Während hierzulande das Unterhaus schon längst in der Winterpause ist, wird in Deutschland noch in den Dezember hineingespielt. Bereits im vergangenen Jahr nützte man... Groundhopping: Viel Tradition im deutschen Unterhaus

Während hierzulande das Unterhaus schon längst in der Winterpause ist, wird in Deutschland noch in den Dezember hineingespielt. Bereits im vergangenen Jahr nützte man dies und machte einen Ausflug nach Norddeutschland, wo unter anderem mit der Adolf-Jäger-Kampfbahn ein sehr traditionsreiches Stadion, das in Bälde einem Neubau in Hamburg-Altona weichen wird, besucht wurde. Traditionsreiche Spielstätten standen auch diesem Wochenende auf dem Programm, nur, dass es diesmal in den Südwesten Deutschlands ging. Dort blieb man auch weitgehend vom Schneefall verschont, der weite Teile Bayerns und Baden-Württembergs lahmlegte, jedoch führte diese nur zu kurzen Verzögerungen bei der Anreise und beeinflusste die geplanten Spiele in keiner Weise.

FC Arminia 03 Ludwigshafen – SV Auersmacher 0:1 (0:1)

Das Ziel der Reise sollte Mannheim sein, wo man auch das Quartier bezog. Doch lange hielt man sich dort nicht auf, denn es sollte, nach einem kurzen Stopp, gleich mit einem Stadtrundgang durch Mannheim weitergehen. Nach diesem überquerte man den Rhein und somit auch die Grenze zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Auf der anderen Seite des Rheinufers befindet sich die Stadt Ludwigshafen, die immerhin die zweitgrößte Stadt im Bundesland Rheinland-Pfalz ist. Ludwigshafen ist noch nicht einmal 200 Jahre alt und daher auch nicht wirklich reich an Sehenswürdigkeiten. Die 175.000 Einwohner zählende Stadt ist übrigens bekannt für das BASF-Chemiewerk.

Eine Sehenswürdigkeit gibt es hier aber schon und dies ist das Südweststadion. Schon alleine die Errichtung des Stadions ist eine bewegte Geschichte. Unter den Nazis in den Kriegswirren des Jahres 1940 als Adolf-Hitler-Stadion eröffnet, erfolgte im weiteren Verlauf des zweiten Weltkriegs die Zerstörung, ehe man dieses ab 1949 mit Trümmerschutt aus Ludwigshafen und Mannheim wiederaufbaute. Das Fassungsvermögen betrug 41.383 Plätze, was höher als ursprünglich geplant war. Da reichlich Trümmerschutt vorhanden war, wurde dieses Stadion überdimensioniert errichtet.

Eine Spitzenmannschaft im deutschen Profifußball gab es in Ludwigshafen nie, aber es fanden einige bedeutende Sportveranstaltungen hier statt. Im Jahr 1952 kam es hier zum Endspiel um die deutsche Fußballmeisterschaft. Auch der 1.FC Kaiserslautern trug, wegen der deutlich höheren Zuschauerkapazität, viele seiner Endrundenspiele um die deutsche Meisterschaft im Südweststadion aus. Im Zuge des Ausbaus des Stadions am Betzenberg war der 1.FCK zu Beginn der Bundesligasaison 1978/79 noch einmal zu Gast im Südweststadion. Von 1983 bis 1989 trug der SV Waldhof Mannheim in Ermangelung eines eigenen bundesligatauglichen Stadions 102 Bundesligaspiele im Südweststadion aus.

Danach war hier nur mehr sporadisch der Amateurfußball zu Gast, sodass sich das Südweststadion mittlerweile in einem schlechten Zustand befindet. Die Stehplatzbereiche sind wegen Baufälligkeit gesperrt und die Kapazität auf ist auf 6.000 Plätze (4.500 Sitz- und 1.500 errichteter Stehplätze für den Gästeblock) beschränkt.

Derzeit ist der FC Arminia 03 Ludwigshafen zu Gast im Südweststadion. Seine Heimspiele trägt man normalerweise auf der Bezirkssportanlage Rheingönheim, doch diese wird für die Oberligatauglichkeit adaptiert, sodass man zurzeit alle Heimspiele in der fünftklassigen Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar im Südweststadion in Ludwigshafen austrägt. In dieser Spielklasse liegen die Gastgeber im Mittelfeld der Tabelle. Im letzten Spiel des Jahres hat man den SV Auersmacher aus dem Saarland zu Gast. Der südlich Saarbrückens und direkt an der französischen Grenze beheimatete Tabellensechste liegt vor den Heimischen und geht daher als Favorit in diese Begegnung. Er wird dieser Favoritenrolle vor 157 Besuchern auch sofort gerecht. In der vierten Minute ist Rebmann mit einem Heber aus der Distanz zur Stelle und bringt Auersmacher somit in Führung. Ludwigshafen kann das Spiel danach zwar mehr als offenhalten, aber für einen Treffer reicht es bis zu Pause nicht.

In selbiger hole ich mir bei der Kantine eine delikate „Rindsworscht“. Eine gebratene Rindswurst ist doch ein nicht alltägliches Schmankerl. Apropos Schmankerl, dieses ist das Südweststadion auch und dieses genieße ich in den zweiten 45 Minuten so richtig. Hier gibt es keine zwei Meinungen, denn dieses Stadion sollte jeder einmal besucht haben. Die großen Schüsseln verschwinden nämlich zusehends und werden durch moderne Arenen ersetzt. Auch wenn diese meist baufällig sind, versprühen sie einen Charme vergangener Tage, den jeder Fußallliebhaber gerne hat.

Einen Treffer hätte heute auch noch gerne Ludwigshafen gehabt, aber die Bemühungen auf beiden Seiten blieben ergebnislos, wobei auch die Latte im Wege stand. Dennoch entführt der SV Auersmacher nicht unverdient die drei Punkte ins Saarland. Nicht nur die Gäste, sondern auch ich, verlassen nun Rheinland-Pfalz wieder. Für mich geht es aber nur wenige Kilometer per pedes zurück nach Mannheim, wo morgen ein weiteres traditionsreiches Stadion besucht werden sollte.

FC Türkspor Mannheim 3 – FK Srbija Mannheim 2 3:0 (1:0)

Nach dem Check-Out aus dem Hotel begebe ich mich in den Osten Mannheims, wo sich hinter dem Luisenpark auch die beiden Stadien der Stadt in unmittelbarer Nähe nebeneinander befinden. Nachdem ich das Rhein-Neckar-Stadion passiere, komme ich am Carl-Benz-Stadion vorbei, wo man noch die Nachwirkungen der gestrigen Drittligapartie gegen Ingolstadt sehen konnte. Doch wirklich Zeit, um hier etwas inne zu halten, bleibt nicht wirklich, denn höre einen Pfiff. Es wird hier also in unmittelbarer Nähe Fußball gespielt und ich gehe davon aus, dass im Nachwuchszentrum des VfR Mannheim wohl ein Jugendspiel stattfindet.

Plötzlich taucht ein Kunstrasenplatz auf, der als Suntat Sportanlage ausgewiesen und die Heimstätte des FC Türkspor Mannheim ist. Hier wird eindeutig Erwachsenenfußball gespielt, obgleich Türkspor eigentlich kein Heimspiel haben sollte. Nach einer kurzen Recherche finde ich heraus, dass hier in der Kreisklasse C Mannheim des badischen Fußballverbandes gespielt wird. Es ist zwar die letzte Spielklasse, aber es ist das Spitzenspiel des FC Türkspor Mannheim 3 gegen den FK Srbija Mannheim 2. Der Tabellenzweite hat den Tabellenersten zu Gast und kann mit einem Sieg selbst die Tabellenspitze erklimmen.

Beide Mannschaften werden im System auch als „PM“ geführt. Dies ist das Kürzel für Privatmannschaft, also quasi eine Hobbytruppe. Gut, diese Bezeichnung ist etwas irreführend, ist man doch völlig normal im Ligabetrieb des DFB eingegliedert.

Bei meinem Eintreffen auf der Sportanlage ist Türkspor bereits mit 1:0 vorne. Beyazal brachte die Gastgeber in der 23.Minute in Führung. Die Partie verläuft vor rund 20 interessierten Besuchern hitzig, sodass Schiedsrichter Grandpierre so seine Mühe hat, sich im Sprachengewirr auf Feld zu Recht zu finden. Er verschafft sich aber Respekt und spricht die Spieler auch das eine oder andere Mal in einem forschen Ton an, damit die Begegnung nicht aus der Bahn gleitet. Kurz vor dem Seitenwechsel schickt er noch einen Spieler der Gastgeber mit roter Karte vom Feld.

Somit sind spannende zweite 45 Minuten eigentlich garantiert, doch Aydingülü scheint in der 56.Minute wohl der Spielverderber zu sein, denn er stellt in Unterzahl auf 2:0 für Türkspor Mannheim. Srbija ist in der Schlussphase logischerweise tonangebend. Aber wirklich gefährliche Tormöglichkeiten kann man sich nicht herausspielen und so läuft mehr und mehr die Zeit davon, um diesen Rückstand noch aufzuholen.

Türkspor kann auch konditionell gut mithalten und bricht auch in der Schlussphase nicht ein. Srbija setzt aber dennoch alles auf eine Karte und wirft alles nach vorne. In der dritten Minute der Nachspielzeit gelingt es dann Gürdegir die Räume zu nützen und einen Konter zum 3:0 abzuschließen.

