Die Bundesliga ist in der Winterpause. Zeit, um ein erstes Résumé zu ziehen, welche drei Mannschaften in dieser Saison überraschen konnten und welche drei... Winterpause: Die Tops und Flops der deutschen Bundesliga 2023/24

Die Bundesliga ist in der Winterpause. Zeit, um ein erstes Résumé zu ziehen, welche drei Mannschaften in dieser Saison überraschen konnten und welche drei hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind.

Die Überraschungen

Platz 1: VfB Stuttgart

Es ist fast wie im Fußballmärchen. In der abgelaufenen Saison konnten die Schwaben mit Mühe und Not die Klasse halten und gingen als Tabellensechzehnter in die Relegation. An den Spieltagen 25 und 26 zierten die Stuttgarter sogar noch das Tabellenende.

In der Relegation dann der endgültige Befreiungsschlag. Der HSV wurde mit einem Gesamtergebnis von 6:1 weggefegt und seither befindet sich das Team von Sebastian Hoeneß auf der Überholspur.

Apropos Hoeneß: Seine Mission in Stuttgart begann just am 27. Spieltag der Vorsaison. Der Sohn von Dieter Hoeneß und Neffe von Uli Hoeneß übernahm den VFB am letzten Tabellenplatz, führte ihn in die Relegation und dieses Jahr sensationell auf Platz 3 der Tabelle. Hoeneß gewann mit den Schwaben von 31 Spielen 20 und verlor nur sechs.

Im Sommer wurde dann kräftig und überlegt umgekrempelt. Konstantinos Mavropanos und Wataru Endo verließen den Club für je 20 Millionen Euro gen West Ham United und Liverpool, Borna Sosa wurde für 8 Millionen Euro an Ajax verkauft. Zuzüglich weiterer Verkäufe wurden so knapp über 50 Millionen Euro an Einkünften lukriert. In gewohnter schwäbischer Sparsamkeit wurden davon aber nur knapp über 20 Millionen Euro in Neuzugänge investiert.

Und es waren gerade die Neuzugänge, die gesessen haben. Serhou Girassy kam für neun Millionen Euro aus Toulouse, Alexander Nübel wurde für eine Millionen Euro vom FC Bayern ausgeliehen, Deniz Undav für 750.000 Euro vom FC Brighton, Angelo Stiller kam für 5,5 Millionen Euro aus Hoffenheim, Maximilian Mittelstaedt für 500.000 Euro von der Hertha., Woo-yeong Jeong um 3,5 Millionen Euro aus Freiburg und Jamie Leweling wurde für 200.000 Euro von Union Berlin ausgeliehen.

Damit wurde der Kader nicht nur quantitativ, sondern vor allem qualitativ verstärkt. Guirassy und Undav belegen mit 17 bzw. 9 Toren die Plätze 2 und 5 in der Torschützenliste, Alexander Nübel spielte sechsmal zu Null und liegt im Ranking der weißen Weste auf Platz 2. Die Schwaben weisen derzeit den viertbesten Angriff und die viertbeste Verteidigung der Liga auf, Werte von denen man im Vorjahr nur träumen konnte.

Auch wenn Bayer Leverkusen nicht minder sensationell die Liga anführt, so liegt der VFB in unserer Wertung vorne. Mit Ruhe und Gelassenheit und einer klugen Transferpolitik haben sich die Schwaben vom Tabellenkeller in die Bel Etage der Bundesliga zurückgearbeitet.

Platz 3 in der Bundesliga und Platz 1 in unserer Wertung.


Platz 2: Bayer Leverkusen

Die Werkself thront an der Tabellenspitze und kann sich am 17. Spieltag zum Herbstmeister krönen. Ein Kunststück, das den Leverkusenern das letzte Mal in der Saison 2009/2010 gelungen ist. Xabi Alonso knüpft als Trainer genau dort an, wo er als Spieler aufgehört hat: Erfolgreichen Fußball zu spielen.

Alonso, der seit Oktober 2022 Übungsleiter in Leverkusen ist, führte die Werkself in der abgelaufenen Saison auf Platz 6, ehe dieses Jahr der absolute Durchbruch gelang und Bayer 04 an der Tabellenspitze überwintert.

Der besten Verteidigung der Liga steht die zweitbeste Offensive der Liga gegenüber. Lukas Hradecky spielte siebenmal zu Null und führt das Ranking der weißen Weste an, der phyisch starke Angreifer Victor Boniface trägt sich mit zehn Toren immerhin auf Platz 4 der Torschützenliste ein. Gerade in der Offensive spiegelt sich aber die besondere Stärke der Werkself wider. Die Leverkusener sind unberechenbar und haben mit Jonas Hofmann, Florian Wirtz, Jeremie Frimpong, Alejandro Grimaldo und eben Victor Boniface gleich fünf Spieler unter den Top 20 Torschützen und damit fünf Spieler, die mindestens fünf Tore erzielt haben So viele wie kein anderes Team.

Leverkusen hat alles richtig gemacht. Mit Grimaldo, Boniface und Hofmann wurden im Sommer gleich drei absolute Schlüsselspieler geholt, mit Granit Xhaka ein erfahrener Haudegen im Mittelfeld installiert. Leverkusen kommt mit viel Wucht und einem exzellenten Kombinationsspiel aus der Tiefe. Etwas, das für Gegner schwer zu verteidigen ist. So kommen auch die Außenverteidiger Grimaldo und Frimpong zu einer Vielzahl an Torchancen. Und diese nützen sie auch: Ganze zwölf Tore gehen auf das Konto der beiden Außenverteidiger – sie sind damit das torgefährlichste Außenverteidigerduo der Liga.

Es wäre der erste deutsche Meistertitel für die Werkself, sollte man diese Saison Meister werden. Eine Möglichkeit um den Spitznamen „Vizekusen“ endlich Geschichte werden zu lassen.

 

Platz 3: 1. FC Heidenheim

Ein Aufsteiger ärgert die Großen.

Zarte 2,3 Millionen Euro hat man in Heidenheim im Sommer für Neuzugänge in die Hand genommen, mehr war einfach nicht drin. Doch wer braucht Neuzugänge, wenn man Frank Schmidt als Trainer hat. Schmidt ist seit September 2023 der längstdienendste Trainer der Bundesligageschichte und ist knapp 6000 Tage oder etwas mehr als 16 Jahre im Amt.

Nur zur Erinnerung: Frank Schmidt übernahm die Heidenheimer im Jahr 2007 in Liga 4, in der Saison 2008/09 gelang der Meistertitel in Liga 4, in der Saison 2013/14 folgte der Meistertitel in Liga 3, 2022/23 dann schließlich der Meistertitel in der zweiten Bundesliga und der damit verbundene erstmalige Aufstieg in die Bundesliga. Im Premierenjahr in der Bundesliga überwintern die Heidenheimer auf Platz 9 und können auch mit zwei Einzelleistungen punkten. Mit Jan-Niklas Beste hat man den zweitbesten Vorlagengeber der Liga in seinen Reihen, Keeper Kevin Müller hielt seinen Kasten viermal sauber und rangiert auf Platz 7 im Ranking der Weißen Weste.

Der Kader des 1. FC Heidenheim der zweitgünstigste der Liga, die Voith Arena ist mit einem Fassungsvermögen von 15.000 Zuschauern das kleinste Stadion der Liga und mit 2,3 Millionen Euro gab man weniger als jeder andere für Neuzugänge aus.

Heidenheim zeigt wie man es macht und mit Konstanz, Leidenschaft und bedingungslosem Einsatz für Furore sorgt. Vor der Leistung des Klubs kann man wahrlich nur den Hut ziehen, denn man geht für das Abenteuer Bundesliga keine finanziellen Risiken ein und bleibt seiner Linie, die auf einer langfristigen Planung basiert, treu.

Die Fehlstarter

Platz 1: Union Berlin

Am 15.11.2023, nach 224 Bundesligaspielen und mehr als fünfjähriger Amtszeit war Urs Fischer ins Berlin Geschichte.Doch sein Abschied war nur das Ende eines völlig verkorksten Sommers. Aber nun im Detail:

Die Berliner waren seit ihrem Aufstieg in die Bundesliga so etwas wie die Shootingstars der Liga. Nach dem Aufstieg 2018/19 folgten die Plätze 11, 7, 5 und 4. Zwei Mal erreichte man damit das internationale Geschäft und das mit einer Mannschaft, die sicherlich nicht zu den besten der Liga zählte. Doch an der Alten Försterei gab es für die Gästemannschaften kaum etwas zu gewinnen und die Spieler identifizierten sich mit dem Klub.

Rückblickend betrachtet war es die Qualifikation für die Champions League, die den Berlinern nicht gutgetan hat. Anstatt, wie in den Jahren davor, auf das Kollektiv zu setzen, holte man im Sommer verhältnismäßig große Namen wie etwa Leonardo Bonucci, Robin Gosens, Brendan Aaronson, Kevin Volland oder Diogo Leite. Zugänge, die mit der Philosophie des Klubs nicht wirklich zusammenpassen, die auf das Kollektiv und nicht auf Einzelspieler setzt.

Das Ergebnis: Platz 15, das Aus in der Champions League und in der Europa League. Union Berlin lässt all das vermissen, was Heidenheim richtig gemacht hat und was auch die Berliner in den letzten Jahren ausgezeichnet hatte. „Schuster bleib bei deinem Leisten“, möchte man den Berlinern da am liebsten mitgeben.

Platz 2: Borussia Dortmund

Es ist ein enttäuschender Platz 5. Doch die Platzierung ist nicht einmal das große Problem, vielmehr ist es der Abstand zur Spitze. Satte 15 Punkte liegt man hinter Spitzenreiter Leverkusen. In Relation: Der Abstand vom 1. zum 5. ist damit größer als der Abstand vom 5. zum 15. Union Berlin. Mit anderen Worten: Dortmund ist meilenweit vom Titel entfernt.

Um es auf den Punkt zu bringen: Die Hinrunde war enttäuschend. Die Mannschaft ist nicht konstant und in der Hinrunde konnten nur Gregor Kobel und Mats Hummels überzeugen, der restliche Kader bringt nicht die Leistung, die man sich erwarten durfte. Vorstellung und Realität, sie klaffen in Dortmund derzeit weit auseinander. Einziger wirklicher Lichtblick war, dass man sich in der Champions League in der Hammergruppe F gegen PSG, Newcastle United und den AC Milan als Gruppenerster durchsetzen konnte.

Dass Edin Terzic in der Kritik steht und über seine Ablöse diskutiert wird, versteht sich von selbst. Vorne zu zahm, hinten zu anfällig. Der BVB kommt und kommt nicht in Fahrt, was sich auch daran zeigt, dass Dortmunds beste Torschützen Julian Brandt, Donyell Malen und Niclas Füllkrug nur je fünf Treffer auf ihrem Konto haben. Zum Vergleich: Harry Kane und Serhou Guirassy führen die Torschützenliste mit 21 bzw. 17 Treffern an.

Dortmund fehlt es nicht nur an einem echten Goalgetter sondern auch an spielerischer Überlegenheit und so lässt man gegen kleinere Vereine wie Heidenheim, Mainz, Augsburg und Bochum wichtige Punkte liegen.

Vor Dortmund liegt viel Arbeit, auch auf dem Transfermarkt, denn Jude Bellingham fehlt in Dortmund an allen Ecken und Enden.

Platz 3: VFL Wolfsburg

72 Millionen Euro hat man in Wolfsburg im Sommer in die Hand genommen, um die Mannschaft zu verstärken. Nur der FC Bayern, Bayer Leverkusen und RB Leipzig haben mehr Geld für Neuzugänge in die Hand genommen. Mit knapp über 245 Millionen Euro Kader-Gesamtmarktwert weist man zudem den fünftteuersten Kader der Bundesliga auf.

Dennoch ist es in Wolfsburg nicht gelungen eine schlagkräftige Truppe auf die Beine zu stellen. Von den 20 erzielten Toren gehen 16 auf das Konto von Jonas Wind und Marvin Duksch, spielerisch liefern die Wolfsburger meist Schonkost.

Mit Platz 10 liegt man damit sicherlich hinter den Erwartungen.

Patrick Stummer, abseits.at

Patrick Stummer