Jedes Jahr muss ein Verein aus der höchsten Spielklasse in Österreich, der tipp3 Bundesliga, absteigen. Oft wurde diese Entscheidung in den letzten 20 Jahren... Aus der Bundesliga abgestiegen ohne Comeback (5) – First Vienna FC 1991/92

Jedes Jahr muss ein Verein aus der höchsten Spielklasse in Österreich, der tipp3 Bundesliga, absteigen. Oft wurde diese Entscheidung in den letzten 20 Jahren durch Lizenzverweigerungen und Konkurse vorweggenommen. Viele abgestiegene Vereine etablieren sich wieder in der zweiten Liga und kehren irgendwann in die tipp3 Bundesliga zurück. Manche stürzen sportlich weiter ab, manche finanziell. Viele brauchen Jahre oder Jahrzehnte, um sich zu sammeln und wieder den Aufstieg in die tipp3 Bundesliga schaffen zu können. Die Vienna stieg im selben Jahr über das mittlere Playoff ab, wie der Kremser SC (beschrieben im 3. Teil dieser Serie). Dabei hätten nur wenige Tore mehr genügt, um den bis heute nicht mehr erreichten Status des tipp3Bundesligisten zumindest ein weiteres Jahr erhalten zu können.

Seit dem Kriegsende spielte die Vienna bis 1974 immer in der höchsten österreichischen Leistungsstufe. Quasi zeitgleich mit der Gründung der Organisation der Bundesliga im Jahr 1974 wurde die Vienna für einige Zeit zur „Fahrstuhlmannschaft“. Von 1974 bis 1986 war man jeweils vier Mal Absteiger und Aufsteiger. Unter Trainer Ernst Dokupil konnte man sich dann Ende der 1980er-Jahre wieder im Mittelfeld der tipp3 Bundesliga etablieren und sogar Europacup spielen. Nach einjährigem Trainer-Gastspiel von Felix Latzke übernahm 1991 Peter Leitl, ehemaliger Abwehrspieler der Admira und des WSC, bei der Vienna seinen einzigen nennenswerten Trainerjob im Profifußball.

Der Kader

Der Kader der Vienna bestand 1991/92 eigentlich aus einer guten Mischung von erfahrenen und jungen Spielern. Zu den erfahrenen gehörte zum Beispiel die Austria-Legende Gerhard Steinkogler: Er spielte bereits seit 1986 bei der Vienna und bestritt auf der Hohen Warte sein letztes Karrierejahr in der Bundesliga. Auch Günther Vidreis spielte seine letzte Bundesliga-Saison in diesem Jahr bei der Vienna. Relativ jung, aber doch schon etabliert in der Bundesliga-Mannschaft der Vienna, war auch Andreas Lipa, der danach einige Jahre in der zweiten Liga spielte und später mit Austria Lustenau in die Bundesliga zurückkehrte.

Zu den weniger erfahrenen Kaderspielern gehörte Stürmer Bruno Friesenbichler, der sich allerdings erst als Sturm-Graz-Spieler beziehungsweise Jahre später als Bregenz-Stürmer in der Bundesliga durchsetzen konnte. Ebenso Herbert Wieger, der bei der Vienna erst gegen Ende der Saison richtig auf Touren kam und später insbesondere im GAK- und Admira-Dress in der tipp3-Bundesliga aufzeigte, ehe er zuletzt als Spieler und Sportdirektor den Kapfenberger SV in die tipp3 Bundesliga zurückführte.

Ein junger Mann jedoch, der auf Grund des Krieges im Sommer 1991 in seiner kroatischen Heimat aus Split auf die Hohe Warte gekommen war, legte in diesem Jahr bei der Vienna eine starke Premierensaison hin: Ivica Vastic. Im Laufe der Saison sollte er derjenige werden, der den Rookie der Vorjahressaison, nämlich Hannes Reinmayr, im Vienna-Mittelfeld ersetzen konnte.

Jeweils ein sehr erfahrener und ein junger Offensiv-Spieler haben die Vienna nämlich bereits vor der Saison verlassen: Zum einen die frühere Austria-Legende Alfred Drabits, der seine Karriere in der Bundesliga beendet hatte, und zum anderen eben Hannes Reinmayr, der in der Saison 1990/91 den Durchbruch geschafft hatte und vor der Abstiegssaison der Vienna zum FC Linz gewechselt war. Die gute Mischung in der Mannschaft der Vienna bewirkte eine positive Atmosphäre und gab einem stets das Gefühl, dass diese Mannschaft eigentlich ligatauglich ist. Doch der Saisonverlauf mit einem knappen und unglücklichen Finish im mittleren Playoff ließ die Vienna 1992 trotzdem zum Absteiger werden.

Der Saisonverlauf

Der Start der Saison 1991/92 verlief erwartungsgemäß und nicht besorgniserregend. In den ersten sieben Runden erreichte die Vienna zwei Siege, drei Unentschieden und verlor nur zwei Spiele knapp. Doch ab der achten Runde folgten immer wieder deutliche und demotivierende Niederlagen – wenn auch gegen die Topclubs der Liga: 1:5 am Innsbrucker Tivoli, 0:5 in Salzburg-Lehen oder 0:4 zuhause gegen Rapid. Bei diesem Heimspiel gegen Rapid im September 1991 kam übrigens ein gewisser Ivica Vastic nach 84 Minuten zu seinem Bundesliga-Debut. Bereits ab der 13. Runde stand er dann regelmäßg in der Startelf.

Die Saison verlief für die Vienna zwar weiterhin durchwachsen, Vastic hingegen entwickelte sich in kürzester Zeit zum gefährlichsten Offensiv-Akteur der Blau-Gelben. Bereits beim ersten Spiel von Beginn an erzielte er das entscheidende Tor gegen Krems. Von da an war er für sechs von elf Vienna-Toren im Grunddurchgang selbst verantwortlich. Dennoch erreichte die Vienna im Grunddurchgang nur Platz 11 von 12 und musste daher im Frühjahr im mittleren Playoff um den Ligaerhalt spielen.

Im mittleren Playoff

Um den Klassenerhalt über das mittlere Playoff erreichen zu können, holte die Vienna für das Frühjahr Slobodan Brankovic von St. Pölten zurück. Dieser hatte bereits vor fünf Jahren für die Vienna gespielt und in der Zwischenzeit für St. Pölten und Vorwärts Steyr jede Saison mehrfach gescort. Das Saisonfinish verlief aber denkbar knapp und tragisch – wie bereits im Herbst war auch das Frühjahr durchwachsen. Richtig schlecht über mehrere Runden spielte die Vienna in dieser Saison aber eigentlich nie. In der letzten Runde konnte auf der Hohen Warte (vor einer enttäuschenden Kulisse mit nicht einmal 1.000 Zusehern) der Tabellenführer des mittleren Playoffs, nämlich der SK Sturm Graz, geschlagen werden. Damit stand man auf dem rettenden 4. Platz, war jedoch abhängig vom Ausgang des Spiels GAK gegen WSC. Das Spiel in Graz musste wegen eines starken Gewitterregens abgebrochen und am darauffolgenden Tag erneut durchgeführt werden.

Der GAK stand bereits als Absteiger fest, der WSC jedoch lag nur einen Punkt hinter der Vienna, die das Spiel im Grazer Casinostadion am kommenden Tag ohnmächtig verfolgen musste. 1:4 lag der WSC nach 75 Minuten zurück, doch ein starkes Finish mit zwei Janeschitz-Toren verhalf dem Vienna-Konkurrenten im Abstiegskampf zum rettenden Punkt. Der Vienna fehlten schlussendlich auf den punktegleichen WSC nur drei Tore im Mittleren Playoff und so belegte man den 5. Platz (von 8). Eine denkbar knappe Entscheidung führte damit zum Abstieg dieses Traditionsvereins.

Wie es mit Ivica Vastic weiterging? Nach kurzen, aber starken Auftritten für St. Pölten und die Admira in der Bundesliga wechselte er nach Deutschland zu Duisburg, ehe ihn Hannes Kartnig zu Sturm nach Graz holte – ebenso wie seinen Vorgänger im offensiven Vienna-Mittelfeld: Hannes Reinmayr. Was folgte, war Geschichte…

Die Jahre danach

Seit dem Juni 1992 also fehlt Österreichs ältester Fußballklub First Vienna FC in der Bundesliga. In den ersten Jahren in der zweiten Liga durfte man nach starken Herbstrunden zeitweise – insbesondere unter Trainer Rudi Eggenberger – vom Wiederaufstieg träumen. Doch dazu kam es nie – im Gegenteil: 2001 stieg die Vienna nach verlorener Relegation gegen den FC Lustenau  in die Regionalliga Ost ab. Inzwischen wurde zwar der Wiederaufstieg in die Heute-für-Morgen-Erste-Liga geschafft, jedoch kämpft die Vienna hier bereits das vierte Jahr nur gegen den Abstieg. Dennoch wurde auch dieser Traditionsverein von seinen Fans über die Jahre nie im Stich gelassen. Auf Grund der besonderen Atmosphäre auf der Hohen Warte steht die Vienna immer noch unter besonderer – wohlgesinnter – Beobachtung vieler österreichischer Fußballfans. Man darf gespannt sein, wohin die Reise in den kommenden Jahren führen wird!

Matthias Pokorny, abseits.at

Matthias Pokorny

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