Trotz immenser Investitionen am Transfermarkt kommt Manchester United nicht in die Gänge. Nach den Niederlagen in der Champions League gegen den FC Bayern und... Manchester United und das ten Hag Dilemma

Trotz immenser Investitionen am Transfermarkt kommt Manchester United nicht in die Gänge. Nach den Niederlagen in der Champions League gegen den FC Bayern und Galatasaray Istanbul sowie den vier Niederlagen in den ersten neun Spielen der neuen Premier-League-Saison, stellt sich die Frage, ob Erik ten Hag noch der richtige Mann im Old Trafford ist. Trotz eines mäßigen Starts und sehr durchwachsenen Leistungen: Eine Trennung vom Holländer wäre keine leichte Sache und gilt deswegen als unwahrscheinlich.

Schlechter Saisonstart

Mit fünf  Siegen und vier Niederlagen sind die Red Devils sehr durchwachsen in die Premier League Saison gestartet.

Noch viel besorgniserregender als die Platzierung in der Tabelle sind aber die Leistungen, denn selbst die Siege gegen Wolverhampton, Nottingham, Burnley, Brentford und Sheffield United waren basierend auf der Leistung der Red Devils alles andere als verdient. Viel mehr: Teils waren die Leistungen des Teams desolat. Dass man im Kampf um die Meisterschaft trotz hoher Investitionen in die Mannschaft kein Wörtchen mitreden wird und sogar der Kampf um die begehrten Plätze in der Champions League ein harter wird, gilt bereits früh in der Saison als gesichert.

In der Champions League setze es zudem zwei verdiente Niederlagen gegen den FC Bayern München und Galatasaray Istanbul. Gegen den FC Kopenhagen stehen die Mannen von Erik ten Hag bereist mit dem Rücken zur Wand.

Der Rekordmeister und einstige Primus der Premier League ist tief ins Mittelfeld abgerutscht und von der Weltspitze mittlerweile meilenweit entfernt.

450 Millionen Euro für neue Spieler

Rasmus Hojlund, Mason Mount, Sofyan Amrabat, Sergio Reguilon, André Onana, Altay Bayindir, Jonny Evans, Antony, Casemiro, Lisandro Martinez, Tyrell Malacia, Christian Eriksen, Martin Dubravka, Marcel Sabitzer, Wout Weghorst und Jack Butland. In Summe 16 Spieler, die in der Ära ten Hag verpflichtet wurden. Neuzugänge, die sich Manchester United satte 450 Millionen Euro kosten ließ und ein Transferminus von mehr als 370 Millionen Euro in zwei Jahren zum Ergebnis haben.

Nur der FC Chelsea gab mit mehr als 1 Milliarde Euro noch mehr Geld für Neuzugänge in den letzten beiden Jahren aus.

Ligakrösus Manchester City kommt auf knapp mehr als 390 Millionen Transferausgaben, die Citizens konnten aber durch Verkäufe auch etwas mehr als 276 Millionen Euro einnehmen.  Der FC Arsenal und Newcastle United investierten knapp 425 bzw. 340 Millionen Euro.

Ten Hag bekommt seine Wunschspieler

Anders als seine Vorgänger bekommt der Niederländer auf dem Transfermarkt quasi alles was er will.

Etwas, von dem etwa Ole Gunnar Solskjaer und auch José Mourinho nur träumen konnten. Erst kürzlich hatte sich der norwegische Ex-Coach dazu geäußert, dass er Erling Haaland, Moises Caicedo und Declan Rice gerne zu Manchester United gelotst hätte. Und zwar zu der Zeit, als Haaland noch in Salzburg tätig und Caicedo noch nicht der Durchbruch bei Brighton gelungen war. Der Klub wollte aber Spieler, die sofort auf höchstem Level spielen können und war nicht an der Entwicklung junger Talente interessiert.

Vertraute Gesichter

Die Transferpolitik von Erik ten Hag zeichnet ein klares Bild: Er vertraut auf bekannte Gesichter oder namhafte Spieler. Mit Sofyan Amrabat etwa arbeitete ten Hag beim FC Utrecht zusammen, Antony, André Onana, Christian Eriksen und Lisandro Martinez kennt der Niederländer noch aus der gemeinsamen Zeit bei Ajax Amsterdam. Und mit Rasmus Hojlund, Mason Mount und Casemiro bekam ten Hag zudem seine drei absoluten Wunschspieler.

Im Ergebnis eine der schlechtesten Transferpolitiken Europas

Der Befund in puncto Transferpolitik ist verheerend. Manchester United fehlt es sowohl im Scouting als auch an der zentralen Position des Sportdirektors an Qualität.

