Rapid-Trainer Robert Klauß machte im Heimspiel gegen Salzburg aus der Not eine Tugend. Eine kleine Systemumstellung, eine destruktivere Herangehensweise ohne dem Wunsch nach spielerischer... Analyse: Wie Klauß mit seiner Systemumstellung Mayulu in die Karten spielte

Rapid-Trainer Robert Klauß machte im Heimspiel gegen Salzburg aus der Not eine Tugend. Eine kleine Systemumstellung, eine destruktivere Herangehensweise ohne dem Wunsch nach spielerischer Dominanz – und schon war der erste Sieg gegen die Roten Bullen seit fünf Jahren Realität. Ein Spieler profitierte besonders von den Umstellungen in Grün-Weiß: Fally Mayulu.

Rapid startete gegen Salzburg mit Fünferkette gegen den Ball. Das bedeutete nominell grundsätzlich nur, dass Nikolas Sattlberger bei Salzburger Ballbesitz zwischen die beiden Innenverteidiger Querfeld und Hofmann rutschte. Die Umstellung erforderte aber auch Veränderungen in Mittelfeld und Angriff, weil man beim 1:1 im Auswärtsspiel in Salzburg etwas wichtiges lernte.

Grüll rückte im Mittelfeld weiter ins Zentrum, spielte praktisch neben Seidl. Grgic gab den Achter, während sein Kollege Sattlberger nur in Ballbesitz auf die Sechs herausschob. Trainer Klauß betonte, dass es Rapid wichtig war, in Ballbesitz kein Risiko zu nehmen. Es wurde also praktisch Salzburg die Initiative überlassen und mit den Umstellungen wurde das Zentrum massiv verdichtet. Da mit Grüll noch ein weiterer, kampfstarker Spieler etwas zentraler als sonst spielte, war es für die Bullen sehr schwierig die Mitte zu knacken und Rapid wiederum konnte auch besser von innen nach außen verteidigen.

Salzburg und die fehlende Flügeltiefe

Im Auswärtsspiel in Salzburg war es bereits verwunderlich, dass die Bullen nur selten die Breite suchten. Stur versuchte der „Noch-Meister“ durch Kombinationsspiel im Zentrum zum Erfolg zu kommen, brachte aber nie Tiefe auf die Flügel. Dieses Kuriosum wiederholte sich gestern in Hütteldorf und Rapid konnte die Bullen durch eine konsequente Zentrumsverdichtung und reichlich Kampfkraft gut vom eigenen Tor weghalten.

Während die erste Halbzeit noch ein Geplänkel ohne große Torchancen war, änderte die zweite Hälfte das Spielbild – und dieses sorgte auch dafür, dass Rapids Zweiersturm in den Fokus rückte. Fally Mayulu und Guido Burgstaller stürmten zusammen im 5-3-2 Rapids, das primär daran interessiert war, die Räume hinter der Salzburger Abwehr zu suchen, um die beiden Stürmer zu „schicken“.

Die Durchschnittspositionierungen des Spiels (Screenshot von Wyscout S.p.a.). Sattlberger (34) rückte zwischen die Innenverteidiger und hatte sogar die tiefste Durchschnittsposition inne. Die Außenverteidiger verblieben tief, Grüll rückte weit ins Zentrum. Rapid zog das Feld weit auseinander, während Salzburg deutlich kompakter agierte, dadurch aber auch weitere Wege beim Verteidigen hatte.

Für Salzburg war dies schwierig zu verteidigen, weil man es gegen Rapid nicht gewöhnt ist, gleich zwei Spitzen verteidigen zu müssen. Die Rapid-Stürmer legten die Angelegenheit sehr fluide an und es gab keine klare Einteilung, wer auf welcher Seite seine Meter machen muss. Burgstaller und Mayulu rochierten demnach viel, tauchten in unterschiedlichsten Zonen der gegnerischen Hälfte auf – und die Ausputzaktionen wurden zu einer Art Lotterie, weil nie sicher war, wohin sich welcher der beiden Stürmer bewegen würde.

Mayulus Vorteile im Zweiersturm

Mayulu kam sein erstes Rapid-Spiel mit einem Sturm-Partner und das erste Rapid-Spiel mit Doppelspitze seit Oktober 2022 sehr entgegen, was verschiedene Gründe hatte. Einerseits wurde er gegen den Ball entlastet, weil mit Burgstallers cleverem Anlaufverhalten eine wichtige Facette in erster Pressinginstanz hinzukam. Andererseits war der Franzose auch mit dem Ball kein Alleinunterhalter mehr, sondern hatte mehr Möglichkeiten, zu kombinieren.

Die Crux dabei war, dass Rapid keine Dominanz aufbauen wollte, weshalb hoch positionierte Anspielstationen an den Flügeln wegfielen. Mayulu musste also Bälle festmachen und dann eher zentral ablegen, was anfänglich noch schwierig war, weil er sich instinktiv eher nach außen orientierte. In der Pause dürfte ihm das Trainerteam aber klargemacht haben, dass es noch eine andere Option gibt: Nämlich die schnellen ersten Meter auszunutzen und mit intensiven Läufen mit Ball die Räume zu suchen.

Zwei Top-Aktionen Mayulus leiten Rapids Treffer ein

Zwei solcher Aktionen leiteten auch die beiden Tore für Rapid ein. Zunächst setzte sich Mayulu energisch gegen Pavlovic durch und initiierte die Szene, die zum Elfmeter führte. Danach setzte er sich grenzwertig, aber im Rahmen gegen Bidstrup durch und bediente nach einer tollen Einzelaktion Burgstaller, für den das 2:0 eine eher leichte Übung war. Die Aktionen waren jeweils dadurch begünstigt, dass Mayulu eben nicht Alleinunterhalter im Angriff war, sondern die Innenverteidigung der Salzburger sich jeweils anders orientieren musste, weil plötzlich zwei Speerspitzen zu verteidigen waren. Dieses nicht seltene Verwirrungsmoment nutzte Mayulu in der zweiten Hälfte ausgezeichnet aus.

Riesenpotential, aber einiges zu formen

Es war seine stärkste Partie für Rapid und eine, in der er zeigte, welch großes Potential in ihm schlummert. Wie so oft waren einige seiner Aktionen weiterhin fahrig, aber erneut präsentierte er sich äußerst effizient und zeigte auch, wie stark er sein kann, wenn er ins richtige Korsett gepresst wird.

Die größere Herausforderung wird sein, Mayulu auch im Spiel gegen den Ball auf einen anderen Energielevel zu bringen. Wenn Klauß aber auch das hinbekommen würde, hätte Rapid einen absoluten Topspieler in seinen Reihen. Nicht umsonst sollen bereits Serie-A-Klubs wie der FC Torino Interesse an Mayulu bekundet haben. Was der 21-Jährige zu leisten im Stande wäre, wenn man ihn gut formen kann, wissen scheinbar also mehrere Klubs. Primär wird’s aber in ihm selbst liegen – Mayulu muss Spiele wie dieses mitnehmen, um noch hungriger nach seiner eigenen Verbesserung zu werden.

„Defensive Dominanz“

Rapid schaffte es also mit einzelnen Nadelstichen, den Matchplan umzusetzen. In der zweiten Halbzeit hatten die Hütteldorfer gerade mal 33% Ballbesitz, überließen Salzburg das Spiel, erzielten aber zwei Tore, während Salzburg mit zwei Drittel des Ballbesitzes nur einen xG-Wert von 0.28 in der zweiten Hälfte (Wyscout) zustande brachte, weil man das Spiel deutlich zu eindimensional anlegte und Rapid beherzt und konsequent verteidigte.

Was praktisch nicht möglich schien, ist jetzt aber eingetreten. Nach den Tiefschlägen der letzten Wochen gelang Rapid ausgerechnet gegen den Angstgegner der Befreiungsschlag. Die Grün-Weißen sind nun im Rennen um den vierten Platz in der Pole Position – und haben die Europacup-Qualifikation in der eigenen Hand.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen