Wer Fußballprofi werden will, der muss in eine Akademie. Das stimmt natürlich nicht so ganz, die Chancen für einen „Akademiker“ später einmal im Profigeschäft... Neo-Akademiespieler: „Man muss eine Art Allrounder sein“

Wer Fußballprofi werden will, der muss in eine Akademie. Das stimmt natürlich nicht so ganz, die Chancen für einen „Akademiker“ später einmal im Profigeschäft zu reüssieren, sind aber bedeutend höher. Unser heutiger Gesprächspartner wird ab September genau diesen Weg beschreiten: Jakob (14) wechselt in das Fußballinternat des SV Horn. Vorher spielte der Niederösterreicher bei seinem Heimatverein und eine Zeit lang nebenbei auch in der Fußballschule Tecnofutbol, mit der er auf vielen Turnieren zu Gast war. Wir sprachen mit ihm über seine Stärken und Schwächen, Chauffeurlogistik in einer fußballbegeisterten Familie, Erinnerungen an Turniere in Berlin oder Salzburg und seine Zukunftspläne.

abseits.at: Wie bist du zum Fußball gekommen?

Jakob: Ich komme aus der Gemeinde Langenrohr in der Nähe von Tulln. Meine Eltern haben beide in der Landesliga Fußball gespielt; mein Vater sogar auch in der Regionalliga. Irgendwann hat mein älterer Bruder mit dem Kicken angefangen. Ich habe dann gemeinsam mit meiner Schwester begonnen, obwohl sie auch älter als ich ist. Mein Bruder ist aktuell verletzt und auf dem Weg zurück; meine Schwester geht jetzt zum Studium nach Graz und wird sich dort einen neuen Verein suchen. Ich selbst habe offiziell mit vier Jahren beim SV Langenrohr mit dem Fußball begonnen und dort bis zum Sommer gespielt.

Wo spielst du?

Letzte Saison in der U14 von Langenrohr. Ich spiele meist in der Mitte oder am linken Flügel.

Weißt du über deine Stärken und Schwächen Bescheid?

Ich habe viel Übersicht und eine gute Passgenauigkeit. Außerdem dribble ich gut auf engem Raum. Zu meinen Stärken gehört auch, dass ich aus dem Halbfeld genau flanken kann. Meine Schwächen sind, dass ich nicht immer an mich glaube und schnell frustriert bin. Außerdem habe ich einen schwachen Fuß, den ich trainieren muss.

Wie konntest du bisher Training und Schule vereinbaren?

Ich bin in Tulln zur Schule gegangen. Beim SV Langenrohr haben wir zwei- bis dreimal pro Woche um 18:30h trainiert. Grundsätzlich konnte ich mit dem Fahrrad zum Training fahren, aber einmal pro Woche war es knapper, da hat mich mein Opa nachhause gebracht. Dann konnte ich noch etwas essen bevor ich losmusste.

Wird im Vereinstraining bei Langenrohr nur kollektiv gearbeitet? Wie schaffst du es, dich persönlich weiterzuentwickeln?

Jedes halbe Jahr nach der Hin- bzw. Rücksaison gibt es ein Einzelgespräch mit dem Trainer und dem Jugendleiter, in dem wir über die persönlichen Stärken und Schwächen reden. Dabei können wir dann auch Probleme ansprechen. Das wird seit ca. 2 Jahren in jeder U‑Mannschaft beim SV Langenrohr gemacht. Privat trainiere ich ca. ein- bis zweimal pro Woche zusätzlich – entweder im Garten oder auf dem Spielplatz, wo auch Fußballtore sind.

Musstet ihr Spieler zu den Meisterschaftsspielen privat reisen? Wie haben das deine Eltern geschafft, wenn alle ihre Kinder kicken?

Wir haben meistens Mitfahrgelegenheiten gebildet. Das hat gut funktioniert, die Eltern der Spieler haben sich organisiert. Wegen meiner Geschwister musste bei mir auch manchmal der Opa hinhalten.

Sprechen wir über deine Zeit bei Tecnofutbol. Wie bist du dorthin gekommen?

Mein damaliger Trainer ist vom SV Langenrohr zu Tecnofutbol gewechselt. Zu dieser Zeit ist ein Tecnofutbol-Standort bei uns eröffnet worden. Ich bin – auf seine Vermittlung hin – zum Probetraining gegangen und zwei Monate später habe ich schon an meinem ersten Turnier für Tecnofutbol teilgenommen. Das war ca. 2016. Gespielt habe ich dort dann nebenbei vier Jahre lang.

Du hast ja regelmäßig beim SV Langenrohr gespielt. Wieso wolltest du zusätzlich noch in einer Mannschaft kicken?

Die Chance, bei internationalen Turnieren anzutreten, hat mich gereizt. Außerdem wollte ich durch mehr Übung besser werden. Zusätzlich zum Vereinstraining habe ich einmal pro Woche dort trainiert; auch meine Geschwister haben dort gekickt. Wir haben aber aufgehört, weil der Standort Langenrohr jetzt geschlossen ist und es sich außerdem zeitlich nicht mehr ausgegangen ist.

Bei welchen Turnieren hast du mit Tecnofutbol teilgenommen?

Sowohl an nationalen als auch an internationalen: In Österreich haben wir gegen Mannschaften wie Blau-Weiß Linz, Rapid, RB Salzburg oder LASK gespielt. Mein erstes großes Turnier war in Salzburg – die Euro Championship. Damals haben wir im Max-Aicher-Stadion gegen Jugendmannschaften von Dortmund, Ajax, Hertha, Dinamo Zagreb oder Juventus gespielt. Im Ausland sind wir mit Tecnofutbol in Tschechien, Frankreich oder Deutschland zu Turnieren gefahren.

Wie hat der Verein darauf reagiert?

Mein Verein hat mit Tecnofutbol kooperiert, deswegen war es kein Problem. Außerdem kann ich mich nur erinnern, dass ich einmal ein Meisterschaftsspiel verpasst habe, als wir auf einem Turnier in Paris waren. Das war aber egal.

Wie verlief die Anreise und Unterbringung zu den Turnieren?

Ich habe einen Freund, der in Tulln wohnt. Mit ihm bin ich meist zusammengefahren. Die Anreise war individuell – mit dem Flugzeug nach Berlin oder mit dem Auto nach München. Ich war immer nur drei bis vier Tage weg. Nach Berlin bin ich sogar nur mit meinem Freund und dessen Vater geflogen. Tecnofutbol hat uns vorab informiert, in welchem Hotel sie Zimmer reserviert haben, damit wir dort alle zusammenwohnen.

Warst du in der Schule abwesend?

Nein, die meisten Turniere sind übers Wochenende oder über die Feiertage, z.B. Pfingsten. Ich habe – glaube ich – nur einmal einen Tag in der Schule gefehlt, aber meine Lehrer hatten Verständnis.

Erinnerst du dich noch, wer die stärksten Jugendmannschaften auf diesen Turnieren waren?

In Berlin waren es z.B. die Gastgeber: Hertha BSC. Ajax hatte auch eine starke Truppe. Generell schlagen sich die österreichischen Mannschaften untereinander regelmäßig, aber Salzburg dominiert letztendlich fast immer. Wir von Tecnofutbol haben uns nach den ersten Spielen meist ganz gut gefangen und waren oben mit dabei.

Weißt du, woran das liegen könnte, dass Salzburg schon in der Jugend dominiert?

Sie haben gute eingespielte Teams. Bei Tecnofutbol haben wir alle an unterschiedlichen Standorten trainiert und uns bei den Spielen immer erst „finden“ müssen. Die ersten Matches sind deshalb oft in die Hose gegangen. Ich weiß noch, dass wir bei den großen Turnieren im Ausland auch immer sehr nervös waren.

Habt ihr auf dem Rasen oder in der Halle gespielt?

Oft waren es Hallenturniere, weil sie leichter zu organisieren sind. Es gibt nur ein bis zwei große Rasenturniere. Das größte bei dem ich war, war das Rasenturnier in Paris vor ca. 3 Jahren. Damals hat die Jugendmannschaft von PSG gewonnen. Persönlich hat mir das Salzburger Turnier aber am besten gefallen, weil ich damals zur Eröffnung mit einer Fahne einlaufen durfte.

Bist du auf den Turnieren auch von Scouts angesprochen worden?

Es sind einige Scouts, aber auch viele Trainer, die Spieler suchen, bei den Turnieren anwesend. In Paris hat mich ein Scout von LOSC Lille angesprochen, aber ein Wechsel kam und kommt für mich wegen dem Umziehen ins Ausland jetzt noch nicht in Frage.

Nächste Saison wechselt du in die Akademie des SV Horn. Wie bist du dorthin gekommen?

Ich habe zunächst ein Probetraining in Waidhofen gemacht und wäre auch aufgenommen worden. Da ich aber meine Schullaufbahn in der HAK fortsetzen möchte und Waidhofen nicht mit dieser Schule kooperiert habe ich auch noch bei der Akademie des SV Horn ein Probetraining gemacht. Die Akademie hat auch einen Standort in Hollabrunn und ich kann dann in die HAK Hollabrunn gehen. Ich möchte schon Profi werden, aber mir ist es auch wichtig die Schule abzuschließen.

Was war dir sonst noch wichtig bei der Auswahl der Akademie?

Es sollte nicht zu weit weg von meinem Heimatort sein. Für Horn hat gesprochen, dass einige Freunde von mir dort auch das Probetraining versucht haben. Der Ruf dieser Akademie ist ebenfalls sehr gut.

Wirst du weiterhin zuhause wohnen?

Nein, ich ziehe ins Internat.

Wann geht es los?

Die Vorbereitung startet am 30. Juli. Sonntagabend komme ich und donnerstags fahre ich wieder nachhause. Im September beginnt dann die Schule.

Erinnerst du dich noch an das Probetraining?

Ja, es waren damals Basic-Übungen aus allen Bereichen gefragt: Eins-gegen-Eins, Überzahl gegen Unterzahl, Annahme und Torabschluss, etc. Außerdem haben wir verschiedene Athletik- und Kraftübungen gemacht. Wer aufgenommen werden möchte, sollte in allen abgeprüften Bereichen möglichst gut sein. Man muss eine Art „Allrounder“ sein.

Wurdest du bei der Akademie empfohlen?

Nein, meine Mutter hat mich einfach angemeldet. Nach der bestandenen Aufnahmeprüfung hatten wir die Möglichkeit mit dem Akademieleiter zu sprechen.

Kennst du jemanden, der erfolgreich eine Fußballakademie absolviert hat?

Ja, Gabriel Zirngast: Er war in der Rieder Akademie und spielt jetzt beim LASK. Ich kenne ihn aus Langenrohr.

Hast du mit ihm über das Akademieleben gesprochen?

Ja. Er meinte, ich soll einfach Gas geben.

Was ist dein Zukunftsplan?

Ich gebe schon Vollgas um Profi zu werden. Wenn es nicht klappen sollte, würde ich gerne nach der HAK-Matura in Richtung Sportmanagement gehen und dem Fußball vielleicht auf diese Art erhalten bleibe.

Glaubst du, dein Leben wird sich in der Akademie noch mehr um Fußball drehen?

Sicherlich, aber ich vermisse es nicht weniger Freizeit zu haben als andere Altersgenossen.

Verzichtest du bewusst auf etwas? Musst du auch schon in den Bereichen Ernährung oder Regeneration bzw. Ausgleichssport Acht geben?

Nein, ich habe nicht das Gefühl auf etwas verzichten zu müssen. Meine Familie isst so oder so gesund. In die Kraftkammer oder ähnliches gehe ich aber nicht, nur ab und zu mit meiner Mutter Padel-Tennis spielen – wenn ihr Gegner ausfällt.

Das Interview führte Marie Samstag.

Marie Samstag