Im Bereich Scouting können die Red Devils mittlerweile nicht mehr mit vergleichsweise kleinen Klubs wie Red Bull Salzburg, FC Brighton oder dem SC Freiburg mithalten und jene Transfers, die getätigt werden, sorgen oftmals für Kopfschütteln. Bestes Beispiel ist der Transfer von André Onana und die damit zusammenhängende Nichtverlängerung des Vertrages von Klublegende David de Gea. Die Transfers von Jadon Sancho und Harry Maguire fallen ebenso in diese Kategorie.

Für die Transfers verantwortlich zeichnet John Murtough. Einst mit David Moyes vom FC Everton gekommen, ist der Engländer seit 2016 in die Transfergeschicke der Red Devils involviert und seit 2021 als Director of Football für diese letztverantwortlich. Bei Manchester City ist etwa mit Txiki Begiristain ein anderes Kaliber am Werk. Ein Mann der zuvor bereits von 2003 – 2010 den FC Barcelona zu einem der erfolgreichsten europäischen Klubs gemacht hatte.

Aufholbedarf in der Academy

Sorgenfalten bereitet auch der eigene Nachwuchs. Der letzte Spieler aus der Academy, der den Durchbruch in der 1. Mannschaft geschafft hat, ist Marcus Rashford. Alejandro Garnacho lässt sein Talent zwar immer wieder aufblitzen, der Argentinier bekommt aber vergleichsweise wenig Spielzeit unter Erik ten Hag.

Mit Scott McTominay, Kobbie Mainoo, Hannibal Mejbri, Shola Shoretire und Daniel Gore stehen neben Rashford und Garnacho überhaupt nur sieben Eigengewächse im 32 Spieler umfassenden Kader der Red Devils. Spielzeit bekommen jedoch lediglich Rashford, Garnacho und McTominay, der gegen den FC Brentford nach seiner Einwechslung in Minute 93 und 97 mit zwei Toren noch den 2:1 Sieg fixierte.

Dass man am Deadline Day Sergio Reguilon leihweise von den Tottenham Hotspurs holen musste, weil man aus dem eigenen Nachwuchs keinen talentierten Linksverteidiger in den Profikader hochziehen konnte, ist ein Armutszeugnis für einen Klub, der einst mit der Class of 92 rund um die Superstars David Beckham und Ryan Giggs mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs für Furore sorgte.

Trennung von ten Hag wäre schwierig

In Manchester hat man alles auf die Karte ten Hag gesetzt und sich in schwierigen Situationen, etwa bei der Vertragsauflösung von Cristiano Ronaldo und der Nichtverlängerung des Vertrages von David de Gea, hinter den Holländer gestellt.

Würde man in Manchester nun unter normalen Umständen über eine Trennung vom Trainer nachdenken, so gestaltet sich das in der konkreten Situation schwierig, denn der Holländer hat die ihm zur Verfügung gestellten 450 Millionen Euro in seine Spieler investiert.

Für einen neuen Trainer wäre es wohl eine mehr als schwierige Aufgabe, mit dieser, auf die Bedürfnisse von Erik ten Hag, abgestimmten Mannschaft zu arbeiten. Die Folge wäre wohl der nächste Schnitt, wie ihn auch ten Hag selbst in seinen ersten Transferperioden gemacht hat.

Nur zur Erinnerung: Mit David de Gea, Cristiano Ronaldo, Eric Bailly, Anthony Ellanga, Fred, Dean Henderson, Alex Telles, James Garner, Paul Pogba, Juan Mata, Edinson Cavani, Nemanja Matic und Jesse Lingard sortierte der Holländer 14 Spieler aus, für die man im Old Trafford einst mehrere 100 Millionen Euro an Ablöse ausgab. Jadon Sancho und Harry Maguire wurden zudem aufs Abstellgleis gestellt und sollen im Jänner abgegeben werden.

Bei einer Entlassung von ten Hag wäre somit das nächste Millionengrab in Sachen Transfers zu befürchten und weitere Monate des Umbruchs. Zeit, die man in Manchester nicht mehr hat.

Am Samstag treffen die Red Devils auswärts auf Sheffield United. Von den letzten sechs Auswärtsspielen konnten die Mannen von Erik ten Hag saisonübergreifend kein einziges gewinnen.

Selbst bei einer Niederlage am Samstag und trotz der mittlerweile deutlichen Gräben zwischen den arrivierten Spielern und dem Trainer, wird man im Old Trafford am Holländer festhalten. Wohl auch, weil es keine Alternativen gibt. Shootingstar Xabi Alonso ist auf Grund seiner Liverpool Vergangenheit wohl wenig an einem Engagement bei den Red Devils interessiert und hat überdies ein Auge auf die Nachfolge von Carlo Ancelotti bei Real Madrid geworfen. Letzteres gilt auch für Roberto de Zerbi, den aktuellen Coach des Überraschungsteam aus Brighton.

Patrick Stummer, abseits.at

Patrick Stummer