Rapid lieferte beim 0:5 in Linz eine indiskutable Leistung ab. Was die Hütteldorfer hier betrieben, nämlich massive Schonung auf das bevorstehende Cup-Finale, konnte man... Rapid und der Ritt auf der Rasierklinge

Rapid lieferte beim 0:5 in Linz eine indiskutable Leistung ab. Was die Hütteldorfer hier betrieben, nämlich massive Schonung auf das bevorstehende Cup-Finale, konnte man nicht nur an der Aufstellung sehen. Und angesichts der knappen Lage in der Liga kann man diese Vorgehensweise getrost als Ritt auf der Rasierklinge bezeichnen.

Mit dem Sieg Hartbergs gegen Klagenfurt rutschte Rapid in der Liga auf Rang fünf ab. Der LASK ist mit acht Punkten Vorsprung praktisch uneinholbar, eine fixe Gruppenphase über den Ligaweg im Grunde nicht mehr erreichbar. Rapid ordnet alles dem Cup-Finale – also einem einzigen Spiel – unter.

Mehrere Spieler qualitativ hinter Rapids Ansprüchen

Die Aufstellung beim 0:5 in Linz war erneut eine, die in dieser Konstellation noch nie zusammenspielte und die auch die massiven Mängel in der Kaderbreite der Hütteldorfer offenbarte. Spieler wie Sollbauer, Kerschbaum, Oswald, Kaygin oder – sofern nicht alles auf ihn zugeschnitten ist – Mayulu würden auch in Teams des unteren Playoffs nicht dauerhaft positiv herausstechen und bringen keine „Rapid-Qualität“ bzw. die Qualität, die man sich für einen Großklub erwarten würde, mit. Wenn der Plan der letzten Wochen aufgeht, wird allerdings keiner von ihnen im Cup-Finale starten.

Andere, beispielsweise Sattlberger oder Rückkehrer Querfeld, ließen sich von der Unsicherheit der Mannschaft anstecken. Nachdem Rapid in der ersten halben Stunde noch einigermaßen mitspielte und die (auch bis dahin schwache) Partie offenhielt, ließ man sich nach Ljubicic’ Elfertor faktisch abschießen. Der LASK benötigte nur 34 Minuten für seine fünf Treffer und schaltete danach, aus Rapids Sicht dankenswerterweise, einen Gang zurück.

Es fehlte an allem

Bei Rapid fehlte es gerade in dieser halben Stunde an allem. Die Basics wurden komplett vernachlässigt, es gab keinen geordneten Spielaufbau, keinen Mut im Mittelfeldzentrum, keine Aufdrehbewegungen, kein eigenes Pressing, dem gegenüber am Ball kaum Pressingresistenz und zudem haarsträubendes Defensivverhalten in Zweikämpfen. Erst als mit Seidl und Burgstaller zwei Stammspieler eingewechselt wurden, konnte sich Rapid ein wenig fangen und unmittelbar die erste Phase des Spiels einleiten, in der man mehr Zweikämpfe gewinnen konnte als der bereits als Sieger feststehende LASK:

Bildquelle: Wyscout S.p.a

Zuvor schenkte Rapid im Grunde die Partie ab, was sich auch in einzelnen Statistiken widerspiegelt. Kerschbaum gewann keines seiner sechs Defensivduelle, Oswald und Mayulu gewannen von all ihren Duellen jeweils nur eines, die beiden Außenverteidiger Kasanwirjo und Oswald sorgten im gesamten Spiel nur für drei Wechsel des Ballbesitzes – davon kein einziger in der gegnerischen Hälfte.

Die einzigen Spieler, die effektiv Freistöße zogen waren Marco Grüll (3) und der später eingewechselte Matthias Seidl (2). Ansonsten wurden nur Kerschbaum und Sollbauer je einmal gefoult. Das zeigt, wie vorsichtig Rapid seine Duelle führte. Es machte den Eindruck, als wolle sich niemand vor dem Cup-Finale am Mittwoch wehtun. Aufgedrängt hat sich allerdings auch niemand. Es schien so, als wüssten die klassischen Reservisten, dass sie in Klagenfurt kaum eine Chance auf einen Startelfplatz haben, weil Klauß alles der ersten Elf unterordnet.

Durchschaubar und unflexibel

Aber auch die taktischen Mittel der Hütteldorfer ließen massiv zu wünschen übrig. Der extreme Linksfokus im Spiel machte den Gastgebern das Spiel gegen den Ball im Raum ausgesprochen einfach. Spielverlagerungen waren bei Rapid ebenfalls Mangelware. Zudem nutzte man durch das asymmetrische Spiel klare Stärken nicht aus: So etwa Querfelds Spielaufbau. Der aufbauschwache Sollbauer wurde viel häufiger in den Aufbau eingebunden, während sich Querfeld, der ebenfalls noch im Schongang agierte, vor allem gegen den Ball zerrieben wurde und mit den spritzigen Linzern Probleme hatte.

Aber auch Alternativansätze wären nur schwer umsetzbar gewesen. „Hauruckfußball“ mit hohen Bällen und der Jagd nach zweiten Bällen war in dieser Konstellation praktisch nicht machbar, weil Mayulu – wie praktisch immer – nicht in Duelle geht und nur aktiv wird, wenn er den Ball am Fuß hat. Auch dahinter war die Chance auf eine „Balljagd“ gering, weil auch der unerfahrene Kaygin praktisch nicht am Spiel teilnahm. Für den LASK war es demnach sehr einfach, die Wiener zu verteidigen. Auch aus den neun Eckbällen konnte man keinerlei Gefahr erzeugen.

Es wird auf die Mentalitätsspieler ankommen

Im Einklang mit dem Leitbild der Grün-Weißen, in dem es heißt „Egal in welchem Bewerb und wo in der Welt wir antreten: Wir wollen gewinnen“, stand der Auftritt in keiner Weise. Wenn Rapid am Mittwoch den Cup gewinnt, fragt danach niemand. Wenn dieses Vorhaben aber schiefgeht, dann wird unter anderem dieses 0:5 beim LASK wieder hervorgekehrt werden. Das Risiko, das Rapid-Trainer Klauß hier nimmt, ist schlichtweg enorm…

Die deutliche Abfuhr in Linz muss aber nicht zwingend ein Gradmesser für das Cup-Finale in zwei Tagen sein. Dort wird Rapid völlig anders aufgestellt sein und den großen Unterschied könnten die Mentalitätsspieler machen. Cvetkovic, Grgic oder Burgstaller, also die „Krieger“, die Rapid im Kader hat, könnten auch entsprechende Synergien herstellen, um andere Top-Leute wie Querfeld, Grüll oder Seidl, aber auch den zuletzt leicht schwächelnden Keeper Hedl wieder sicherer zu machen.

Bei Rapid wird man also unmittelbar vor dem „Spiel des Jahres“ weiter von Tag zu Tag schauen und auf eine „Reunion“ der ersten Elf hoffen. Mit ebendieser hätte man gegen Bundesliga-Tabellenführer Sturm eine Chance zu reüssieren. Dass man die Kaderdichte im Sommer stärken muss (und dafür wohl auch auf den Österreicher-Topf verzichten muss), ist spätestens nach den letzten Partien aber auch klar…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen