Nach dem erfolgreichen Pflichtspielauftakt im Cup, wo man sich mit einem klaren 7:0 gegen Spittal durchsetzen konnte, folgte nur wenige Tage darauf nun der... Analyse: Austria müht sich gegen den bosnischen Vizemeister zum Sieg

Nach dem erfolgreichen Pflichtspielauftakt im Cup, wo man sich mit einem klaren 7:0 gegen Spittal durchsetzen konnte, folgte nur wenige Tage darauf nun der erste Auftritt im Europacup in dieser noch jungen Spielzeit. Dabei traf die Wiener Austria auf Borac Banja Luka und damit auf eine kleine Unbekannte, konnte man doch den Gegner nicht wirklich live beobachten und gab es viele Zu- und Abgänge auf Seiten der Bosnier. Das versprach einiges an Spannung für dieses Spiel, in dem die Violetten als klarer Favorit hineingingen und im besten Fall bereits im Hinspiel für klare Verhältnisse sorgen wollten. Doch letztlich sollte es ein härteres Stück Arbeit werden, als man es wohl zunächst erwartet hätte.

Austria startet druckvoll und dominant

Im Vergleich zum Pflichtspielauftakt im Cup gab es nur eine Veränderung, da der zuletzt geschonte Martins als Halbverteidiger Handl in der Startelf ersetzte und damit in die Mannschaft zurückkehrte. Ansonsten setzte man im 3-4-3 erneut auf das Duo Holland/Jukic im zentralen Mittelfeld, während Fischer und Fitz die offensiven Halbpositionen besetzten. Doch in Wirklichkeit war das System der Austria eher ein 3-1-3-3 wenn man so will, denn Holland gab den alleinigen Sechser vor der Abwehr, während Jukic sich weiter nach vorne orientierte und als Verbindungsspieler zwischen Defensive und Offensive agieren sollte, um hier seine Dynamik auszuspielen. Austria-Trainer Wimmer rechnete offensichtlich mit einem tiefstehenden Gegner und kündigte auch an, dass er Borac mit zwei tiefen Viererketten erwarten würde.

Somit war auch klar, dass man mit viel Ballbesitz agieren wird müssen und hier klarerweise Lösungen gefragt sein werden. Von Beginn an rückten die Violetten auch sehr weit nach vorne und versuchten aggressiv und druckvoll nach vorne zu spielen. Als strategisch/neuralgische Zone wurde dabei der linke Flügel ausgewählt, wo man mit Potzmann, Fitz und Jukic ein äußerst spielstarkes Dreieck aufzog. Speziell Jukic und Fitz übernahmen im Übergangsspiel aus dem Spielaufbau heraus wichtige Rollen und kippten immer wieder in den linken Halbraum ab, um den spielerisch limitierten Halbverteidiger Meisl zu unterstützen und das Spielgerät nach vorne zu treiben. Hier gab es immer wieder gute Ballzirkulationen, wo vor allem Fitz und Jukic miteinander harmonierten und auch augenscheinlich den Versuch, den Gegner in diese Zone zu locken, um dann mit diagonalen Spielverlagerungen auf Ranftl die Seite zu wechseln und somit Durchbrüche zu kreieren.

In der Anfangsphase sah dies auch recht vielversprechend aus und die Violetten kamen recht schnörkellos einige Male ins Angriffsdrittel und bis zur Grundlinie. Einzig die Flanken und letzten Pässe waren ein ums andere Mal nicht genau/sauber genug, weshalb man nicht noch mehr Kapital daraus schlagen konnte. Es stellte sich aber auch heraus, dass der Gegner noch destruktiver agieren würde, als man zunächst annahm.

Aus dem 4-4-2 wird ein bosnischer 6-3-1 Beton

Im letzten Testspiel von Borac gegen Vojvodina (1:1) konnte man bereits erkennen, dass das Team aus Banja Luka auf ein klassisches 4-4-2 mit einem tiefen Mittelfeldpressing setzt und hier die Kompaktheit die höchste Priorität genießt. Gegen die Austria wurde es dann sogar noch eine Spur defensiver, da man offensichtlich großen Respekt vor dem Flügelspiel der Violetten hatte. Das hatte zur Folge, dass die beiden Flügelspieler von Borac angewiesen wurden, die Flügelverteidiger der Wiener mittels Manndeckung zu verfolgen und notfalls bis in die Abwehrlinie zurückzufallen. Dadurch mutierte die eigentliche Verteidigung von Borac de facto zu einer Abwehr aus vier (!) Innenverteidigern, während die nominellen Flügelspieler die Außenverteidiger gaben. Das soll nur symbolisieren, wie dicht gestaffelt die Abwehr der Bosnier war und wie viele Ressourcen man in die Defensivarbeit steckte.

Das bedeutete klarerweise, dass die Austrianer einiges an Geduld aufbringen mussten, um diesen dichten Beton aufzureißen. Anfänglich versuchten die Gäste zwar die defensiv anfällige linke Abwehrseite der „Veilchen“ mit Steil-Klatsch-Steil Kombinationen auszuhebeln, dieser Plan ging jedoch nur selten auf. Meist folgte spätestens nach dem dritten Pass der lange Ball nach vorne oder verfing man sich im engmaschigen Pressingnetz der Gastgeber. Die Austria ging nämlich von Beginn an mit einer hohen Intensität zu Werke und versuchte die Bälle so schnell wie möglich zurückzugewinnen und vor allem hohe Balleroberungen zu generieren. Das gelang auch die meiste Zeit und Borac kam kaum durch das Gegenpressing der Wiener. Nur vereinzelt passte das Timing beim Herausschieben auf der linken Meisl/Potzmann-Achse nicht und öffneten sich damit Räume für die Bosnier.

Durch die gute Arbeit gegen den Ball, schnellten die Ballbesitzzahlen der Austrianer auch rasch in die Höhe und erreichten einen konstanten Wert von 75 (!) Prozent. Man hatte Borac hier fest im Griff und ließ auch nicht locker. Mit dem Ball versuchte man die Balance zu finden zwischen geduldig das Spielgerät zirkulieren zu lassen, um dann im richtigen Moment die Tempoverschärfung zu initiieren. Hier konnten Fitz und Jukic (zusammen über 160(!) Ballaktionen) einige Male für gute Momente sorgen und man kam auch zu gefährlichen Möglichkeiten. Hier war allerdings aufgrund der engen Räume allerhöchste Präzision und Sauberkeit gefragt, was es recht schwermachte zu sauberen Abschlusssituationen zu kommen.

Hier fehlte es auch etwas an Dynamik in der Offensive der Austria und an Akteuren, die über gewonnene Dribblings und Tempo Räume aufreißen konnten. Fischer und Fitz zogen häufig ins Zentrum, Potzmann agierte auch lieber invers statt auf der Linie zu bleiben und Ranftl erwischte nicht seinen besten Tag und war nicht so durchschlagskräftig, wie man es von ihm gewohnt war. Davor hatte man noch die Doppelchance durch Tabakovic und Holland, um in Führung zu gehen. Danach flachte das Spiel der Violetten nach gut 25 Minuten etwas ab, was u.a. damit zusammenhing. Ein weiterer Grund war jedoch, dass die Gastgeber zunehmend ihre Positionen nicht mehr hielten, da sie auf der Suche nach Freiräumen waren. So entstand speziell auf der rechten Seite ein Loch, da etwa Kapitän Fischer weit ins Zentrum einrückte. Fitz versuchte das ein wenig zu kompensieren, allerdings wurde dadurch das funktionierende Dreieck aus Potzmann, Fitz und Jukic wiederum auseinandergerissen. Von daher ein schmaler Grat im Positionsspiel wie man sieht.

Dadurch wurden die Gäste etwas selbstsicherer und trauten sich auch mal nach vorne. Kurz vor der Halbzeitpause ging man dann auch noch beinahe in Führung, als nach einem verlorenen Duell im Mittelfeld die aufgerückte Abwehr der Violetten entblößt wurde und ein Offensivspieler der Bosnier durchbrechen konnte, der anschließend auf den mitgelaufenen Flügelspieler Cortez ablegte, dessen Abschluss jedoch Austria-Torhüter Früchtl stark parieren konnte und damit seine Truppe vor einem Rückstand bewahrte. Dadurch ging es mit einem 0:0 in die Halbzeitpause.

Unaufhörliche violette Druckwelle

In der Halbzeitpause hatte Austria-Trainer Wimmer sicherlich einiges anzusprechen, speziell in Punkto Kontersicherung und Positionsspiel/Durchschlagskraft in der Offensive. Nach dem Wiederanpfiff war auch recht schnell zu sehen, worauf der Fokus nun gelegt wurde. Das Positionsspiel sah nun wieder wesentlich sauberer aus und man kehrte dazu zurück, das Hauptaugenmerk auf das Dreieck Potzmann-Fitz-Jukic zu legen. Diese drei Akteure wechselten häufig die Positionen und versuchten damit, Durchbrüche zu kreieren und Übergabeprobleme beim Gegner zu verursachen. Vor allem Fitz stand nun konstant höher und kippte kaum mehr ab, weshalb sich das Spielgeschehen noch weiter nach vorne verlagerte. Auch wurde nun vermehrt versucht, trotz der Enge im Zentrum, Zielspieler Tabakovic zu suchen, damit dieser bei den Steil-Klatsch-Steil Kombinationen die Bälle prallen lassen konnte und damit die Abwehr zum „Zusammenziehen“ zwingen sollte.

Nach einer solchen Kombination kam der Ball zu Fitz, der mit einem tollen Schuss nur knapp über das Tor zielte. Über diese beiden Wege kam man häufig recht aussichtsreich ins letzte Drittel und zu Durchbrüchen, jedoch war meistens entweder der letzte Pass nicht genau genug oder ein Bein der Gäste dazwischen. Dennoch hörten die Violetten nicht auf Druck zu machen und hielten dank dem starken Gegenpressing Borac die meiste Zeit in der eigenen Hälfte, weshalb es kaum zu Kontersituationen kam. Fischer, Jukic und der eingewechselte Gruber hatten weitere gute Einschussmöglichkeiten, ehe Fitz auch noch mit einem weiteren tollen Abschluss die Stange traf. Das erlösende 1:0 wollte einfach nicht fallen und Borac wankte, fiel aber nicht und die Wiener verzweifelte am starken Schlussmann der Gäste.

Trainer Wimmer versuchte es dann in weiterer Folge mit einigen Wechseln frischen Wind zu bringen, wobei die Herausnahme vom starken Duo Fitz/Jukic nicht wirklich förderlich war und dadurch die Struktur im Spiel verlorenging. Mit Polster kam dafür allerdings zumindest auf der linken Seite die fehlende Dynamik ins Spiel und prompt gab es hier auch einige Durchbrüche und folglich gefährliche Hereingaben. Das sollte sich dann auch bezahlt machen, wobei davor Borac noch zu einer tollen Möglichkeit kam und Martins in höchster Not retten musste. Als es dann ganz so schien, als würde die Partie mit einem 0:0 enden, steckte Routinier Holland den Ball ein letztes Mal wunderbar zu Polster durch, der anschließend mit einer scharfen Hereingabe Torjäger Tabakovic bediente und dieser mit dem Knie das 1:0 besorgte und damit den Viola-Park zur Ekstase brachte. Das sollte auch letztlich der Schlusspunkt in diesem Spiel sein.

Fazit

Es war ein nervenaufreibendes Spiel für die Austria und man musste letztlich unheimlich viel Arbeit investieren, um diesen bosnischen Beton zu bearbeiten und aufzubrechen. Man startete recht gut in das Spiel und erarbeitete sich eine klare Dominanz, verabsäumte es aber hier die Führung zu besorgen, was die Aufgabe deutlich erleichtert hätte. Je länger es 0:0 stand, desto fahriger wurden die Violetten und das zeigte sich vor allem gegen Ende der ersten Halbzeit, wo Torhüter Früchtl in höchster Not retten musste.

Nach dem Wiederanpfiff wurde man dann wieder sauberer im Positionsspiel, übernahm das Duo Fitz/Jukic erneut die Initiative und sorgte bis zu ihrer Auswechslung für eine violette Druckwelle, die zu einer Vielzahl an Chancen führte. Jedoch zeigte man sich nicht kaltschnäuzig genug und fehlte auch das Quäntchen Glück, weshalb es von Minute zur Minute schwieriger wurde. Borac wehrte sich auch aufopferungsvoll und trotz schwindender Kräfte gab man nicht auf, weshalb es letztendlich auch so schien, als würde man mit einem guten Ergebnis ins Rückspiel gehen. Doch die Austrianer hatten noch einen letzten Trumpf und wiedermal war Torjäger Tabakovic zur Stelle, um seiner Mannschaft zum Sieg zu verhelfen. Damit schuf man auch eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel und nun sind die Bosnier gefragt, offensiver zu agieren und mehr Risiko zu nehmen, was wiederum der Austria mehr Räume geben sollte. Es bleibt also spannend.

Dalibor Babic