Ungeschlagen gingen die Bayern in den 14. Spieltag. Nach unfreiwilligen neun Tagen Pause ging es mit breiter Brust in das Spiel gegen die im... 5:1! Eintracht Frankfurt fügt den Bayern die erste Bundesliga-Niederlage zu

Ungeschlagen gingen die Bayern in den 14. Spieltag. Nach unfreiwilligen neun Tagen Pause ging es mit breiter Brust in das Spiel gegen die im Pokal gedemütigten Frankfurter. Doch beide Mannschaften zeigten ein anderes Gesicht. Frankfurt überzeugte mit quirligem Offensivfußball, Bayern wirkte wie zuletzt gegen Kopenhagen nicht konsequent genug. Doch wie genau kam es zu diesem Erdrutschsieg der Hessen gegen den Branchenprimus aus München? Ein Spielbericht.

Saarbrücken als Gemeinsamkeit

Die Ausgangslage vor dem Spiel hätte unterschiedlicher kaum sein können. Nachdem Frankfurt bereits gegen Bremen (2:2), Stuttgart und Augsburg (je 1:2) empfindliche Punkteverluste hatte einstecken müssen, waren sie unter der Woche hochverdient und „Bayern-like“ gegen Drittligist Saarbrücken (0:2) aus dem Pokal rausgeflogen. Das war aber auch der einzige gemeinsame Nenner mit den Bayern, die die letzten sechs Bundesligaspiele vollkommen unbeschadet geblieben waren und nach dem Schongang gegen Kopenhagen winterbedingt erste kleine Ferien hatten.

Genug Zeit war also zur Verfügung, um sich auf Eintracht Frankfurt vorzubereiten und mit frisch getankter Energie Leverkusen von der Spitze abzusetzen. Doch Trainer Thomas Tuchel schärfte bereits vor der Partie die Sinne. Eine solche kleine Pause hätte manchmal den Effekt, dass man aus dem Rhythmus komme und sich die Müdigkeit einschleiche. Deshalb habe es wettbewerbsbetonende Trainingseinheiten gegeben, die zum Ziel hatten der Trägheit entgegenzuwirken. Die Sorgen des Bayern-Coaches, sie bewahrheiteten sich alle.

Auf drei Positionen verändert gingen die Hessen früh ins hohe Pressing und erwischten die Bayern damit auf dem falschen Fuß. Ein erster Abschluss von Embimbe ans Außennetz (4.) gab hier schon früh die Marschrichtung vor. Die Bayern hatten den ersten Streich der Frankfurter überwunden, doch der zweite folgte zugleich. Chaibi scheiterte nach einer Flanke aus kürzester Distanz an der Latte, der Ball fiel Marmoush vor die Füße, der aus leicht rechter Position gezielt ins lange Eck schoss. Nichts zu machen für Neuer, 1:0 für Frankfurt (12.).

Wer nun eine schnelle Reaktion der Münchner erwartete, sah sich getäuscht. Immer wieder setzte Frankfurt die Bayern dank ihres Pressings unter Druck. Bayern kam fast nie hinter die Linie, Eins-gegen-Eins Situationen, insbesondere die des sonst formstarken Sanés misslangen jederzeit. So war es ein Novum als sich Harry Kane nach schönem Pass in die Schnittstelle von Leon Goretzka eine Monsterchance bot. Bezeichnend für den Spielverlauf setzte er, der nach zwölf Spielen bereits 18 Tore geschossen hat, den Ball jedoch rechts neben das Tor.

Bayerns Fehler werden übel bestraft

So nahm das Spiel seinen ungewöhnlichen Verlauf. Frankfurt presste intensiv, Bayern blieb apathisch. Nach einem langen Ball nach vorne hätte Kim Min-Jae den Ball gegen den heranstürmenden Ansgar Knauff locker behaupten können. Doch er vertändelte die Kugel unnötig, weshalb der Ex-Dortmunder die Kugel in den Lauf von Embimbe schob. Dieser schaffte es geschickt zwischen Upamecano und Davies zum Abschluss zu kommen. Neuer fasste die Kugel, konnte den Einschlag aber letztlich nicht verhindern – ein Kullerball zum 2:0 (31.). Das unterirdische Zweikampfverhalten der Münchner wurde hier in besonderem Maße offenbart. Dabei dauerte es nur fünf Minuten später bis nach einem erneuten Fehlpass von Kimmich eine Offensivwelle der Eintracht auf das Münchner Tor zustürmte. Nach einem Querpass von Marmoush wackelte Larsson Upamecano aus und schob überlegt rechts unten ein- das Waldstadion glich da schon längst einem Tollhaus.

Der von den Gästefans gewünschte Hallo-Wach-Effekt trat erst dann ein. Nach einer von Choupo-Moting verlängerten Ecke landete der Ball auf den Zehenspitzen von Harry Kane. Doch der Engländer blieb heute glücklos. Ebimbe berührte den Ball gerade so und verhinderte den sicheren Einschlag. Diesen besorgte dann kurz vor der Pause Joshua Kimmich. Freistehend nahm er aus der Distanz Maß, der gezielte Abschluss landete unhaltbar für Kevin Trapp im oberen rechten Eck. Dann erlöste der Halbzeitpfiff die Frankfurter; in der Phase, in der sich Bayern zurückbiss, hätte das Spiel eine Wende nehmen können.

Frankfurt übersteht Bayerns Drangphase

Auch nach dem Wiederanpfiff schienen die Bayern ihre Lehren aus der ersten halben Stunde gezogen zu haben. Nach einem Kuddelmuddel im Strafraum vergab Choupo-Moting jedoch viel zu fahrlässig das frühe 2:3. Als sich dann auch noch der Fehlerteufel einschlich, waren die Comeback-Chancen passé. Völlig ungestüm rückte Upamecano nach vorne und versuchte den Ball auf den Flügel durchzustecken. Diese Idee unterband jedoch der herbeigeeilte Embimbe, der in diesem Spiel an allen spielentscheidenden Aktionen beteiligt war. Schließlich steckte Chaibi den Ball in ebenjener Aktion noch einmal zu Embimbe durch, der souverän vor Neuer die Nerven behielt und seinen Dreierpack markierte (50.). Im Gegenzug dazu setzte eine Ballstafette von Neuer über Kane und Coman Choupo-Moting in Szene. Dieser schoss jedoch frei tehend vor Trapp über das Tor.

Waren die Comeback-Chancen zu diesem Zeitpunkt schon gering, so schwanden sie mit der nächsten Aktion gänzlich. Nach einem schönen Doppelpass von Götze mit Chaibi reichte ein Pass auf Marmoush um die Bayern-Defensive lahmzulegen. Diesem versprang jedoch der Ball, der schlussendlich bei Knauff landete. Der Rest war Formsache, unten links schlug die Kugel zum 5:1 ein (60.). Erinnerungen an 2019 und Kovacs „Abschiedsspiel“ wurden unweigerlich wach.  Damals hatte eine rote Karte von Jérôme Boateng früh den Weg zum Frankfurter Sieg geebnet, diesmal waren es elf Bayern, die den Frankfurtern haushoch unterlegen waren.

Die Zahlen sprechen für die Bayern

So plätscherte das Spiel dem Ende hingegen. Bayern bot sich nur noch Kleinchancen, der ein oder andere bis zum Schluss ausgeführter Angriff hätte auf Frankfurter Seite gar noch das sechste Tor herbeiführen können. Am Ende bleibt ein verdienter Sieg der Frankfurter, der statistisch aber nur zum Teil erkennbar ist. 21:14 Torschüsse, ein 50:50 Zweikampfverhältnis, 65 Prozent Ballbesitz und 2,59 zu 1,85 Expected Goals- das alles für die Bayern! Eine Tatsache, die auch Thomas Tuchel etwas sprachlos ließ. Richtigerweise analysierte er, dass die Bilanz mit fünf Toren zu hoch ausfiel, der Sieg der Eintracht war jedoch hochverdient, woran er auch keinen Zweifel ließ.

Eine abschließende Beurteilung fällt daher schwierig. Bayern präsentierte sich defensiv so wackelig wie zuletzt unter Nagelsmann und Upamecano und Kim Min-Jae erlebten einen rabenschwarzen Tag, vorne fehlten Harry Kane und vor allem Choupo-Moting das Quäntchen Glück. Auch wenn die Bayern somit nun zum zweiten Mal in Folge nicht überzeugen konnten, sollte dies kein Grund zur Panik sein. Dafür war die Reaktion der Mannschaft, insbesondere mit dem 1:3 zu gut. Fraglich ist jedoch, ob bereits gegen Manchester United am Dienstag eine Reaktion gezeigt wird, schon gegen Kopenhagen war die mangelnde Bedeutung der letzten zwei Gruppenspiele deutlich zu sehen.

Für Frankfurt ist dieses Spiel und die Festigung des siebten Platzes eine Bestätigung für die positive Entwicklung der letzten Monate. Doch Obacht: Nach dem letzten 5:1-Erfolg gegen die Bayern folgte eine Serie von sieben sieglosen Spielen in Folge. Das Gesicht, das die Frankfurter in Saarbrücken gezeigt habe, sollte also nicht vergessen werden. Nächste Woche geht es für die Hessen gegen Leverkusen, wo sie erneut zum Zünglein an der Meisterschaftswaage werden können. Die Bayern treffen nach Manchester im Topspiel auf Stuttgart. Es wird ein Gipfeltreffen, in dem sie sich neu beweisen müssen. Zumindest der Winterferienmodus sollte dann wieder abgeschaltet sein.

Clemens Testa, abseits.at

Clément Testa