Der SK Rapid zeigte gegen den FC Arsenal über 70 Minuten eine außerordentlich starke Leistung – gegen ein derartiges Top-Team reicht aber auch das... Analyse: Starke Rapid-Elf verliert unglücklich gegen Arsenal

Der SK Rapid zeigte gegen den FC Arsenal über 70 Minuten eine außerordentlich starke Leistung – gegen ein derartiges Top-Team reicht aber auch das manchmal nicht für einen Punktgewinn. Selbst wenn der Gegner eine bessere B-Elf aufbot.

Rapid startete gegen eine ersatzgeschwächte Arsenal-Elf, in der aber auch einige Starspieler freiwillig auf der Bank belassen wurden, erwartungsgemäß in einem 3-5-2-System. Schnell sah man den Hütteldorfern an, dass sie primär auf Kompaktheit im Block setzen und sich dabei nicht zu tief einigeln wollten. Schon in der Anfangsphase gab es einzelne Situationen, in denen Rapid recht hoch presste, wenngleich man dafür nicht zu viele Spieler abkommandierte, um nicht ins offene Messer zu laufen.

Asymmetrisches Arsenal-Mittelfeld

Arsenal bewies von Beginn an die grundsätzliche Pressingresistenz in der Zentrale. Durch die Doppelsechs mit Debütant Thomas Partey und Mohamed Elneny hatte man in der Sechserzone durchaus gute Präsenz und beging in dieser gefährlichen Pressingzone wenige Fehler. Wie es zu erwarten war, ließ Arsenal den Zehnerraum aber weitgehend verwaisen. Während Elneny auf Sechserhöhe häufig nach rechts pendelte, orientierte sich der dritte nominelle Mittelfeldspieler Bukayo Saka eher in Richtung Nketiah zum linken offensiven Flügel hin. Damit wollte Arsenal Tiefe in die Halbpositionen bringen, allerdings auf Kosten der Zentrale bzw. des zentralen Zwischenlinienraums, in den nur Mittelstürmer Lacazette situativ abkippte.

Antizipativen Lacazette gut verteidigt

Lacazette wurde von der Rapid-Innenverteidigung weitgehend gut verteidigt und Hofmann und Barac vermieden es, sich zu weit aus der Kette herausziehen zu lassen. Da auch die Staffelung im zentralen Mittelfeld Rapids gut funktionierte, wurde der französische Angreifer aber gut aus dem Arsenal-Kombinationsspiel genommen. Dadurch war Arsenal spielerisch ab dem Übergang vom zweiten ins dritte Drittel etwas zu unkonkret und Gefahr ergab sich entweder durch Eins-gegen-Eins-Situationen oder nach Bällen hinter die Abwehr. Richtig gefährlich wurden die Gunners aber kaum.

Rapid mit guter, variabler Spielhöhe

Rapid hielt die mannschaftsinternen Abstände weitgehend sehr gering und war durch diese Engmaschigkeit schwer auszuspielen. Heikle Situationen ergaben sich in der ersten Halbzeit hauptsächlich dann, wenn die Abwehrkette der Hütteldorfer etwas höher hinausschob. Die dahinter entstehenden Räume wurden sofort von Saka, Nketiah und Pépé mit entsprechendem Laufspiel attackiert. Da die Position des klassischen Spielmachers unter Mikel Arteta passé zu sein scheint, vertraute man speziell auf Bälle hinter die Abwehr, für die Thomas und Elneny sorgen sollten. Dadurch sollte das gesamte zentrale Rapid-Mittelfeld überspielt werden und die Rapid-Verteidiger in schwierige Duelle in Rückwärtsbewegung gegen die schnellen Arsenal-Flügel gebracht werden. Rapid variierte die Höhe der Fünferkette (und damit der gesamten Elf) aber sehr gut, positionierte sich immer wieder etwas tiefer, um den Überbrückungen von Arsenal den Zahn zu ziehen.

Rapid hat bessere Chancen und tankt Selbstvertrauen

Gleichzeitig agierte man gegen den Ball sehr aggressiv und nahm die Zweikämpfe an, was der phasenweise arrogant anmutenden Arsenal-Mannschaft nicht schmeckte. Auch Mikel Arteta war von so mancher Laschheit seiner Spieler wenig angetan. Rapid bemerkte das und wurde immer zuversichtlicher, hier etwas mitnehmen zu können. Schon in der ersten Halbzeit hatten die Hausherren die besseren Chancen, als das englische Top-Team.

Arsenal leidet unter Durchschnittspositionen der Außenverteidiger

Das Hauptproblem in der Arsenal-Startaufstellung waren allerdings die Außenverteidiger. Cédric Soares hatte insgesamt zu wenige Tiefenläufe in seinem Spiel und der stärker einrückende Sead Kolasinac wirkte einerseits fehleranfällig und andererseits versteckte er sich zu häufig hinter dem in die selben Räume abkippenden Saka. Der Angriffsfokus war dadurch auf zu wenige Schultern verteilt und Rapid konnte die Gunners sehr souverän verteidigen und vom Tor weghalten. Arsenal brachte die nötige Tiefe für deren Spielanlage also vor allem wegen der fehlenden Flügelüberladungen und der zu geringen Sprintintensität aus der Etappe auf den Seiten nicht richtig zustande.

Gute Kara-Fountas-Wechselwirkung im Anlaufspiel bringt das 1:0

Rapid wurde mutiger und erzielte nach der Pause zum bestmöglichen Zeitpunkt das 1:0. Das bereits bewährte Pressingmuster, in dem der langsamere Ercan Kara vorne anläuft und der gefährlichere Taxiarchis Fountas dahinter für den Ballgewinn sorgen soll, um gleich abschließen zu können, funktionierte in einer schwachen Aufbauaktion von Arsenal-Keeper Leno perfekt. Fountas schob zum 1:0 ein und hatte in weiterer Folge sogar noch zwei weitere, ähnliche Situationen, in denen er durch Aufbaufehler zum Abschluss kam. Rapid präsentierte sich in diesen Szenen sehr clever und auch ausbalanciert.

Starke Mittelfeldstaffelung, kompakter Block

Die neue Staffelung im zentralen Mittelfeld, in der Ritzmaier eine sehr flexible Rolle einnahm, machte auch die dahinterliegende Pressinglinie kompakter und gegen den Ball gefährlicher. Wenn Rapid derartiges Pressing auch in der Liga dauerhaft etablieren kann, ist man stark genug, um gegen die kleinen Gegner der heimischen Bundesliga so gut wie nichts anbrennen zu lassen. Den kompakten Block, den man gegen Arsenal praktisch durchgehend beobachten konnte, könnte man gegen technisch unterlegene Gegner sogar noch gut und gerne zehn Meter höherschieben. Wichtig ist dabei aber vor allem der Block von etwa 30 x 30 Metern, in dem sich alle zehn Feldspieler bewegten und gemeinsam verschoben. Dieser erfordert einiges an Disziplin, die Rapid gegen Arsenal dauerhaft zeigte, in der Liga gegen kleinere Gegner gegen den Ball aber schon des Öfteren vermissen ließ.

Bellerín statt Soares als entscheidender Wechsel

Wenn Rapid das 2:0 nachgelegt hätte, hätte sich Arsenal nicht beschweren dürfen. Aber um mehr Ernsthaftigkeit und Direktheit in die Schlussphase zu bringen, vollzog Mikel Arteta die schlussendlich entscheidenden Wechsel. Die Einwechslung von Pierre-Emerick Aubameyang war dabei in Wahrheit zweitrangig. Die wichtigere Einwechslung war die von Héctor Bellerín anstelle von Cédric Soares.

Spanische Sprintrakete bringt mehr Tiefgang

Mit der Einwechslung des pfeilschnellen Spaniers bekam Arsenal nun endlich den Tiefgang, der eine Stunde lang fehlte. Die rechte Angriffsseite Arsenals war nun deutlich schwieriger zu verteidigen, weil die höhere Positionsuntreue schlichtweg für Unruhe und auch weniger Ordnung bei Rapid sorgte.

Strebinger-Fehler führt zum Ausgleich

Innerhalb von 3 ½ Minuten kippte das Spiel nun komplett. Zuerst kassierte Rapid aus einer nicht außerordentlich schwierig zu verteidigenden Standardsituation das 1:1. Richard Strebinger konnte sich nicht entscheiden, ob er auf der Linie bleiben oder in die Flanke von Nicolas Pépé gehen soll und war am Ende genau dort, wo er nicht sein soll – nämlich genau in der Mitte dieser beiden Optionen. David Luiz spielte seine Routine aus und köpfte zum Ausgleich ein. Wenige Sekunden davor hätte Strebinger mit einem überzeugenderen Herauslaufen bereits den Ball sichern können, stattdessen blieb Rapid aber in einer Stresssituation, aus der später der fatale Freistoß resultierte.

Bei 1:1 – Fountas vergibt schwierige „Empty Net“-Gelegenheit

Zwei Minuten nach dem Ausgleich hatte Taxiarchis Fountas die Chance auf die neuerliche Führung, nachdem der ebenfalls schwache Bernd Leno im Zuge eines Ausflugs seinen Abwehrchef David Luiz anschoss. Fountas brachte den Ball nach einem guten Dribbling aber nicht im leeren Tor unter. Hier hätte Rapid die Chance gehabt, das Spiel neuerlich auf den Kopf zu stellen, hatte aber Pech und erwischte auch den falschen Zeitpunkt. Ein etwas frischerer Fountas hätte die Verwirrung in der Arsenal-Abwehr womöglich ausgenutzt.

Bellerín-Tiefensprint aktiviert Elnenys Passqualität

Eine weitere Minute danach machte sich der zusätzliche Tiefgang auf den Arsenal-Flügeln bezahlt. Die höhere Feldposition von Bellerín brachte eine zusätzliche Facette in die Offensive, wodurch die Ordnung Rapids auseinandergezogen wurde und Elneny endlich den Pass spielen konnte, den er über die gesamte erste Halbzeit kein einziges Mal brachte. Rapid orientierte sich – wie man es aus der ersten Hälfte gewohnt war – stark am ballführenden Elneny, sowie an Pépé und Lacazette, während sich Bellerín im Rückraum freilaufen und den idealen Pass von Elneny entgegennehmen konnte. So war es schließlich ein einfacher, aber sehr sauber fertiggespielter Spielzug, der Rapid auseinandernahm. Möglich gemacht einzig durch die wesentlich höhere Feldposition des rechten Flügelverteidigers. Superstar Aubameyang sagte in der Mitte nur noch „Danke“.

Ballbesitzstarke Gunners spielen den Vorsprung nach Hause

Damit war der Widerstand Rapids gebrochen. Die Hütteldorfer blieben bemüht, waren nun aber mental leer und auch der körperliche Verschleiß war nach der aufopferungsvollen Leistung unübersehbar. Arsenal spielte nun Routine und technische Überlegenheit aus – mit dem 2:1 im Rücken und dem hohen Ballbesitzanteil (über zwei Drittel über das gesamte Spiel) konnten die Gunners das Spiel im Endeffekt sicher nach Hause spielen.

Zahlreiche positive Überraschungen in Grün-Weiß

Rapid zeigte eine durchwegs beeindruckende Leistung, ließ sich dann aber durch den unglücklichen Doppelschlag den Zahn ziehen. Jemanden herauszuheben ist nach diesem Spiel äußerst schwierig, aber speziell die Giftigkeit des vielgescholtenen Kelvin Arase, die außergewöhnliche Adaptierungsfähigkeit von Marcel Ritzmaier und auch die (oft etwas unkonventionell aussehende) Sicherheit von Mateo Barac waren wohl die Überraschungen des Abends. Zum tragischen Helden wurde Richard Strebinger, dessen Fehler den Umschwung einleitete. Allerdings waren die Torhüterleistungen am Donnerstagabend in Wien-Hütteldorf beidseitig eher überschaubar.

Kühbauers starker Plan und die Sache mit dem allerletzten Risiko

Ein Lob gebührt auch Trainer Dietmar Kühbauer, der die Mannschaft stark auf den Gegner einstellte und taktische Disziplin einforderte und von seinem Team auch zurückbekam. Einzig in der absoluten Schlussphase der Partie wäre Kühbauers Mut noch ein wenig mehr gefragt gewesen. Rapid war zwar eindeutig platt, aber dennoch hätte man durchaus versuchen können, den Ausgleich etwas vehementer zu erzwingen – etwa indem man Brecherstürmer Ercan Kara für hohe Bälle im Spiel gelassen hätte. Denn wie sagt man schon seit grauer Fußballvorzeit: Ob 1:2 oder 1:3 ist auch schon egal.

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Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen