Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (19): Lieber Sigi Gruber!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag senden wir unseren Brief nach Linz, z. Hd. Herr Präsident…

Lieber Siegmund „Sigi“ Gruber!

Sieger haben eigentlich wenig Grund zu maulen. Du, Sigi, hast den Sieg sogar schon im Vornamen. Bist also ein geborener Gewinner. Im Moment stehst du auf der Sonnenseite des Lebens: Dein Verein, der LASK, spielt großartigen Fußball, hat die Saison auf Platz zwei hinter dem Ligakrösus abgeschlossen. Die Schwarz-Weißen und nicht Rapid oder die Austria rittern als Vasallen der Liga um europäische Lorbeeren. Mit Wolfsburg schaffte es ein deutscher Verein Trainer Glasner wegzulocken. Spieler wie Michorl oder Ramsebner, die bei Großklubs nicht mehr gebraucht werden, sind Leistungsträger, dazu kommen local heroes wie Kapitän Gernot Trauner oder Thomas Goiginger, die einst abseits von Akademien „wildwuchsen“ und jetzt reif für Großtaten sind. Ergänzt wird die Mannschaft durch erfahrene Spieler wie Emanuel Pogatetz oder James Holland. Das hat unter deiner und Jürgen Werners Führung zum Champions-League-Play-Off gereicht.

Das Leben auf der Gugl ist schön. Und aus diesem Grund stelle ich mir die Frage, warum du dieses Nachtreten nötig hast. Genügt es dir nicht die Wiener Vereine sportlich in ihre Schranken zu weisen? Schon im Juli stichelst du gegen die grün-weiße Fanproblematik. Jetzt ätzt du kryptisch: „Bei denen [Anmerkung: Rapid] hört die Solidarität dort auf, wo der Klubname endet.“, weil Rapid sich nicht auf eine kurzfristige Spielverschiebung einlassen wollte. Außerdem hast du behauptet, die Hütteldorfer hätten einen Einsatz von Marvin Potzmann am Samstag verhindern wollen.

Ich kann mir durchaus erklären, woher dieses Verhalten kommt. Verständnis habe ich dafür aber wenig übrig. Klar, der Präsident eines Provinzvereins ist im Idealfall eine schillernde Figur. Er muss klare Ansagen machen und hin und wieder auf den Tisch hauen. Wegen der Präsenz in den Medien warats. Denn es geht auch darum im Gespräch zu bleiben, neue Fans zu gewinnen, damit der Verein (weiter)lebt. Wir wissen alle, dass der österreichische Fußball nicht wegen seiner Qualität Anhänger anziehen kann.

Die Anfrage der Laskler, das Bundesligaspiel gegen den Rekordmeister zu verschieben, war sicherlich strategisch gut, um die Bundesliga in Zukunft zum Handeln zu zwingen. Sämtliche Poltereien in Richtung Hauptstadt sind aber zu viel des Guten. Lieber Sigi, es geht auch anders. Es geht mit mehr Gefühl. Keiner verlangt hausbackene Einfalt eines „Dorfklubs“-Chefs, aber legst du es wirklich darauf an ein zweiter Hannes K. zu werden? Einer, der zwar Erfolg hatte, sich dabei aber zum Hassobjekt hochstilisierte und letztendlich strafrechtlich verurteilt wurde. Die vermeintliche Triumphe dieses Herrn waren letztendlich teuer erkauft und hätte einen Verein, der 1909 von Gymnasiasten in einem Wirtshaus aus Liebe zum Spiel gegründet wurde, beinahe zerstört.

Sigi, du und dein Verein, ihr seid auf einem anderen, einem guten Weg. Sage weiter was du denkst, aber denke vorher. Denn sonst rücken die guten Leistungen deines Klubs bald in den Hintergrund, weil der kläffende Präsi das Licht einfängt.

Denk darüber nach! Das wünscht sich

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag