Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (29) – Lieber Stefan Maierhofer!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag adressieren wir unseren Brief an den Stefan Maierhofer.

Lieber Stefan Maierhofer!

Man merkt es kaum, aber die Zeit geht weiter. Geburtstage und Jubiläen erinnern uns daran, dass auch wir dem Wandel unterliegen. Manchmal erwische ich mich dabei, wie ich meine alten Artikel lese und muss feststellen, dass ich heute ganz anders über dieses oder jenes Thema schreiben würde. Aber weißt du was? Irgendwie erfüllt mich das mit Stolz. Es bedeutet nämlich, dass ich mich (weiter)entwickelt habe, dass die Zeit eben nicht spurlos vorbeigegangen ist. Dass ich älter aber vielleicht auch klüger und reifer geworden bin.

Als ich heute früh gelesen habe, dass du von deinem aktuellen Klub, dem FC Aarau, für zwei Spiele suspendiert wurdest, weil du nach einem Match ohne Einsatz ein Posting mit „No Major, No Party“ betitelt hast, habe ich über den Artikel, den ich 2015 über dich geschrieben habe, nachgedacht

Damals habe ich (Mittel)stürmern eine besondere Ausprägung der Ich-AG attestiert: Ihr, die ihr an Toren gemessen werdet, seid manchmal euer eigener blinder Fleck und merkt gar nicht, wie ihr euch über das Kollektiv stellt. Es kam schon öfters vor, dass du über die Stränge geschlagen hast. 

Jetzt hat dir dein Ausrutscher nicht nur von gegnerischen Fans oder der Presse Kritik eingebracht. Die zweitägige Sperre ist – für so ein Posting – ziemlich happig. Aber, lieber Stefan, du bist jetzt in der Schweiz. Hier ist Bescheidenheit eine Zier und gerade als Ausländer hält man sich lieber zurück.

Als ich damals das Porträt über dich schrieb, dachte ich noch, man könnte solche Fälle in Zukunft vielleicht verhindern. Heute bin ich mir sicher, dass es einfach die andere Seite der Medaille ist: Kein Selbstbewusstsein ohne (gelegentliche) Selbstüberschätzung. Das eine ist ohne das andere einfach nicht zu bekommen. Es gibt keine Prophylaxe um solchen „Kollateralschäden“ vorzubeugen. Warum belassen wir es nicht einfach mit Tadel ohne großen schulmeisterlichen Zeigefinger?

Nimm’s leicht – das rät dir

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag