zunächst an, er habe im Jänner desselben Jahres auf einer Auslandstournee des Vienna FCs in einem syrischen Kaffeehaus 850 Gramm Rohopium um umgerechnet 2.000 österreichische Schilling erworben. Die Sache zog weite Kreise und nur wenige Tage nach dieser Aussage wurden der Wasserballspieler Josef Coufal und Sabeditschs Mitspieler Rudolf Strittich, Ferdinand Schaffer und Karl Loidolt als Drogenkartell verhaftet. Die Männer legten zunächst umfangreiche Geständnisse ab, die sie jedoch wenige Tage später widerriefen. Plötzlich wollte niemand gewusst haben, was in dem Paket in Sabeditschs Gepäck wirklich gewesen war. Egal, es war alles für einen Prozess gegen die Sportler angerichtet:

Die Bevölkerung stand dem Fall relativ gelassen gegenüber, schließlich war es in den kargen Nachkriegsjahren üblich von Auslandsreisen Waren illegal ins Land zu bringen: Gerade Fußballer waren auf den üblichen Tourneen dafür empfänglich, so hatten die Wacker-Spieler Hahnemann und Polster etwa versucht 500 Feuerzeuge aus der Türkei zu schmuggeln, worauf sie noch vor Ort festgenommen worden waren. Im Prozess verteidigte sich Sabeditsch dahingehend, er habe nicht gewusst, dass es sich um Rohopium gehandelt habe und selbst die österreichischen Zollkontrolleure hätten keinen Verdacht geschöpft: Sie wären mit seiner Erklärung, es handle sich um „Medizin“ aus dem Orient, zufrieden gewesen und hätten lediglich bemerkt, dass das Paket nach Heu rieche. Der vorsitzende Richter schmunzelte: „Die müssen alle Heuschnupfen gehabt haben.“

Sabeditsch Verteidigung vor dem Wiener Landesgericht entpuppte sich als wenig effektiv: Alles Beteuern, er habe das Rohopium für ein medizinisches Produkt gehalten, nutzte nichts, nachdem Loidolts Aussage, sein Teamkamerad hätte ihm von Anfang an erzählt, dass er Opium zum Weiterverkauf erworben hatte, Glauben geschenkt wurde.

Am 7. Oktober 1950 wurde der Vienna-Spieler Sabeditsch zu sieben Monaten schweren Kerkers und einer Geldstrafe von 1.000 Schilling verurteilt. Die anderen Angeklagten erhielten ebenfalls unbedingte Freiheitsstrafen – einzig Loidolt wurde freigesprochen. Der aktive ÖFB-Nationalspieler wurde in der Folge für die Staatsliga gesperrt, erst 1952 erfolgte seine Freigabe: Daraufhin lief Sabeditsch noch in zehn Matches für Wacker Meidling auf. Später arbeitete er als Trainer für den LASK und im Schweizer Schaffhausen. Der Ex-Fußballer starb 1986. Bekannt ist er heute leider nur mehr für den Opium‑Schmuggel-Skandal.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag