Nach den Vorfällen in der Schlussphase des Wiener Derbys hat die Wiener Austria eine offizielle Stellungnahme veröffentlicht. OFFIZIELLE STELLUNGNAHME DES FK AUSTRIA WIEN: Die... Kommentar: Eine heiße Derby-Situation in der alle alles falsch machten

Nach den Vorfällen in der Schlussphase des Wiener Derbys hat die Wiener Austria eine offizielle Stellungnahme veröffentlicht.

OFFIZIELLE STELLUNGNAHME DES FK AUSTRIA WIEN:

Die Vorfälle rund um das Wiener Derby am Sonntag, speziell die Szenen, die zur von Schiedsrichter Alexander Harkam angeordneten Spiel-Unterbrechung kurz vor dem Ende führten, können und wollen wir als FK Austria Wien nicht unkommentiert lassen. Aussagen und Gesten in Richtung unseres Spielers Raphael Holzhauser verdrehen die Tatsachen und sind unseres Erachtens nach völlig deplatziert.

Harkam unterbrach die Partie, weil Fans des SK Rapid mit Feuerzeugen und anderen Gegenständen auf Spieler der Austria warfen. Aussagen wie jene von Mario Sonnleitner sind jedenfalls aus unserer Sicht absolut grenzwertig.

Sonnleitner erklärte: „Das ist halt das Derby, da geht es um viel. Es ist keiner verletzt worden, es hat sich keiner weh getan. In Wahrheit ist nichts passiert. Also ist das einmal so. Aber der Schiedsrichter hat sich so entschieden. Wir Spieler müssen uns natürlich unterordnen, aber es war jetzt nicht so krass gefährlich.“

Ebenso jene von Louis Schaub: „Es ist immer das Gleiche. Wenn man es provoziert von den Fans, darf man sich nicht wundern, wenn dann mal ein Feuerzeug fliegt.“

Und auch das Verhalten von Steffen Hofmann war mit Sicherheit nicht gerade deeskalierend, als er auf dem Feld stehend vor der Rapid-Westtribüne unseren Spieler Raphael Holzhauser wild gestikulierend dazu aufforderte, den Eckball auszuführen. Obwohl er nur ein Ersatzspieler war, betrat er dennoch das Spielfeld. Ein klarer Regelverstoß.

Mehr als fragwürdig ist auch das Verhalten eines Ordners, der den Ball zwar in Händen hielt, ihn aber nicht für Holzhauser frei gab, stattdessen aber den Spieler verbal aggressiv attackierte und damit nicht seiner eigentlichen Pflicht als Ordner nachging. Auch das ist an den TV-Bildern sehr deutlich zu sehen.

Sportdirektor Franz Wohlfahrt: „Aussagen wie jene von den Rapid-Spielern sind meines Erachtens sehr gefährlich, denn damit unterstützen sie das Verhalten ihrer Fans und das fördert bei der nächstbesten Szene regelrecht einen Spielabbruch. Wir befinden uns dann in einem Bereich, wo wir uns nicht wundern dürfen, wenn wirklich etwas Schwerwiegendes passiert. Da ist natürlich auch die Bundesliga gefragt. Würde das in einem UEFA-Bewerbsspiel passieren, dann gibt es mit Sicherheit eine Sektor- oder Stadionsperre.“

AG-Vorstand Markus Kraetschmer: „Man muss sehr vorsichtig sein, denn am Sonntag wurde Raphael Holzhauser vom Opfer zum Täter gemacht und das werden wir nicht akzeptieren. Das Verhalten sogenannter Fans ist absolut respektlos und hat nicht das Geringste mit sportlicher Rivalität zu tun. Man muss bei Fans mit Sicherheit immer differenzieren. Die Mehrheit wird mit Gewalt nichts am Hut haben, aber eine kleine Gruppe kann alles zum Kippen bringen und das wäre am Sonntag beinahe passiert. Und das sind dann Bilder, die keiner sehen möchte. Man muss sich mit dieser Problematik sehr intensiv auseinandersetzen.“

Von Rapid vernahm man indes noch keine exakten Stellungnahmen. Konsequenzen muss es so oder so geben. Die Vorfälle sind auch zwei Tage nach dem Derby noch immer in aller Munde. Einigen kann man sich jedenfalls durchaus darauf, dass einigen Herren am frühen Sonntagabend die Sicherungen durchgebrannt sind. Wohl oder übel hat jeder der Beteiligten Fehler gemacht.

+ Die allgemein aufgeheizte Stimmung uferte bereits früher in der zweiten Halbzeit mit Wurfgeschossen bei Eckbällen der Wiener Austria vor dem Block West aus. Hier handelt es sich um die Grund-Unart, die unterbunden werden muss. Einerseits durch den SK Rapid, andererseits in Form eines Selbstreinigungsprozesses innerhalb der Kurve. Klar: In 49 von 50 Fällen wird von Feuerzeugen oder ähnlichem niemand verletzt, aber hier geht es ums Prinzip. Diesen Entwicklungen dürfen Tür und Tor nicht geöffnet werden. Man erinnere sich an die „umgekehrte“ Szenerie im Gerhard-Hanappi-Stadion, als Rapid-Torhüter Georg Koch von einem Böller schwerverletzt wurde. Damals wurde das Spiel nach kurzer Unterbrechung relativ schnörkellos fortgesetzt.

+ Eine „emotionale Unart“ ließ der Torschütze zum 2:2, Raphael Holzhauser folgen. Sein Torjubel, der ihn – nicht zufällig – vor die Bank der Heimmannschaft führte, ist natürlich den großen Emotionen geschuldet, clever war dies jedoch auch nicht. Er ließ die Emotionen erneut aufkochen, machte sich zur Zielscheibe der Rapid-Fans. Damit tat Holzhauser natürlich nichts Verbotenes, die aktuell aufflammende „Täter-Opfer-Diskussion“ ist aber ein Resultat daraus. Ganz unschuldig war Holzhauser an der partiellen Eskalation nicht. Seine Verfehlung war jedoch nicht so explizit, wie die der anderen, sondern vielmehr ein „verstecktes Foul“, weitergeführt durch das unnötige „In die Länge ziehen“ der ohnehin heiklen Situation beim Eckball. Das haben alle mitbekommen, auch wenn es der Austria-Spielmacher nicht explosiv machte, wie etwa Steffen Hofmann, sondern ruhig und aufreizend. Ihn gänzlich als Opfer zu stilisieren, geht also auch nicht. Der Austria-Spieler hatte durchaus Mitschuld, wenn auch nicht hauptsächlich.

+ Steffen Hofmann verhielt sich im Zuge der „Eckballszene“ auch nicht seniorig. In Absprache mit dem Schiedsrichter begab er sich als Ersatzspieler in die Ecke, um die aggressiven Fans ein wenig zu beruhigen. Das tat er anfänglich auch, was man auch auf den TV-Bildern noch kurz erkennt. Sekunden später verschwörten sich ein Rapid-Ordner und er aber ebenfalls gegen Holzhauser. Angesichts dessen weiterhin provokanten Art, die wenig zur Deeskalation beitrug, zu Recht. Aber andererseits mit den völlig falschen Gesten und ihrerseits einer unangebrachten Derby-Grundaggression. Hier hätten schlichtweg alle „erwachsener“ reagieren müssen. Der Fokus Hofmanns hätte weiterhin den Fans gelten müssen. Wenn der Rapid-Ehrenkapitän den Ball für den Eckball bereitlegt, sich gar nicht mehr um Holzhauser kümmert und den Blick in Richtung Kurve richtet, um die Fans weiter zu beruhigen, passiert überhaupt nichts.

+ Gleichzeitig flogen weiterhin Wurfgeschosse auf das Spielfeld. Wenn die Reinwerfer nicht durch den Verein belangt werden, wäre das natürlich inakzeptabel. Schadlos halten lautet die Devise; die Bundesliga wird mit Geldstrafen nicht sparen.

+ Last but not least hat auch Schiedsrichter Harkam Mitschuld an der unglücklichen Situation. Der Steirer hatte nicht zum ersten Mal eine hitzige Partie kaum im Griff und wurde mit jedem Fehlpfiff unsicherer. Abgesehen von seinen Fehlern während des Spiels, hatte die mangelnde Auflösung der „Eckballsituation“ nichts mit Fingerspitzengefühl (gibt’s ja laut Schiedsrichtern nicht), sondern vielmehr mit Angst und mangelnder Durchsetzungskraft zu tun. Im Zweifelsfall muss man eben alle Beteiligten von der Eckfahne wegholen, die Situation auflösen und dann nochmal drei Minuten Nachschlag auf die Spielzeit packen. Stattdessen bekam sämtliche Protagonisten einen Freibrief – was darin ausuferte, dass sich alle falsch verhielten.

Das Derby ist vorbei, die Wiener Austria hat mit der Presseaussendung bereits ihre Hausaufgaben gemacht und man darf davon ausgehen, dass Rapid nach der Aufarbeitung der Ereignisse auch noch ein klares Statement abgibt. Und was nun weiter passieren muss? Jeder sollte vor seiner eigenen Türe kehren. Holzhauser und Hofmann müssen schlichtweg reflektieren, ob die Entscheidungen, die sie in der Hitze des Gefechts trafen, die korrekten waren. Je nach möglicher Wiederholung kann man danach ihre Lernfähigkeit bewerten. Die Bundesliga muss ebenso wie Rapid Strafen aussprechen, die Fans allgemein ein bisschen die Füße stillhalten, nachdem die ersten Emotionen bereits verflogen. Und Ordner haben sowieso gar nichts auf dem Spielfeld verloren – völlig egal, wie hitzig die Situation gerade ist. Das Schöne ist, dass man im Leben immer wieder Chancen bekommt, es besser zu machen, als beim letzten Mal…

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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