Auf die Derby-Euphorie folgt die Cup-Depression. Rapid scheidet nach Verlängerung aus dem ÖFB-Cup aus und bleibt damit auch in der zehnten Saison in Folge... 10 Jahre ohne Titel: Sturm knackt Rapid dank Kontern und Joker

Auf die Derby-Euphorie folgt die Cup-Depression. Rapid scheidet nach Verlängerung aus dem ÖFB-Cup aus und bleibt damit auch in der zehnten Saison in Folge ohne Titel.

Wie zu erwarten, machte der SK Sturm Rapid nicht denselben Gefallen wie die Austria. Die Grazer gingen früh drauf, lenkten Rapid auf die Seiten und hielten sie dort auch. Speziell in der ersten Halbzeit kam Rapid nur zu sehr wenigen Spielverlagerungen. Wenn eine solche gelang, wurde es aber gefährlich, etwa als zweimal Bolingoli auf der linken Seite eingesetzt wurde, nachdem man sich rechts aus der Grazer Umklammerung befreien konnte.

Sturm in Halbzeit eins mit ein paar Prozent mehr

Insgesamt zeigte Rapid in der ersten Halbzeit aber zu wenig und Sturm ging in viele, teils potentiell entscheidende Szenen mit ein paar Prozent mehr Nachdruck. Zudem wirkten die Grazer besser auf die spielerischen Brennpunkte Rapids eingestellt. Wie bereits erwähnt, versuchte man vor allem Murg weit außen zu halten und auch Rapids Doppelacht mit Ljubicic und Schwab wurde weitgehend gut zugestellt.

Zulj nicht aus dem Spiel genommen

Rapid presste zu breit, war nicht kompakt genug und kam auch nicht zu derart massiven Flügelüberladungen gegen den Ball wie im Derby. Durch Peter Zuljs Abkippbewegungen kam der Dreh- und Angelpunkt Sturms immer wieder im Aufbau an den Ball. Rapid reagierte darauf nicht ideal und schaffte es somit nicht, Zulj aus dem Spiel zu nehmen. Sturm behielt somit in der ersten Halbzeit leichte Vorteile im Aufbauspiel.

Einfachste Gegentore aus Kontern

Bezeichnend war es jedoch, dass Rapid das 0:1 aus einem unkonventionellen Konter kassierte. Ein Ausschuss von Jörg Siebenhandl fand den schnellen Bright Edomwonyi, der einen Blackout der Rapid-Hintermannschaft ausnützte. Strebinger (der später aber für den „Save of the Season“ sorgte) kam zu zögerlich aus seinem Tor, verließ sich auf die absicherenden Bolingoli und Auer, die sich wiederum aufeinander verließen. Aus einer ähnlichen Situation erzielte Edomwonyi später auch das 2:1 – Rapid ließ sich wegen individueller und gruppentaktischer Fehler schülerhaft auskontern, genauso wie man selbst noch Tage zuvor eine ebenso schülerhafte Austria auskonterte.

Zweite Hälfte gehört Rapid

Eine Halbzeit hui, die andere Halbzeit pfui – ein bekanntes Rapid-Problem. In der ersten Hälfte schien Rapid kaum Mittel gegen die aggressiven Grazer zu finden. Eines besseren wurde man jedoch in der zweiten Hälfte belehrt, denn diese gehörte klar und deutlich Rapid. Die Präzision wurde höher und die Spielverlagerungen und Schnittstellenpässe deutlich besser. Zudem reagierte auch Djuricin zunächst gut und machte mit Auer und dem inferioren Berisha die beiden Schwachstellen aus. Mit Thurnwald, Kvilitaia als Mittelstürmer und Schobesberger als Linksaußen wurde es besser.

Kvilitaia lässt das Spiel kippen

Speziell die Hereinnahme des herausragenden Kvilitaia veränderte die Situation schlagartig. Der Georgier bereitete den 1:1-Ausgleich mit einem Torschuss nach einer tollen Bewegung in den Strafraum vor, erzielte das 2:2 selbst und zeigte sich zudem sehr spielfreudig und konkret in seinen Aktionen und Bewegungen. Schobesberger konzentrierte sich am linken Flügel indes zwar auf seine beiden Paradehaken, sorgte auf neuer Position dennoch für mehr Unordnung in der Sturm-Hintermannschaft als zuvor.

Eze dreht die Partie erneut

Man hatte nun das Gefühl, dass ein drittes Rapid-Tor nur eine Frage der Zeit wäre, vielleicht sogar noch in der regulären Spielzeit fallen könnte. Schaub ließ die Chance auf die Entscheidung aus. Zum Leidwesen Rapids, denn in der Verlängerung zeigte man plötzlich wieder ein anderes Gesicht. Der kurz vor Spielschluss eingewechselte Emeka Eze ging in der Offensive weite und unangenehme Wege für Sturm, spielte an der Grenze des Erlaubten und darüber hinaus. Für einen Ellbogencheck wie gegen Thurnwald fasste Rapids legendärer Abwehrspieler Trifon Ivanov 1997 gegen FC-Linz-Verteidiger Stieglmair sieben Spiele Sperre aus. Eze sah nur Gelb.

Partie wird zerfahren, Rapid kann nicht mehr ordnen

Zuvor hatte der Nigerianer aber nach einem eigentlich leicht zu verteidigenden Kraftakt von Thorsten Röcher das 3:2 für Sturm erzielt. Die Grazer hatten damit endgültig das Heft in der Hand und konnten zwanzig Minuten lang destruktiv an die Sache herangehen. Ein bisschen den Ball zur Eckfahne verschleppen, ein paar Härteeinlagen inklusive Diskussionen mit Schiedsrichter Schörgenhofer und da und dort machten Krämpfe das Übrige. Die clevere Elf von Heiko Vogel lullte Rapid ein, nahm Dynamik aus der Partie und Rapid konnte trotz insgesamt größerer Kraftreserven nichts mehr entgegensetzen. Der Spielfluss aus der zweiten Halbzeit war vollkommen zerstört und einzig ein Lucky Punch hätte die Hütteldorfer ins Elferschießen gerettet. Dieser blieb aber aus.

Wenn Sturm mehr von der Bank bringen kann als Rapid…

Auch personell begann Rapid in der Verlängerung Fehler zu machen. Schobesbergers Auswechslung war trotz einer durchschnittlichen Leistung und möglichen Erschöpfungserscheinungen 16 Minuten vor Ende nicht nötig. Armin Mujakic bemühte sich zwar, ist für diesen Level allerdings untauglich. Während Steffen Hofmann, der zumindest Feuer und einen Ruck erzeugen hätte können, erneut auf der Bank versauerte und Mujakic hauptsächlich Fouls beging, entschied Eze – ebenfalls von der Bank gekommen – die Partie zugunsten von Sturm. Die Ablöse für den einstigen Finnland-Legionär betrug 75.000 Euro, womit die Verpflichtung Ezes billiger war, als so mancher – nicht mal führender – Mitarbeiter des SK Rapid jährlich. Aber: Sturm konnte den nicht außerordentlich talentierten, aber sehr giftigen Eze von der Bank bringen – Rapid aufgrund von Joelintons Verletzung nur Mujakic…

Besinnen auf das Wesentliche, um sich klar als zweite Kraft zu positionieren

Drei eigentlich leicht zu verteidigende Gegentore, etwas zu wenig Biss in allerletzter Instanz und das Versäumnis, die Verlängerung nach dem 2:3 wieder eigeninitiativ an sich zu reißen. Das sind die Gründe, warum Rapid beim Cup-Finale in Klagenfurt nur Zuschauer sein wird. Und ein letzter, nicht unwesentlicher Grund, war auch der homogenere Kader des SK Sturm, was Rapid zu denken geben sollte. Im Sommer wird’s drauf ankommen, Fredy Bickel den Rücken zu stärken und entgegen diverser Berichte die Transferschatulle großzügig zu öffnen, damit Rapid sich tatsächlich als klare, angriffige Nummer Zwei hinter Salzburg positionieren kann, anstatt hübsche Balkendiagramme zu veröffentlichen und sich dafür selbst zu loben. Am Ende des Tages geht’s nämlich um Tore und Punkte – wenn diese verhinderbar ausbleiben, wie es gestern der Fall war, wird die Akzeptanz für die wirtschaftlichen Errungenschaften und Entscheidungen bald dahin sein. Denn auch wenn es der Boulevard gerne als Thema vorschiebt: An Djuricin und den allermeisten Spielern gab es nach dem gestrigen Spiel kaum fundierte Kritik…

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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