Der Rasen im Liebenauer Stadion ist aktuell gesperrt. Aufgrund seines miserablen Zustands kann nicht gespielt werden. Nicht zum ersten Mal sorgt das Geläuf in... Schnee, Regen, Gift und Gatsch: Graz und seine Rasen-Pleiten

Der Rasen im Liebenauer Stadion ist aktuell gesperrt. Aufgrund seines miserablen Zustands kann nicht gespielt werden. Nicht zum ersten Mal sorgt das Geläuf in Graz für ein Kuriosum. abseits.at hat einen Blick ins Archiv geworfen und fand schneeschaufelnde Spieler und Fans, Gift-Attacken, Wasserschlachten und Co.

Aufgrund des unbespielbaren Rasens muss der SK Sturm für die Partien gegen Red Bull Salzburg in der Liga sowie im Cup drei Tage später nach Klagenfurt ausweichen. Das erste Spiel wurde 2:1 gewonnen. Der GAK muss übrigens für seine Heimspiele nach Gleisdorf ausweichen. Die Liga sperrte das Liebenauer Geläuf, u.a. aufgrund der hohen Verletzungsgefahr. Der Fall kommt für die Stadt Graz zur Unzeit. Hat man 2021 doch umfangreich als Sportjahr 2021 ausgerufen, unzählige Aktionen sollen die Grazer zum Sporteln anregen, es gibt Botschafter von Armin Assinger bis Franco Foda.

Eine starke Aktion, keine Frage. Und so wichtig wie nie, in Zeiten wie diesen. Umso bitterer schmeckt nun also die Blamage mit dem Liebenauer Stadionrasen. Und entsprechend spöttisch fielen jede Menge Kommentare auf Social Media und Co. aus. Die Fankurve positionierte außerdem schwarze Trauerkreuze („Hier ruht der Grazer Fußball“) und sorgten mit einem riesigen Spruchband unterm Uhrturm an die Adresse von Stadtchef Siegfried Nagl – der aktuell Pläne für eine U-Bahn wälzt – für Aufsehen („Wie soll ein Mann, der bei einem Rasen an seine Grenzen stößt, eine U-Bahn bauen?“). Verantwortlich für die Misere ist die Stadt Graz bzw. die Messe-Holding selbiger, die zwar schnell mit Rasenersatzstücken aktiv wurde, damit aber leider zu spät reagierte. Und all das, wie eingangs erwähnt, dieser Tage an denen das Grazer „Sportjahr 2021“ startet.

Wer sich ins Archiv begibt und nach negativen Ereignissen rund um den SK Sturm und seinen Stadionrasen sucht, wird gleich in mehreren Fällen fündig. Vorab: den Verein trifft gar keine Schuld und die Auflistung folgender, teils kurioser, Vorfälle ist daher auch nicht als Anprangerung Sturms zu verstehen. Denn: Wer am meisten unter Rasen-Blamagen wie der aktuellen leidet ist der SK Sturm selbst, der dieser Tage um zwei wichtige Heimspiele umfällt und ins Exil ausweichen muss. Werfen wir also einen Blick auf bereits zurückliegende Fälle in denen man bei den Schwarz-Weißen mit miserablem Geläuf zu tun hatte.

Der Nachbar hilft aus

Die 50er Jahre: immer wieder einmal kommt es vor, dass die Wiese in der Gruabn wegen Regen- oder Schneemassen nicht bespielt werden kann. Die Schwarz-Weißen müssen für die Heimspiele in die nahe Conrad-von-Hötzendorf-Straße ausweichen, wo man am Platz des Grazer Sportklub spielt. Der Sportklub spielt heute übrigens in der Gruabn.

Eiskalte Trainingsmethoden

Februar 1969: Sturm spielt in der Gruabn. Der Rasen der Kampfbahn in Graz-Jakomini ist unbespielbar – zu viel Schnee. Trainer-Legende Gerdi Springer reagiert pragmatisch und macht aus der Not eine Tugend: Die Spieler werden als Trainingseinheit zum Schneeschaufeln abkommandiert! Mit Erfolg, der Platz kann bespielt werden.

Deutsche Schelte für den „Ösi-Rasen“

Winter 1976: Sturm trifft im alten Liebenauer Stadion im UEFA-Cup auf Eintracht Frankfurt. Der Spieluntergrund ist aufgrund der wechselhaften winterlichen Witterungen in erbärmlichem Zustand. Und kommt vor allem in der deutschen Presse schlecht weg, die sich über den ramponierten Rasen der Ösis echauffiert.

Für Jausn und a Bier – und für ein Heimspiel

Jänner 1996: Der SK Sturm kommt aus dem Trainingslager auf Gran Canaria zurück ins winterliche Graz. Wo – inzwischen wieder in der Gruabn – nicht gespielt werden kann, da der Platz von Eis überzogen ist. An den sonnigeren Stellen liegt Schnee. Reporter-Legende Robert Seeger spricht von einem „vorgefundenen Eislaufplatz auf dem an einen Frühjahrsauftakt nicht zu denken ist.“ So ist es. Gleich mehrere Spielen fallen aus. Ausweichstadien standen den Schwarzweißen nicht zur Verfügung. Erst Wochen später konnte gegen Vorwärts Steyr endlich gespielt werden (großteils auf Erde statt auf Rasen…), Ivo Vastic (in legendären schwarzen Strumpfhosen) und Co. siegten 4:2 – und hatten das vor allem den fleißigen Fans zu verdanken. Die waren nämlich zu dutzenden am Vortag zum Stadion gekommen um den Rasen vom Schnee frei zu schaufeln nachdem sie von Präsident Kartnig auf „Radio Steiermark“ darum gebeten wurden. Nebst einem Ticket gabs eine Jause.

Griechisches Gift

Herbst 1997: Sturm spielt mittlerweile wieder in Liebenau und tritt im drei Monate zuvor eröffneten neuen Liebenauer Stadion im Cup der Cupsieger auf AEK Athen. Stunden vor dem Spiel ist die negative Überraschung groß: quer über den Rasen zieht sich eine braune Linie. Gerüchte kommen auf? Ein Rasenpilz? Bis heute hält sich die Geschichte von heimlich des Nachts eingedrungenen griechischen Fans die mit einer ätzenden Chemikalie den Rasen vergiftet haben. Noch wochenlang dauert es, bis die Spuren verwischt sind.

Ballett tanzt nicht am Wasser

Herbst 1998: Sturm trifft in der Champions League Gruppenphase daheim auf Real Madrid. Mit der Spielfläche hat das „Weiße Ballett“ keine Freude: Stundenlange Regengüsse verwandeln den Rasen in einen Swimming Pool. Legendär werden die Szenen von Wasser pressenden Apparaten die man einsetzt um das Wasser über die Outlinien zu drängen. Vergebens. Das Spiel kann nicht steigen, zu diesem Zeitpunkt erstmals in der Geschichte der Champions League muss ein Spiel verschoben werden. Einen Tag später verliert Sturm mit 1:5 gegen das Team des damaligen Real Trainers Jupp Heynkes.

Immer wieder kam es auch in den folgenden Jahres des aktuellen Jahrhunderts zu Problemen mit dem Rasen. Denen begegnete man mit Sand oder einzelnen Rasenstücken die vor allem bei den TV-Übertragungen immer wieder hervorstachen. Aber: 2019 wurde der Liebenauer Rasen zum Besten der Liga gewählt. Es geht also auch so. Wie’s jetzt weitergeht? Für den März hilft man sich mit Rasenausbesserungen über die (Liga-)Runden, nach Saisonschluss bekommt Liebenau einen neuen Rasen. Das Ziel des SK Sturm ist ein Europacup-Platz. Einen solchen verdient schon jetzt der Rasen im Trainingszentrum Messendorf. Und Apropos Europacup: Auf selbiges Geläuf wie Sturm in Messendorf setzt auch der Sieger der Champions League, der FC Bayern. Vielleicht ein gutes Omen. Verdienen würden sich die Kicker von Trainer Christian Ilzer einen Rasen in Topzustand auf jeden Fall. Noch hinkt das Geläuf der starken Leistungen der Schwarz-Weißen aber hinterher. Fazit: Möge so schnell wie möglich (frisches, gesundes) Gras über die Sache wachsen.

Philipp Braunegger, abseits.at

Philipp Braunegger