Der Fall Jordan Torunarigha führte die traurige Tatsache vor Augen, dass Rassismus nicht irgendwo anders, sondern direkt vor der eigenen Haustür stattfindet. Es sind... Der Fall Jordan Torunarigha: Näher als man denkt

Der Fall Jordan Torunarigha führte die traurige Tatsache vor Augen, dass Rassismus nicht irgendwo anders, sondern direkt vor der eigenen Haustür stattfindet.

Es sind Stimmen aus einer längst überwunden geglaubten dunklen Vergangenheit: Affenlaute von den Tribünen in Richtung von dunkelhäutigen Spielern. In den vergangenen Monaten mehrten sich jedoch wieder Fälle dieser abscheulichen Verbalentgleisungen dummer Menschen. Vor allem italienische Kurven machten dabei zuletzt negativ auf sich aufmerksam.

„In unseren Stadien kann so etwas nicht passieren“, dachten sich sicherlich viele beim Lesen der Meldungen. Doch beim Pokalspiel zwischen dem FC Schalke 04 und Hertha BSC (3:2 n.V.) waren sie wohl wieder zu hören, diese schrecklichen Geräusche. Der Betroffene: Hertha-Verteidiger Jordan Torunarigha.

Wie sehr solch rassistischer Schwachsinn einen Menschen trifft und verletzten kann, zeigte sich an der Reaktion der 22-Jährigen, der auf dem Platz die Tränen nicht zurückhalten konnte. „Ich gehe nicht davon aus, dass der Spieler das erfunden hat“, sagte Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider nach dem Spiel. Genau das wurde Torunarigha in den sozialen Netzwerken später unterstellt. Laut dem Tagesspiegel bestätigte ein Fan aus der Schalker Kurve, die Beleidigungen gehört zu haben.

„Das geht nicht. Das brauchen wir nicht. Das wollen wir nicht“ äußerte sich Schalke-Trainer David Wagner in der Pressekonferenz. „Da gibt`s null Toleranz“ sekundierte Schneider. Der Verein will alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um die Rassisten ausfindig zu machen und zu bestrafen. Die Polizei hat mittlerweile die Untersuchungen aufgenommen. „Wir führen jetzt Gespräche mit dem Verein, sichten Videomaterial“, so ein Sprecher der Polizei gegenüber dem Sportinformationsdienst. Auch der Kontrollausschuss des DFB ermittelt.

Auf dem Platz erfuhren die meisten Beteiligten von den rassistischen Beleidigungen durch Torunarigha selbst. „Jordan hat`s mit gesagt“, gab Hertha-Kapitän Niklas Stark gegenüber dem Tagesspiegel zu Protokoll. „Der war heulend auf dem Platz. Da fragt man schon mal, was los ist. So was geht überhaupt nicht. Das ist menschlich abstoßend.“

Berlins Manager Michael Preetz hatte während der Pause vor der Verlängerung Schiedsrichter Harm Osmers informiert. Passiert ist danach: nichts. Es gab keine Stadiondurchsage, wie es der ersten Stufe eines von der Fifa herausgegebenen Drei-Stufen-Plan in so einem Fall vorsieht. Zu allem Überfluss stellte Osmers den emotional vollkommen übersteuerten Torunarigha in der Verlängerung mit Gelb-Rot vom Platz – Torunarigha hatte nach einem Foul an ihm eine Wasserkiste auf den Boden geschleudert.

Doch nun den Schiedsrichter an den Pranger zu stellen hilft wenig. Dennoch wurde sicher eine Chance verpasst, ein klares Zeichen gegen Rassismus von den Rängen zu setzen. Hoffentlich wird der Fall Torunarigha jedoch zum Anlass genommen, in Zukunft konsequenter durchzugreifen. Denn Affenlaute und anderer rassistischer Bullshit finden eben nicht nur irgendwo anders statt. Und kein Mensch sollte das Durchstehen müssen, was Torunarigha widerfahren ist.

Ral, abseits.at