16 Jahre lang war er der Mann für die großen „Rapid-Momente“. Von den Fans zum Fußballgott hochstilisiert, vom Verein als Legende vermarktet, beendet Steffen... Wenn der Fußballgott für „Rapid-Momente“ sorgte…

16 Jahre lang war er der Mann für die großen „Rapid-Momente“. Von den Fans zum Fußballgott hochstilisiert, vom Verein als Legende vermarktet, beendet Steffen Hofmann diesen Sommer seine Karriere. In Hütteldorf geht eine Ära zu Ende.

Es war der 28.April 2002 als Steffen Hofmann erstmalig direkten Kontakt mit dem österreichischen Rekordmeister hatte. Rapid verlor auswärts bei Austria Salzburg mit 1:6. Hofmann saß – damals noch als Spieler der Bayern Amateure – auf der Tribüne, sein Landsmann Thomas Sobotzik erzielte das Ehrentor für Grün-Weiß. Kurz zuvor hatte Hofmann seinen ersten Vertrag beim SK Rapid unterschrieben.

„Der letzte Bolzplatzkicker“

Der damalige Coach Lothar Matthäus hatte dem gebürtigen Würzburger Wien schmackhaft gemacht. Als „einer der letzten Straßenfußballer“ wurde die spätere Nummer 11 Rapids angepriesen. Rapid beendete die letzte Saison vor Hofmann als Achter, Matthäus musste gehen. Mit der Verpflichtung von Steffen Hofmann waren die Fans dennoch zufrieden. Neue Impulse konnten dem angeknacksten Rekordmeister nicht schaden.

Der Mann für die „Rapid-Momente“

In den folgenden 16 Jahren sollte jener ruhige Mittelfeldspieler aus Deutschland Wiener Fußballgeschichte schreiben – und für zahlreiche „Rapid-Momente“ sorgen. Diese Momente, untermalt vom traditionell lauten Block West bzw. dem gesamten Stadion, sind das, wonach die Fans lechzen, was aber in letzter Zeit immer seltener wurde. Keiner lebte diese Momente in den letzten 16 Jahren so intensiv wie Steffen Hofmann.

Erster Treffer für Rapid im Derby

In seinem zehnten Spiel für Rapid erzielte Hofmann sein erstes Tor. Nach 88 Minuten traf er im Derby gegen die Austria mit einem perfekten Fernschuss zum 1:2. Rapid hatte nach dem Dachumbau das Hanappi-Stadion wiedereröffnet und jeder wollte einen Sieg gegen Stronachs Austria sehen. Die übermächtigen Violetten versalzten Rapid die Suppe, Tore von Dheedene und Helstad sorgten für einen violetten Sieg. Aber Hofmann ließ nach seiner Einwechslung erstmals aufblitzen, was in ihm steckte.

Das Wunder von Kazan

Hofmanns erstes Europacupspiel in Grün-Weiß gab es erst zwei Jahre später zu bewundern. In der UEFA-Cup-Qualifikation setzte es eine enttäuschende 0:2-Heimniederlage gegen ein starkes Rubin Kazan. Beim Rückspiel zwei Wochen später in Tatarstan sorgte eine unglaubliche Kraftleistung Hofmanns für einen 3:0-Auswärtssieg und das „Wunder von Kazan“. Hofmann war mit zwei Treffern maßgeblich beteiligt und das Spiel ging nicht nur wegen der kultigen Auswärtsfahrt in die Geschichtsbücher ein.

Der erste Meistertitel und die Flanke in Moskau

Neun Monate später stemmte Hofmann erstmals den Meistertitel in den Wiener Nachthimmel. Der Kapitän erzielte in den richtungsweisenden Heimspielen gegen Pasching und Salzburg jeweils einen Treffer und brachte Rapid spät in der Saison auf Meisterkurs. 24-jährig holte Hofmann seinen ersten von zwei Meistertiteln und vergoldete diesen fünf Monate später mit seiner Flanke auf Jozef Valachovic‘ Kopf in Moskau, der Rapid in die Champions League brachte. Ein halbes Jahr später wagte er den Schritt zurück nach Deutschland, von wo aus er nach nur einem halben Jahr von Präsident Rudi Edlinger zurück nach Wien gelotst wurde.

Schwierige Rückkehr nach Wien

Steffens Rückkehr nach Wien – zumindest zu einem Pflichtspiel ins Hanappi-Stadion – verzögerte sich aber: Nach einem überharten Einstieg von Stefan Lexa beim 0:1 in Ried riss bei Hofmann ein Band im Knie und erstmals in seiner Karriere musste er längere Zeit pausieren. Erst 3 ½ Monate später gab er sein Comeback in seinem Wohnzimmer in Hütteldorf. Die weitere Saison verlief zäh und Hofmann sollte erst in der darauffolgenden Saison wieder so richtig durchstarten.

Über den Europacup zu alter Stärke

Wieder einmal hievte sich Hofmann über den Europacup zurück in seine Topform. In den ersten sechs Europacupspielen der Saison traf er siebenmal. Zuerst gelang ihm ein Doppelpack gegen Slovan Bratislava, dann ein erfolgreiches Wiedersehen mit Rubin Kazan. Als Hofmann im Heimspiel beim Stand von 2:1 bereits einen Treffer erzielte, aber sicher war, dass dieses Ergebnis zu einem schwierigen Rückspiel führen würde, nahm er sich ein Herz und knallte den Ball in der Nachspielzeit zum 3:1 in die Maschen. Wieder einmal ein Willensmoment, den man lange nicht vergaß.

Hofmann und das leere Tor

Im letzten Spiel der Herbstsaison gelang Hofmann ein bis dato neues Kunststück: Beim 2:0-Sieg über den LASK sorgte er in der Schlussphase der Partie nach einem präzisen Auswurf von Helge Payer ein Empty Net Goal aus etwa 50 Metern Distanz und relativ spitzem Winkel. LASK-Torhüter Cavlina war für die letzte Aktion in den Sturm beordert worden. Jahre später gelang Hofmann ein weiteres Tor von der Mittellinie: Beim sensationellen 3:0-Heimsieg über PAOK Saloniki ließ er das volle Hanappi-Stadion beben, als sein kaum scharfer Abschluss zum Entscheidungstor über die Linie kullerte.

Der denkwürdige Ostersonntag

Gegen Ende der Saison machte sich Rapid mit dem furiosen Duo Hoffer und Maierhofer zum Titelanwärter und angeführt von Hofmann besiegte Rapid den Tabellenführer aus Salzburg am Ostersonntag 2008 auswärts mit 7:0. Das siebte Tor durch den Rapid-Kapitän war die kitschige Krönung einer denkwürdigen Partie, die Rapid auf den Weg zum 32.Meistertitel brachte. Zum zweiten und letzten Mal stemmte Hofmann vier Wochen danach den begehrten Teller.

Schützenkönig, Assistkaiser

In den nächsten zwei Saisonen steuerte Hofmann 38 Tore und 49 Assists bei, holte sich 2010 die Torjägerkrone. 2009 brachte seine scharf angeschnittene Freistoßflanke Rapid gegen den damaligen Tabellenführer der deutschen Bundesliga, den Hamburger SV, auf die Siegerstraße. Rapid gewann mit 3:0. Im November folgte ein Derbydoppelpack nach Hofmanns womöglich bester Leistung gegen den Erzrivalen.

Wichtige Tore gegen Salzburg – selbst mit Brille…

Auch in den nächsten Jahren rissen die wichtigen Tore nicht ab. Der Siegtreffer zum 2:1 gegen Salzburg nach 93 Minuten am 1.August 2010 war wohl ein Vorbote dafür, dass Rapid wenige Wochen später zum zweiten Mal Aston Villa aus dem EL-Playoff kicken konnte. Etwa zwei Jahre später brachte Hofmann Rapid wieder gegen Salzburg auf die Siegerstraße. Diesmal mit einem seiner unzähligen Freistoßtore zum 1:0 in der Anfangsphase – Hofmanns Einsatz war kurz zuvor wegen einer Augenverletzung kurz zuvor noch unsicher. Deshalb spielte der eiserne Kämpfer mit einer „Edgar Davids Brille“.

Die letzte große Saison

Auch im fortgeschrittenen Fußballeralter sorgte Hofmann immer noch für Aufsehen. Etwa beim sensationellen 5:2-Auswärtssieg gegen die Austria, bei dem Hofmann mit einem Sprint übers ganze Feld das vierte Tor beisteuerte. Kurz danach kratzte Rapid dank Hofmanns Freistoß zum 2:2 an der großen Sensation gegen Shakhtar Donetsk. Ein Sieg hätte die Champions-League-Teilnahme fixiert. Aber auch in der Europa League ließ er aufhorchen, etwa mit seinem entscheidenden Elfertor gegen Villarreal oder den wichtigen Toren gegen Dinamo Minsk und Viktoria Pilsen. Letzterer Treffer verhalf Rapid zu einem 3:2-Erfolg und einer der besten Leistungen unter Barisic.

Letzter Jubel gegen Altach!?

Hofmanns letzte Torjubel fanden passenderweise gegen Rapids morgigen Gegner Altach statt. Beim 3:0-Heimsieg in der Vorsaison erzielte er das 1:0 aus dem Spiel heraus und das 2:0 vom Elfmeterpunkt. Morgen wird Hofmann das letzte Mal in einem Pflichtspiel vor heimischem Publikum auflaufen. Unterm Strich stehen 127 Tore und 208 Assists in bis dato 539 Pflichtspielen für den SK Rapid.

Ein Hofmann braucht keine Videos

Und jetzt der Clou an der Sache: Um diesen Artikel zu verfassen, war es nicht nötig auch nur ein einziges Video anzusehen. Ein Scrollen durch die Rapid-Spiele der letzten 16 Jahre und die schiere Erinnerung an Hofmanns Rapid-Momente reichte. Die jüngere Generation der Rapid-Fans lebte mit ihrem Rekordspieler mit wie mit keinem anderen Akteur… und wird vermutlich auch in Zukunft mit keinem anderen Spieler ähnlich mitleben, wie mit dem 37-jährigen Deutschen. Morgen wird Hofmann zum letzten Mal vor eigenem Publikum um Punkte spielen. Der Vorhang fällt aber erst am 22.Juli, wenn Steffens Abschiedsspiel vor ausverkauftem Weststadion stattfinden wird.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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