Der 29. Spieltag der deutschen Bundesliga stand auf dem Programm und am Sonntag-Nachmittag fand dabei die Begegnung zwischen Borussia Dortmund und dem SC Paderborn... Analyse: BVB feiert Kantersieg über Paderborn

Der 29. Spieltag der deutschen Bundesliga stand auf dem Programm und am Sonntag-Nachmittag fand dabei die Begegnung zwischen Borussia Dortmund und dem SC Paderborn statt. Für die Dortmunder ging es dabei darum, Rehabilitation zu betreiben, denn unter der Woche verlor man das Heimspiel im „Klassiker“ gegen Bayern knapp mit 1:0. Um daher noch die Restchancen im Titelkampf zu wahren, musste gegen Aufsteiger Paderborn zwingend ein Sieg her. Auf der anderen Seite läuft es bei den Paderbornern alles andere als rosig, hält man doch die Rote Laterne inne und steht damit auf dem letzten Tabellenplatz. Somit wird für den Aufsteiger die Luft immer dünner und man muss anfangen zu gewinnen, sofern man in der Liga verbleiben will.

Overlyzer – Live-Coverage aus über 800 Ligen und Bewerben!

Paderborner Kompaktheit & Speed

Der SC Paderborn steht in dieser Saison für einen markanten Spielstil, der als alles andere als destruktiv angesehen werden kann. Man igelt sich nicht nur tief hinten ein und schlägt die Bälle hoch und weit nach vorne, sondern versucht durchaus auch auf das fußballerische Elemente zu achten. Dadurch gibt es immer wieder torreiche Spiele, bei denen die Paderborner beteiligt sind. So auch beim Hinspiel zwischen diesen beiden Teams, wo der große BVB vor heimischer Kulisse am Rande einer Niederlage stand und nach einem 0:3 Rückstand erst in letzter Sekunde ein 3:3 holte. So hoffte der Aufsteiger erneut für eine ähnliche Überraschung sorgen zu können und diesmal eventuell diesmal die drei Punkte einzutüten. Paderborn begann dabei mit einem klaren 4-1-4-1 System, wobei man auf einige Kernpunkte den Fokus legte.

Zunächst stand dabei die Kompaktheit im Mittelpunkt, denn man versuchte als geschlossener mannschaftlicher Block die Ketten eng zu halten und damit speziell die zentralen Räume abzudecken. Die Pressinglinie war rund um die Mittellinie angesiedelt, wobei man beim Spielaufbau des Gegners auch immer wieder Pressingauslöser einstreute und versuchte, den BVB zu langen Bällen und zu Fehlern zu zwingen. Meist wartete man dafür einige Zuspiele ab und wenn der Ball bei den Halb- und Außenverteidigern angelangte, presste man situativ immer mal wieder an. Interessant war dabei vor allem die Vorgehensweise der drei zentralen Mittelfeldspieler der Gastgeber, denn diese wechselten immer wieder zu einer mannorientierten Verhaltensweise und orientierten sich dabei an den beiden gegnerischen Sechser und den zurückfallenden Brandt. Diese Praxis lässt sich im nächsten Bild erkennen:

Der BVB im Spielaufbau, Paderborn agiert aus einem 4-1-4-1 heraus, wobei die drei zentralen Mittelfeldspieler sich im Zentrum ihre Gegenspieler suchen und sich an ihnen orientieren. Daher rückt auch der alleinige Sechser in dieser Szene auf den ballführenden Spieler heraus und es entsteht kurzeitig eine „flache“ Fünferreihe im Mittelfeld.

Sobald man es verabsäumte, Zugriff auf den BVB herzustellen und dieser sich befreite, zog man sich recht schnell zurück, versuchte sich zu Reorganisieren und einen kompakten und engmaschigen Block zu formen. Aber wie bereits erwähnt, konzentrierte sich Paderborn nicht nur auf die eigene Defensive, sondern versuchte auch Offensiv für Akzente zu sorgen. Hauptverantwortlich dafür sollten vor allem die drei pfeilschnellen Offensivspieler sein, die mit ihrer Geschwindigkeit im Konter für Gefahr sorgen sollten. Speziell über den Rechtsaußen Antwi-Adjej sollten die Schnellangriffe geführt werden, denn dieser hatte situativ öfter eine höhere Positionierung, um nach einem Ballgewinn als Anspielstation für die Umschaltangriffe bereitzustehen. Dadurch wählte man beim Umschaltaktionen eine sehr direkte Vorgehensweise aus und spielte den Ball recht kompromisslos in die Tiefe, um zu versuchen die eigenen Geschwindigkeitsvorteile auszuspielen.

Interessant war aber vor allem der Spielaufbau der Paderborner, denn man zeigte durchaus eine gute Struktur und interessante rochierende Bewegungen, mit denen man die erste Pressinglinie des BVB überspielen konnte. Unter anderem bewegte sich der Ankersechser der Paderborner einige Male intelligent aus dem Zentrum in den Halbraum und wich seitlich aus, wodurch er sich in die Schnittstelle der Pressinglinien des BVB positionierte und diese nach einem Anspiel zum Teil aushebeln konnte. Das alles führte dazu, dass Paderborn recht stabil wirkte und einen unangenehmen Gegner abgab.

BVB passt das System an

Der BVB brauchte einige Zeit, um in das Spiel zu finden. Das lag vermutlich auch daran, dass man durch den Ausfall von Topstürmer Haaland einige Anpassungen vornahm. So stand in der Startelf kein „echter“ Stürmer auf dem Platz, sondern teilten sich die Offensivspieler Sancho und Hazard diese Rolle, während Brandt etwas hängender positioniert wurde. Dadurch entstand bei den Dortmundern in der Offensive aus dem üblichen 3-4-3 vermehrt ein 3-4-1-2 System, mit eben zwei „schwimmenden“ und ausweichenden Stürmern. Brandt bekam dabei seine gewohnte Freirolle im Ballbesitzspiel seiner Mannschaft und tauchte de facto überall auf dem Feld auf. Er unterstützte auch tatkräftig den Spielaufbau und versuchte die beiden Sechser Delaney und Can zu ergänzen, um ein Dreieck zu bilden und als Kombinationspartner zu fungieren. Die angepasste Anordnung der vorderen „Dreierreihe“ des BVB kann man beim nächsten Bild erkennen:

Durch den Ausfall von Haaland, veränderte BVB-Trainer Favre die vorderste Reihe und setzte fortan auf eine 2-1 Staffelung mit zwei Spitzen an vorderster Front, weshalb Brandt etwas zurückhängender agierte.

Die Dortmunder versuchten im Ballbesitz den Fokus auf einen bedachten Spielaufbau und die Ballzirkulation zu legen, weshalb man auch eine sehr hohe Tiefenpräsenz mit dem zurückfallenden Brandt hatte. Vermutlich rüstete man sich damit schlicht gegen ein mögliches Pressing der Paderborner. Gleichwohl blieb man trotz des ausbleibenden hohen Attackierens bei dieser Vorgehensweise, da der Gegner öfter mit einer hohen Abwehrlinie spielte und man so versuchte diese auszuhebeln. Das man damit ein klares Ziel verfolgte, konnte man auch daran erkenen, dass man die Paderborner durch die lange Ballzirkulation dazu animieren wollte, auf- und herauszurücken aus ihren Positionen. Das tat Paderborn auch immer wieder und die Abwehrspieler verfolgten öfter zurückfallende Bewegungen, wodurch Lücken in der letzten Linie kurzzeitig entstanden. Diese bespielte der BVB mit einigen langen Bällen auf die schnellen Spitzen, um so in den Rücken der Paderborner zu kommen.

Exemplarisch für diese strategische Vorgehensweise war auch die erste Torchance des BVB, denn nach einem langen Ball hinter die Abwehr, kam Hazard zum Abschluss und zwang den Torhüter zu einer Parade. Verlagerungen spielten ebenso eine wichtige Rolle und man versuchte die Paderborner immer wieder auf eine Seite zu locken, um dann schnell einen Seitenwechsel zu spielen und auf die ballferne Seite zu kommen. Trotz der Chance von Hazard, stockte der BVB-Motor doch etwas und man tat sich schwer. Das hing vor allem damit zusammen, dass die Gäste durch die hohe Tiefenpräsenz in weitere Folge Probleme mit der Präsenz in den vordersten Reihen zu kämpfen hatten.

Bedingt durch das teils weite zurückfallen von Brandt – der zweitweise einen dritten zentralen Mittelfeldspieler gab – fehlte an vorderster Front oft die Verbindung zu den beiden Stürmern bzw. hatten diese nicht ausreichend Anspielstationen zum kombinieren. So konnten die Paderborner im letzten Drittel mit einem engmaschigen und ballorientierten Block die Räume gut zustellen und dem BVB wenig Möglichkeiten auf Durchbrüche geben. Man merkte natürlich auch das Fehlen von Haaland, der speziell als Abnehmer für die Hereingaben fehlte. Die Gastgeber blieben durch die pfeilschnellen Spitzen zumindest im Ansatz immer gefährlich, wodurch es ein ausgeglichenes Spiel war und es nicht viele Chancen gab. Darüber hinaus gab es in den ersten 45 Minuten nur ein einziges (!) Foul, was auch Seltenheitswert hat. Damit ging es mit einem torlosen Unentschieden in die Kabine.

Dortmund findet Rezept gegen Paderborner-Defensive

Beim BVB musste nach der eher durchwachsenen ersten Hälfte klarerweise etwas geschehen und ein paar Gänge hochgeschaltet werden. Die Probleme blieben klarerweise auch dem Trainerteam der Dortmunder nicht verborgen und dementsprechend handelte man auch bereits zu Wiederbeginn. So kehrte die Gäste öfter nun zu der bekannten „Dreierreihe“ in der vordersten Spitze zurück, womit vor allem die Positionierung von Brandt verändert wurde. Dieser agierte fortan nun wesentlich höher und konstanter in der gegnerischen Hälfte, statt sich in der lokalen Umgebung der beiden Sechser zu umgeben. Das nummerische Zahlenspiel sollte damit wieder in Gleichgewicht gebracht werden, denn es braucht gegen ein zumeist tiefes 4-1-4-1 keine sechs Spieler, um aus der Tiefe den Spielaufbau zu betreiben.

Darüber hinaus deutete die Borussia bereits in der ersten Halbzeit an, wie man den kompakten Block der Paderbornern knacken könnte. Wenn es gefährlich wurde, schaffte man es meist über die Flügelzone mit schnellen Doppelpässen und anschließenden diagonalen Bällen in die Spitze, wo man Raum zwischen der Abwehr und dem Mittelfeld vorfand. Das lag daran, dass Paderborn nicht wirklich stark in Richtung Flügel verschob, sondern eher darauf bedacht war, die zentralen Räume zu kontrollieren und die Gäste von diesen fernzuhalten. Der diagonale Passweg vom Flügel ins Zentrum war allerdings immer wieder offen, was die Dortmunder in der zweiten Halbzeit nun konsequenter bespielten. Und im Vorfeld der ersten Großchance griffen auch einige Anpassungen prompt und führten fast zum raschen 1:0, was man beim nächsten Bild erahnen kann:

Exemplarisch für die verbesserte Offensive des BVB steht diese Szene. Die drei Offensivspieler kombinieren in lokaler Nähe miteinander, wodurch sie für eine höhere Präsenz an vorderster Front sorgen. Gleichzeitig versucht man über den Flügel und den Halbraum den Gegner zu knacken, weshalb Flügelverteidiger Hakimi durchstartet und in weitere Folge auch den Ball bekommt, was zu einer guten Möglichkeit des BVB führte.

Die Dortmunder wirkten in ihrer gesamten Vorgehensweise nun entschlossenen und agierten in der Offensive wesentlich direkter. Dadurch verhielt man sich nicht mehr so behäbig und abwartend in der Ballzirkulation, sondern bekam endlich Tempo in das eigene Spiel. Sehr oft konnte man über viele Stationen sich auf den Flügel kombinieren, wo man dann mit Doppelpässen Tempo aufnahm und Durchbrüche kreierte. So auch beim 1:0 Führungstreffer, wo sich Sechser Can auf dem Flügel absetzte und auf die Grundlinie marschierte, ehe er in weiterer Folge mit dem Querpass Stürmer Hazard bediente.

Der Führungstreffer hatte sichtlich einen befreienden Effekt für den BVB, den man erspielte sich nun eine Vielzahl an Torchancen und kam immer wieder gefährlich vor das gegnerische Tor. So dauerte es auch keine drei Minuten, ehe bereits der zweite Treffer folgte. Nach einem Ballgewinn und schnellen Umschaltaktion, brach Brandt auf dem Flügel durch und bediente Sancho, der nur noch ins leere Tor einschieben musste. Die Paderborner zeigten immer mehr ihre defensive Anfälligkeit und ließen sich zunehmend recht simpel ausspielen. Zwar versuchte der Trainer der Gastgeber mit einer Systemumstellung auf ein klares 4-2-3-1 für eine bessere Staffelung und mehr Unterstützung in den tieferen Zonen zu sorgen, doch es änderte nicht wirklich etwas an der Tatsache, dass der BVB kaum aufzuhalten war.

Dafür zeigten die Paderborner fußballerisch ihre Fähigkeiten und machten so die Partie kurzzeitig wieder spannend. Erneut war im Vorfeld die ausweichende Bewegung im Spielaufbau vom Ankersechser auf die linke Seite der Ausgangspunkt, wodurch man das Pressing des BVB auflösen konnte. Über die linke Seite führte man den Angriff fort und in weiterer Folge erzwang man dann einen Elfmeter, der zum 1:2 Anschlusstreffer führte. Die Spannung hielt allerdings nicht lange, denn keine zwei Minuten später brach der BVB wiedermal auf dem Flügel durch und Sancho stellte mit einem trockenen Abschluss das 3:1 her. In den letzten Minuten der Partie brach dann Paderborn komplett auseinander und fing sich weitere drei Gegentreffer ein, wodurch man letztlich klar und deutlich mit 1:6 unterging.

Fazit

Ein bitterer Nachmittag für den SC Paderborn, denn gegen den großen BVB legte man eigentlich keine schlechte Leistung ab. Speziell in den ersten 45 Minuten war man ein ebenbürtiger Gegner und konnte den Gästen Paroli bieten, wobei man auch in der Defensive recht stabil stand. Allerdings wurden zunehmend die defensiven Probleme entblößt und der Klassenunterschied wurde offenbart, wodurch man in den entscheidenden Szenen den Kürzeren zog. Auf der anderen Seite zeigte der BVB die richtige Reaktion nach der Schlappe gegen die Bayern. Zwar hatte man in der ersten Halbzeit noch Probleme für Durchschlagskraft zu sorgen und merkte man den Ausfall von Haaland der Mannschaft an, doch nach und nach fand man Lösungen für dieses Problem. Vor allem das Trainerteam reagierte richtig zur Halbzeit und ebnete letztlich den Weg zum klaren Erfolg.

Dalibor Babic