Durch diesen 3:0-Heimsieg übernimmt Türkspor nicht nur die Tabellenführung in der Mannheimer Kreisklasse C, sondern kürt sich somit auch noch zum Herbstmeister der Liga. Dies wird natürlich noch gebührend gefeiert, ehe es wieder zurück in die Kabine geht. Um 14.00 Uhr spielt hier dann noch die zweite Mannschaft Türkspors in der Kreisklasse A gegen die Mannschaft des FK Bosna Mannheim antritt. Zu diesem Zeitpunkt bin ich allerdings wieder ein paar Meter weiter westlich, nämlich im Rhein-Neckar-Stadion.

VfR Mannheim – 1. Göppinger SV 1:0 (0:0)

Ich verbleibe am frühen Nachmittag im Stadtteil Oststadt und begebe mich, am Carl-Benz-Stadion vorbei, zum Rhein-Neckar-Stadion zurück. Das Stadion ist die Spielstätte des Oberligisten VfR Mannheim. Es liegt an der Theodor-Heuss-Anlage und schließt direkt an das Carl-Benz-Stadion, das Heimstadion des Drittligisten SV Waldhof Mannheim ist, an. Das Rhein-Neckar-Stadion ist ein reines Fußballstadion und bietet 8000 Zuschauern Platz. Es ist daher deutlich kleiner als das Stadion des Lokalrivalen, aber nicht minder traditionsreich.

Das 1971 eröffnete Stadion beeindruckt durch seine doch mächtigen Stehterrassen und eine kleine schicke Tribüne mit Überdachung. Man fühlt sich hier ein wenig wie in einem englischen Unterhausstadion oder wie auf dem Sportklub-Platz in Wien. Doch um einiges traditionsreicher als das Stadion ist die Geschichte des VfR Mannheim selbst. Der in den Farben der Stadt Mannheim (Blau-Weiß-Rot) spielende Verein wurde 1949 Deutscher Meister und erhielt als erster Verein die neu eingeführte Meisterschale des DFB. Doch in die 1963 gegründeten Bundesliga schaffte es der VfR Mannheim nie, womit er der einzige Verein des ehemaligen Westdeutschlands ist, der nach dem zweiten Weltkrieg Deutscher Meister wurde, es aber nie in die Bundesliga schaffte.

Sportlich verliefen die letzten 20 Jahre für den VfR sehr bescheiden. Hielt man sich bis 2002 noch in der Drittklassigkeit, pendelte man danach einige Jahre zwischen der vierten und fünften Liga. Im Jahr 2009 stieg der VfR in die sechstklassige Verbandsliga Baden ab. 2011 erfolgte eine Rückkehr in die Oberliga Baden-Württemberg. Aus dieser stieg man 2015 wieder in die Verbandsliga Baden ab. Der Wiederaufstieg in die fünftklassige Oberliga gelang erst in diesem Jahr.

Dort läuft es für den VfR Mannheim auch recht gut, denn man befindet sich im oberen Mittelfeld der Tabelle und hat einen komfortablen Punkteabstand zur Abstiegszone. Doch der heutige Gegner ist der 1. Göppinger SV, der mit Großaspach und Villingen das Spitzentrio der Oberliga Baden-Württemberg bildet. Auch wenn Göppingen eher als Handballstadt bekannt ist, ist das ein richtig schwerer Brocken für den VfR Mannheim, der heute als Außenseiter in diese Begegnung geht.

Bevor dieses Spiel losgeht, schaut ich noch beim Grillstand vorbei, wo ich mich zwischen einer Rindswurst oder einer Feuerwurst entscheiden muss. Beides klingt verlockend, aber ich bleibe der Rindswurst treu.

Vor 230 Besuchern entwickelt sich eine ausgeglichene und zugleich chancenarme Partie. Göppingen ist zwar etwas besser, aber Mannheim hält sehr gut dagegen und so gibt es für die Gäste auch kein Durchkommen. Auch nach dem Seitenwechsel ändert sich wenig an diesem Spielverlauf. Beide Mannschaften neutralisieren sich über weite Strecken und die wenigen sich bietenden Möglichkeiten, werden allesamt vergeben.

Einen Treffer sollte es in der 71.Minute zu sehen geben. Der Mannheimer Pander tankt sich über die rechte Seite in den Strafraum und schließt diesen Angriff mit einem platzierten Schuss ins lange Eck erfolgreich ab. Danach versuchen die Gäste aus Göppingen noch den Ausgleich zu erzielen und schnüren den VFR ein. Die Mannheimer verteidigen in der Schlussphase clever und halten den Angriffen der Göppinger stand.

Nach den Jubelschreien der Fans des VfR Mannheims begebe ich mich auf den Heimweg, der mich zuerst wieder zum Mannheimer Bahnhof brachte, wo ich bereits weniger als eine Stunde nach dem Abpfiff in Rhein-Neckar-Stadion in den direkten Bus heimwärts einsteigen konnte.

Es folgen einige Impressionen, die sich per Klick vergrößern lassen:

Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.