In den 60er-Jahren zeigte sich die große Zeit des Wiener Sport-Clubs auch auf dem Parkett der Stadthalle: Sechsmal reüssierten Erich Hof und Co. beim... Anekdote zum Sonntag (173) – Fortschritt durch Taktik

In den 60er-Jahren zeigte sich die große Zeit des Wiener Sport-Clubs auch auf dem Parkett der Stadthalle: Sechsmal reüssierten Erich Hof und Co. beim beliebten Winterturnier und holten sich den Pokal. Ein Jahrzehnt später war der Hallenmythos für viele ungebrochen und einige schwarz-weiße Fußballpensionisten meldeten sich bei der Mannschaft von „Rasper & Söhne“, einem langgedienten Porzellangeschäft in der Wiener Innenstadt, an, um im Firmenteam beim traditionsreichen Turnier antreten zu können. So auch Erich Hof, der zu diesem Zeitpunkt im Brotberuf erste Erfahrungen als Trainer der Hernalser Kampfmannschaft sammelte.

Hof, der 1936 in Wien-Brigittenau geboren wurde, kam bereits als Sechzehnjähriger zu den Schwarz‑Weißen und traf prompt bei seinem Debüt für die „Erste“. Der Mittelstürmer galt als einer der besten Spieler Österreichs, er war technisch hochbegabt und torgefährlich. Zweimal war er am Meistertitel der Hernalser nicht unbeteiligt und gehörte auch zu jenem WSC-Team, das 1958 Juventus Turin im Europacup mit 7:0 demütigte. Der Wiener, der bis heute den Dornbacher Torrekord hält, brachte es auf 37 Länderspiele, ehe er seine Spielerkarriere 1969 wegen Kniebeschwerden beenden musste. Später feierte Hof auch als Trainer Erfolge: Er galt als gewiefter Taktiker und coachte zweimal die Wiener Austria zur Meisterschaft. Mit nur 58 Jahren starb der Stürmer, der einen besseren Torschnitt als Hans Krankl hatte, viel zu früh an Lungenkrebs.

Beim Spiel in der Halle war Erich Hof einst in seinem Element gewesen: Ähnlich wie Herbert Prohaska, der die Stadthalle als sein „zweites Wohnzimmer“ bezeichnete und 10-mal zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde, hatte der Mittelstürmer in seiner aktiven Zeit mit seiner filigranen Ballbehandlung geglänzt. Als Jung-Trainer plauderte er kurz vor Beginn des beliebten Events mit Sportreporterlegende Peter Elstner. Elstner, der damals für die Zeitschrift „Express“ schrieb, fragte das schwarz-weiße Urgestein, ob andere Hallensportarten wie Hockey oder Basketball nicht für taktische Maßnahmen beim Fußball auf Parkett herangezogen werden könnten. Hof hob erstaunt seine Augenbrauen und verneinte diese Frage deutlich. Elstner war verwundert, er wollte die Probe aufs Exempel machen. Mit blitzen Augen forderte er den Hernalser Kultangreifer heraus: „Spielen wir doch einmal gegeneinander: Ihr – ‚Rasper & Söhne‘- gegen unsere ‚Express‘-Mannschaft. Schauen wir einmal, ob wir euch mit taktischen Kniffen hinbiegen.“ Hof war einverstanden.

Mit Grohs und Herfort spielten zwar nur zwei ehemalige Profis in Elstners Mannschaft, während der Rest aus dem Redaktionspersonal bestand. Peter erklärte seinen Journalistenkollegen, Fotografen und Schriftsetzern das Konzept: Forechecking, pressen, robust dagegenhalten. Sie wollten die ehemaligen Sportclub-Kicker früh stören und ihnen – im wahrsten Sinne des Wortes – keinen Raum geben, um zu zaubern. Als der Spieltag gekommen war, machte die Reporterlegende den „Express“-Spielern klar, auch ihren Körper gut einzusetzen: Zwar brauchte die Reporter und Co. etwas Zeit um sich an das Tempo der Ex-Profis zu gewöhnen, als sie jedoch in Tritt kamen, war bald klar, dass die übernommenen Taktikfetzen aus Hockey, Hand- oder Basketball, Wirkung zeigten: Das Konzept den Spielaufbau zu stören, ging auf und letztendlich hieß es 4:2 für die schreibende Zunft.

Hof war ein fairer Verlierer und zollte Elstner und seinen Spielern Respekt, doch so mancher seiner Schützlinge schmiss die Nerven weg: „Max“ Horak etwa nahm Elstner bei einem Zweikampf an der Bande derart in die Zange, dass dieser mit einem pochenden Schmerz im Bein ausgewechselt werden musste. Der Sportreporter dachte zunächst, die Blessur sei in einigen Tagen ausgeheilt, aber als die Schmerzen unerträglich wurden, ging er ins Spital. Dort musste Elstner operiert werden: Horak hatte ihm den Muskelkopf zerquetscht. Der Ex-WSC-Star stattete Peter einen reumütigen Besuch ab und entschuldigte sich für seine Unsportlichkeit. Das freute den Journalisten sehr, noch mehr freute er sich allerdings, als ihm Hof persönlich mitteilte, er werde sich tatsächlich für das nächste Hallenturnier mit jenen taktischen Aspekten vorbereiten, die ihm die „Express“-Mannschaft so anschaulich vorgeführt hätte: Da soll noch einer sagen, Journalisten hätten keine Ahnung von der Materie.

Marie Samstag