Rapid-Trainer Zoran Barisic sagte im Interview nach dem 0:1 gegen Hartberg, dass man aktuell nicht schlecht spielt – mit dem Nachsatz: „Das möchte ich... Kommentar: Rapid, das schöne Spiel und die zwei Phasen in einer Partie

Rapid-Trainer Zoran Barisic sagte im Interview nach dem 0:1 gegen Hartberg, dass man aktuell nicht schlecht spielt – mit dem Nachsatz: „Das möchte ich einmal betonen, zumindest für die, die sich im Fußball mehr oder weniger auskennen“. Barisic erklärte weiter: „Das ist mir wichtig. Mir ist wichtig, wie die Mannschaft auftritt, welche Leistung die Mannschaft bringt“.

Stimmt schon: Rapid spielte grundsätzlich gut. Was bei dieser Kurzanalyse aber viel zu kurz kommt, sind – wie sehr häufig – die Frage nach dem Spiel gegen den Ball und nach dem Pressing. Es war einmal mehr praktisch nur die Rede davon, wie sich die Mannschaft in Ballbesitz anstellte und wie man spielerische Lösungen fand. Aber neben der Abschlussschwäche wurde keine andere Schwäche im Spiel angesprochen. Und so wurde das 0:1 in Hartberg wieder massiv vereinfacht, anstatt danach auch den Fokus auf die zweite, wichtige Phase – nämlich die außerhalb des Ballbesitzes – zu richten.

Ich extrahiere hiermit ein Posting, das ich nach dem Spiel im Austrian Soccer Board verfasst habe und lasse es hier als „Kommentar“ stehen:

Ich hab häufig das Gefühl, dass Zoki in seinen Analysen gerne vergisst, dass ein Fußballspiel aus zwei Phasen besteht – nämlich aus der, in der man selbst den Ball hat und aus der, wo ihn der Gegner hat.

Wenn man sich die Aktion, die zum Gegentor führte, von Anfang bis Ende ansieht, dann sieht man wieder mal wie planlos das Spiel gegen den Ball war. Unfassbar, wie wenig (nämlich gar keiner!) Gegnerdruck Sangaré im Mittelfeldzentrum hatte und einfach verteilen konnte.

Es war ganz klar, dass Hartberg gut kontert (haben wir ja noch gestern in der Vorabanalyse geschrieben), trotzdem gab es in zahlreichen Szenen keine adäquate Restverteidigung. Hartberg hat einfach die linke Abwehrseite mit Sollbauer und Moormann konsequent im Umschalten bespielt, hätte bei besseren Laufwegen in letzter oder vorletzter Instanz auch locker noch 1, 2 Tore reinkontern können.

Wir wissen zudem, dass Schopps Hartberg sauber hinten rausspielen will, den Ball kaum wegschlägt, den Torhüter einbindet. Dann läufst du gelegentlich recht gut mit Burgstaller und der Dreierreihe dahinter an, stellst dahinter aber genau Null Gegnerdruck her, stellst nicht mal die neuralgischen Räume im Zentrum zu und so ist das hohe Pressing für die Katz‘, weil die dahinter entweder nicht nach Konzept handeln oder es eben kein klares Pressingkonzept gibt.

Oberflächlich betrachtet hat man das Spiel nicht gewonnen, weil man die Tore nicht gemacht hat – ist schon richtig. Wenn man aber ein bisschen in die Tiefe geht und die beschriebenen zwei Phasen eines Spiels genauer betrachtet, hätte man mit besserem Spiel gegen den Ball (und das war meiner Meinung nach wieder schlecht!) am Ende nicht zwei komma irgendwas xG gehabt, sondern eher vier komma irgendwas. Und das muss mein Anspruch sein, wenn ich einen Tag hab, wo nichts reingeht: Nämlich das Erzwingen von noch mehr Torchancen.

Im Ballbesitzspiel, das phasenweise gefällig ist, erarbeitet man sich ja die Chancen. Erzwingen kann Rapid aber fast nie etwas, weil das Spiel gegen den Ball nicht so ist, wie es sein sollte. Es ist nach der Partie unglaublich, dass man davon sprechen muss, dass noch mehr Torchancen nötig gewesen wären – aber eine gute Mannschaft hätte eben genau das gemacht. In-Game-Anpassung auf die ganz klaren Aufbaustrukturen Hartbergs, deutlich konsequenteres Mittelfeldpressing, weitere Stärkung der Zentrale und so noch mehr Druck aufbauen, noch mehr Chancen kreieren/erzwingen und schließlich doch noch irgendeinen oder sogar zwei reinnudeln.

Stattdessen nimmt man Oswald runter, ändert das System erst in Minute 88. Es war einfach wieder mal das Prinzip Hoffnung, ähnlich wie im Derby. Nach dem Motto „wir sind eh klar besser, irgendeiner wird schon reingehen“. Aber wenn ich nach 70 Minuten immer noch 0:1 hinten bin, muss ich halt dafür sorgen, dass wir noch besser, noch zwingender, noch giftiger gegen den Ball sind. Und das wurde nicht gemacht, womit man wieder mit leeren Händen dasteht. Und aufgrund der zwei Phasen bin ich auch der Meinung, dass es insgesamt kein gutes Spiel der Mannschaft war. Zum Fußball gehört halt mehr als das gerne herangezogene „einfache Spiel“ in Ballbesitz. Die Partie war im Grunde durch entsprechendes Coaching zu gewinnen, aber genau wie Rapid als Verein immer zu lange an erfolglosen Konzepten festhält, hat auch das Trainerteam in Hartberg zu lange zugesehen und gehofft, dass schon einer reingehen wird.

Absolutes Sinnbild für alles, die Partie.

(Kommentar Daniel Mandl)

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen