Bayer 04 Leverkusen spielt unter seinem spanischen Trainer Xabi Alonso derzeit einen famosen und erfolgreichen Angriffsfußball. Die Werkself grüßt als ungeschlagener Tabellenführer von der... Nie wieder „Vizekusen“: Bayer Leverkusen und die Jagd nach Titeln

Bayer 04 Leverkusen spielt unter seinem spanischen Trainer Xabi Alonso derzeit einen famosen und erfolgreichen Angriffsfußball. Die Werkself grüßt als ungeschlagener Tabellenführer von der Spitze der deutschen Bundesliga. Auch in der Europa League sowie im DFB-Pokal besitzt der Vizemeister von 2002 realistische Titelchancen. Dank eines rundum gelungenen Transfersommers – sechs von acht Neuzugängen schlugen auf Anhieb ein – konnte der 42-jährige Übungsleiter sein Spielsystem perfekt implementieren.

Von den Neuzugängen konnten lediglich der rechte Außenbahnspieler Nathan Tella sowie der polyvalente brasilianische Rechtsverteidiger Arthur bislang nicht überzeugen. Tella kommt in der Liga auf etwa 100 Minuten Spielzeit während der 20-jährige Arthur derzeit an einer Muskelverletzung laboriert.

Die Dreierkette wird von Jonathan Tah, Edmond Tapsoba sowie Odilon Kossounou gebildet. Das Trio besticht dabei durch ein gutes Stellungsspiel, Resolutheit in den Defensivzweikämpfen sowie einem gepflegten und zügigen Aufbauspiel.

In der Europa League kam der beidfüßige Verteidiger Josip Stanisic, der im Sommer leihweise von Bayern München kam, regelmäßig als rechter Halbverteidiger zum Einsatz und konnte dabei mit starken Leistungen auf sich aufmerksam machen.

Mit dem ablösefreien Transfer des 27-jährigen Flügelverteidigers Alejandro Grimaldo von Benfica Lissabon gelang den Rheinländern ein echter Transfercoup. Grimaldo ist unangefochtener Stammspieler und beackert unermüdlich die linke Seite – dabei besticht er besonders durch seine Torgefährlichkeit, sowie seine Schnelligkeit in der Restverteidigung bzw. im defensiven Umschaltspiel.

Das System

Xabi Alonso lässt seine junge Mannschaft bevorzugt in einer 3-4-1-2-Formation auflaufen. Allerdings lässt der ehemalige Weltklasse-Spieler dieses System auf unterschiedliche Art und Weise interpretieren. Ein Teil dieser Grundidee besteht darin, dass die offensiven Flügelverteidiger sehr aggressiv und weit in die gegnerische Hälfte hineinschieben.

Bayer stellt sich schnell auf die Spielweise der Gegner ein und entwickelt somit eigene Ideen, die Gegner auszuspielen. Alonso bedient sich dabei an einer Vielzahl an Spielweisen. Die Defensivspieler interpretieren ihre Rolle extrem offensiv, setzen die Gegner sehr früh unter Druck. Ein weiteres Merkmal des Leverkusener Offensivspiels ist das extrem schnelle und intensive Kurzpassspiel. Ein Beispiel hierbei: Die Leverkusener kommen pro Partie auf durchschnittlich weniger Ballbesitz als Bayern München, dabei haben die Münchner aber weit weniger Pässe gespielt als die Werkself. Flanken sind kein übliches Merkmal im Kreieren von Torchancen. Eine Schwäche ist die Gegentoranfälligkeit nach Standardsituationen.

Exequiel Palacios besticht durch seine Zweikampfstärke auf der Doppelsechs und hält seinem nominellen Nebenmann Granit Xhaka dadurch den Rücken frei. Der 30-jährige Xhaka, der im Sommer für 15 Millionen Euro vom FC Arsenal geholt wurde, kann dadurch im Gegenzug das Offensivspiel mit intelligenten Pässen beschleunigen.

Florian Wirtz darf in diesem Zusammenhang getrost als der Schlüsselspieler bezeichnet werden. Durch intelligente Dribblings gelangt der 20-jährige Ausnahmespieler immer wieder in aussichtsreiche Abschlusspositionen. Der Zauberfuß agiert dabei im offensiven Mittelfeld als Zehner. Er ist der absolute Dreh-und Angelpunkt in der BayArena. Auf den offensiven Außenpositionen sind der bereits erwähnte Grimaldo sowie der flinke Jeremie Frimpong gesetzt.

Auf der Stürmerposition schmerzt derzeit besonders der lange verletzungsbedingte Ausfall von Goalgetter Victor Boniface. Der 1,91 Meter große Angreifer Patrick Schick muss nun diese vakante Position ausfüllen. Im letzten Spiel vor der Winterpause gelang dem Tschechen dabei ein Hattrick beim 4:0-Sieg gegen den VfL Bochum.

Jonas Hofmann ist eine weitere starke Option um im vorderen Bereich des Tabellenführers für Furore zu sorgen. Der 30-jährige Offensiv-Allrounder, der im vergangenen Sommer von Borussia Mönchengladbach geholt wurde, ist vielseitig einsetzbar und konnte bereits 12 Scorerpunkte – verteilt auf fünf Tore und sieben Assists – beisteuern.

Starkes Pressing

In gegnerischem Ballbesitz bilden die vier Spieler im vorderen Drittel einen engen Pulk um den Ball im Pressing zu erobern. Auch wenn es dem Gegner gelingt, die erste Pressinglinie zu überspielen, befinden sich noch genügend Spieler von Leverkusen hinter dem Ball um Zugriff zu erzeugen. Diese Pressingvariante wirkt seit geraumer Zeit gegen sämtliche Vereine in der Bundesliga präzise einstudiert und umgesetzt.

Spitzenteams, wie beispielsweise Bayern München oder RB Leipzig, haben in Spielen gegen die Werkself eine deutlich niedrigere Passgenauigkeit als gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel. Ein Grund für solche positiven Statistiken, sind die spielnahen Übungen in der täglichen Trainingsarbeit. Auch die Defensivarbeit ist bei Bayer äußerst ausgereift.

Gute Chancen in allen drei Wettbewerben

In der Europa League konnte sich Bayer Leverkusen mühelos fürs Achtelfinale qualifizieren. Den Akteuren unterm Bayer-Kreuz gelangen mit 18 Zählern aus sechs Gruppenspielen die perfekte Ausbeute. In diesem Wettbewerb sind die Titelchancen also mehr als realistisch.

Im DFB-Pokal steht Bayer im Viertefinale – und trifft dort am 6. Februar auf den VfB Stuttgart. Zu guter Letzt steht Leverkusen mit dem Beginn der Rückrunde in der Pole Position der deutschen Eliteliga. Man darf gespannt sein, wie die Reise im neuen Jahr weitergehen wird…

Lorenz Bildstein, abseits.at

Lorenz Bildstein