Austria gegen Grödig: Zwei ähnliche Spielphilosophien und ein Schlüsselduell im Zentrum
Bundesliga 20.Juli.2014 Alexander Semeliker 0
Das erste Sonntagsspiel der Saison 2014/2015 in der tipico Bundesliga bestreiten der FK Austria Wien und SV Grödig. Die Salzburger schnappten den Wienern im Finish der vergangenen Spielzeit den Europacup-Startplatz vor der Nase weg. Doch nicht nur deshalb dürfte diese Partie eine äußerst interessante werden.
Auf beiden Seiten gab es in den letzten Monaten einige personelle Wechsel, unter anderem auf der Position des Cheftrainers. Bei den Veilchen trennte man sich von Herbert Gager und ersetzte ihn mit Gerald Baumgartner, bei den Grödigern wird Michael Baur auf der Trainerbank platznehmen. Er tritt das Erbe von Adi Hütter an, welcher zu Red Bull Salzburg wechselte.
Umschaltfokus auf beiden Seiten
Letzte Saison sorgte der SV Grödig vor allem mit seinem aggressiven Umschaltspiel für Furore. Eroberte man den Ball spielte man geradlinig, durchaus riskant und schnell nach vorne, verlor man ihn wurde sofort ins Gegenpressing übergegangen. Diesen Stil versuchen die Salzburger auch unter Baur fortzusetzen. Die Austria wechselte in der abgelaufenen Spielzeit ihre Ausrichtung des Öfteren, was unter anderem mit den Trainerwechseln zu tun hatte. Nenad Bjelica versuchte den dominanten, fluiden Stil der Stöger-Ära fortzusetzen, scheiterte aber. Unter Gager verlagerte man den Fokus stärker auf das Spiel gegen den Ball, hatte aber im defensiven Umschaltspiel einige Probleme.
Ausgeprägte Mannorientierungen
Mit Baumgartner haben die Veilchen nun einen Trainer, der ähnliche Vorstellungen verfolgt wie es die Grödiger tun – Stichwort „offensives Pressing“. Etwas, das man vor allem von Underdogs regelmäßig hört. Ein Kernelement dabei ist der hohe Mannfokus dieser Teams. Aufgrund der klaren Zuordnung braucht es weniger Abstimmung zwischen den Spielern, dafür eine höhere Einsatz- bzw. Laufbereitschaft. Die individuelle Zweikampfführung ist ebenfalls ein wichtiger Baustein um erfolgreich zu sein. Verliert man diese „Schnittzweikämpfe“, hat der Gegner oftmals viel Raum.
Nach Ballverlusten darf man sich sowohl bei der Austria als auch Grödig mehr oder weniger dieselben Abläufe erwarten. Das Gegenpressing läuft sehr zugriffsorientiert ab und es gleicht einem kollektiven Jagen ohne klare Zuordnungen bzw. Positionsbesetzungen. Auch hier können sich große Räume für den Gegner auftun, wenn dieser über genügend Pressingresistenz verfügt. Bemerkbar macht sich das alles darin, dass das Spiel schnell eine hohe Dynamik erfährt.
Ex-Grödiger Schlüsselspieler beim FAK
Viele Augen dürften bei dieser Partie auch auf Mario Leitgeb gerichtet sein. Der 26-jährige defensive Mittelfeldspieler war bei Grödig eine wichtige Stützte im letzten Jahr und wurde lange Zeit mit dem SK Rapid in Verbindung gebracht. Schlussendlich wechselte er aber an den Verteilerkreis, wo er sich gut einfügte und ohne weiteres schon als Schlüsselspieler bezeichnet werden kann. Bei Grödig agierte Leitgeb als defensivere Spieler der Doppelsechs neben Stefan Nutz. Während dieser mit seinen Pässen und Läufen vor allem im Umschaltspiel nach vorne glänzte, war Leitgeb für das Spiel gegen den Ball wichtig.
Bei der Austria nimmt er eine vergleichbare Position ein, allerdings nicht in einer 4-2-3-1-, sondern 4-3-3-Grundordnung. Mit dem pendelnden David de Paula sowie dem pass- und spielstarken Alexander Grünwald hat er dabei sogar noch mehr Unterstützung nach vorne hin. Im Defensivspiel hat Leitgeb gewissermaßen eine Freirolle und agiert nicht so stark mannorientiert wie seine Mitspieler. Er ist derjenige, der sich im entscheidenden Moment von seinem Gegenspieler lösen und Zugriff herstellen soll. Im Testspiel gegen PSV Eindhoven klappte das phasenweise sehr gut.
Stürmerproblem bei der Austria?
Ebenfalls interessant dürfte die Besetzung des Sturmzentrums werden. Mit Philipp Hosiner wechselte der Fixpunkt der letzten beiden Saisonen nach Frankreich und ein klarer Ersatz scheint sich noch nicht herauskristallisiert zu haben. Ola Kamara wäre vom Spielertyp her passend, verletzte sich aber gegen PSV. Damals kam Roman Kienast, der allerdings aufgrund seiner statischen Spielweise nicht perfekt zum umschaltlastigen Spiel passt und oft „in der Luft hängt“.
Eine interessante Alternative wäre der Ungar Tamas Priskin, der bereits im letzten Winter verpflichtet wurde. Ob dieser der Austria über den Sommer hinaus überhaupt erhalten bleibt, ist fraglich. Deshalb könnte, wie zuletzt im Cupspiel gegen die Vienna, Martin Harrer in der Startelf stehen. Der 22-Jährige ist jedoch kein klassischer Stürmer, hat dementsprechend Defizite im Stellungsspiel und kaum Bundesligaerfahrung.
Flexibles Grödiger Offensivquartett
Die Grödiger Offensive wurde ebenfalls umstrukturiert. So holte man mit Roman Wallner einen routinierten Stürmer, was aufgrund dessen wendiger Spielweise durchaus nachvollziehbar ist. Allerdings hat der 32-Jährige noch Trainingsrückstand und so darf im Angriff ein weiterer Neuzugang erwartet werden: Yordy Reyna. Bei Red Bull Salzburg konnte sich der Peruaner nicht durchsetzen und wurde nun erneut verliehen. In den bisherigen Spielen für die Grödiger hinterließ er einen durchaus guten Eindruck, agierte an vorderster Front meist ausweichend und brach in Umschaltmomenten mit viel Dynamik nach vorne durch.
Auf den Flügel spielen mit Sascha Boller und Philipp Huspek zwei ähnliche, schnelle Spielertypen, die viel rochieren, während die Zehnerposition von Tomi Correa besetz wird. Im Gegensatz zu den anderen Offensivspielern ist der Spanier allerdings kein besonders wendiger Spieler, sondern besticht durch seine Ballsicherheit und Kreativität. Das macht ihn zum Schlüsselspieler im Kombinations- und offensiven Umschaltspiel. Immer wieder sorgt er mit seiner Übersicht und Technik für Überraschungsmomente, mit denen er Räume öffnet. Das Duell mit seinem ehemaligen Mitspieler Leitgeb könnte also der Schlüssel zum Erfolg sein.
Alexander Semeliker, abseits.at
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