Wieso die SV Ried am gestrigen Abend einen Punkt gegen Rapid entführte, weiß die Mannschaft aus dem Innviertel wohl selbst nicht so genau. Die... Pressingintensiv: Rapids beste Auswärtsleistung bleibt unbelohnt

Wieso die SV Ried am gestrigen Abend einen Punkt gegen Rapid entführte, weiß die Mannschaft aus dem Innviertel wohl selbst nicht so genau. Die Hütteldorfer spielten im dritten und letzten Spiel unter Interimscoach Steffen Hofmann so, wie es sich die Fans von den Wienern immer wieder erhoffen.

Rapid startete im typischen 4-2-3-1, musste unter anderem auf den erkrankten Kapitän Maximilian Hofmann verzichten. Dieser wurde erneut solide von Martin Moormann ersetzt. Der einstige Dauerbrenner Maximilian Ullmann nahm nur auf der Bank Platz, denn den Vorzug auf der Linksverteidigerposition bekam Jonas Auer, der seine Chance prompt nutzte und eine sehr mutige, offensive Partie abspulte.

Ballo als wichtige Komponente im Positionsspiel

Im offensiven Mittelfeld entschied sich Hofmann nicht für Taxiarchis Fountas, sondern für Thierno Ballo, der mehr Positionstreue in diese Zone und vor allem mehr Ballaktionen im zentralen Zwischenlinienraum bringen sollte. Dieses Experiment – Ballo spielte ansonsten eher als Rechtsaußen – ging spielerisch nicht wirklich auf, allerdings war die junge Chelsea-Leihgabe eine wichtige Komponente im Positionsspiel gegen den Ball, wenn Ried aufbaute.

Rapid „jagt“ den Ball

Rapid überraschte mit der Herangehensweise an die Partie doch deutlich und verlagerte sich speziell aufs Anpressen des Rieder Spielaufbaus. Die Mannschaft von Interimstrainer Steffen Hofmann konnte dabei nicht nur längere Druckphasen aufrechterhalten, als in allen anderen Saisonspielen, sondern wirkte auch mannschaftlich und gruppentaktisch sehr gefestigt. Erstmalig in der laufenden Saison sah man Rapid „den Ball jagen“. Und das nicht vor den Augen von Neo-Coach Ferdinand Feldhofer, dessen Plan dies auch in Zukunft mit den Grün-Weißen ist. Der weilte in Genk und sah sich den letzten Gruppengegner in der Europa League genauer an.

Hohe Intensität auch in der tieferen Pressinglinie

Einer der Schlüssel für das intensive Pressing der Hütteldorfer war die Durchschnittsposition der Doppelsechs. Grahovac und Ljubicic agierten in der Tiefe wesentlich fluider als sonst, schoben immer wieder sehr hoch, schlossen damit die Löcher hinter der ersten Pressinglinie gut. Bei durchschnittlichen Erfolgswerten (fast genau 50%) zogen die beiden insgesamt 40 Zweikämpfe und Kopfballduelle, wodurch Rapid große Intensität entgegensetzen konnte, wenn Ried über die erste Linie kam.

Nur kurze Phasen mit sicheren Riedern

Das war aber ohnehin meistens nur wackelig der Fall, denn Kara und die offensive Dreierreihe pressten die Innviertler gut, leiteten sie immer wieder in ungünstige Zonen und ließen vor allem nicht locker. Mit einer derartigen Aktivität gegen den Ball hatten die Rieder offensichtlich nicht gerechnet und man tat sich schwer, den Spielaufbau kontrolliert durchzuziehen. Einzig als man den Wienern nach dem 2:1 den Ball überließ und sie somit zum kreativeren Handeln zwang, bekam Ried das Spiel besser in den Griff. Darüber hinaus musste Ried gleich 33 (!) klärende Aktionen umsetzen.

Rapid scheitert an Chancenauswertung und Pech

Wenn Ried einen guten Spielaufbau vollzog und hinter einen Spieler der Rapid-Doppelsechs kam, öffneten sich durchaus immer wieder Räume, weshalb sich eine offene und flotte Partie entwickelte. Dass man das Spiel aber nicht klar verlor, lag an der mangelnden Chancenauswertung der Wiener und auch an jeder Menge Glück aus Sicht der Rieder. Etwa bei einem Stangenschuss von Marco Grüll, dem unglücklichen Eigentor von Filip Stojkovic oder beim aberkannten Ausgleichstreffer von Ercan Kara, den Christoph Knasmüllner wenige Minuten später nach perfekter Auer-Flanke dennoch nachholte. Rapid brachte es aber auf 17 Abschlüsse von innerhalb des Strafraums, weshalb man sich diesmal tatsächlich sehr wenig vorzuwerfen hat. Ein großes Problem der letzten Jahre war eher, dass man gar nicht erst zu derart vielen gefährlichen Abschlüssen kam. In diesem Fall lag es also tatsächlich an der viel zitierten Chancenauswertung.

Beste Auswärtsleistung der Saison

Ein Rapid-Sieg wäre aufgrund der gezeigten Intensität verdient gewesen und man sah auch, dass einige Reservisten, wie etwa der bereits genannte Auer, hohe Qualität mitbringen. So konnte Hofmann im Laufe der Partie Hochkaräter wie Fountas oder Knasmüllner einwechseln, die schließlich doch noch für den Umschwung sorgten. Für drei Punkte reichte es zwar erneut nicht, aber Rapid zeigte die beste Auswärtsleistung der laufenden Saison und machte mit dem 2:2 in Ried Lust auf mehr.

Mit Schwung und Intensität ins Derby?

Interessant ist nun die Frage, wie das Derby am kommenden Sonntag verlaufen wird. Mit derselben, hohen Pressingintensität sollte der erste Sieg über den Erzrivalen seit Stadioneröffnung machbar sein. Interessanterweise zeigte Rapid diese überraschende Pressingleistung praktisch aus dem Nichts und bewies damit, dass man die Idee des „Ball- und Gegnerjagens“ durchaus beherrscht. Nun wird es aber darauf ankommen, die „Schizophrenie“ aus der Mannschaft zu bekommen, denn die Konstanz in aufeinanderfolgenden Spielen ließ in der jüngeren Vergangenheit sehr häufig zu wünschen übrig. Mit der Leistung im Innviertel und dem Trainerwechsel hin zu Ferdinand Feldhofer, der genau diese Art des Spiels forcieren wird, darf sich der geneigte Rapid-Fan aber vorsichtig eine Art Trainereffekt für das große Wiener Derby erhoffen.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen