Nach einer turbulenten Schlussphase im Heimspiel gegen den Wolfsberger AC machte sich bei Rapid Ernüchterung breit. Das Last-Minute-Ausgleich von Thomas Sabitzer sorgte dafür, dass... Analyse: Fehlende Cleverness bringt Rapid um drei Punkte gegen den WAC

Nach einer turbulenten Schlussphase im Heimspiel gegen den Wolfsberger AC machte sich bei Rapid Ernüchterung breit. Das Last-Minute-Ausgleich von Thomas Sabitzer sorgte dafür, dass Rapid auch das dritte Ligaheimspiel in Serie nicht gewinnen konnte.

0:1 gegen Hartberg, 1:1 gegen die WSG Tirol, jetzt 3:3 gegen den WAC. Aus drei Heimspielen, in denen Rapid eigentlich Siege eingeplant hatte, schauten am Ende nur zwei magere Punkte heraus. Der Punktschnitt der Hütteldorfer liegt nach sieben Runden bei 1,28 – damit wäre man in der vergangenen Saison nach dem Grunddurchgang nur auf Rang 7 gelegen.

Mühsamer Beginn, 1:0 als Dosenöffner

Die Hütteldorfer starteten fahrig in die Partie, der Spielaufbau war weitgehend nicht sauber, es schlichen sich zahlreiche, einfache technische Fehler ein. In der Phase von der 16. Minute bis zum Führungstreffer kamen die Wiener nur auf 68% Passgenauigkeit und man konnte sich auch aufgrund der mangelnden Raumbesetzung praktisch keine Torchancen erarbeiten.

Rapids schwache Passstatistiken zu Beginn des Spiels – und die sichtbare Verbesserung nach dem Führungstor (Screenshot von Wyscout S.p.a.)

Das 1:0 durch Fally Mayulu, dem ein unerzwungener Ausrutscher von Samson Tijani im Zentrum und ein zielgerichteter Assist des starken Sattlberger vorangingen, war für die Grün-Weißen ein echter Dosenöffner. Danach wurde Rapid griffiger und konkreter, hatte durch Kühn und Grüll die Chancen auf weitere Tore. Ein „Billardstoß“ von Leopold Querfeld besorgte schließlich vor der Pause doch noch das überfällige 2:0 und eine gute Ausgangsposition für die zweite Hälfte.

Grülls vergebener Matchball und Kongolos Fehlerkombo

Nachdem Mohamed Bamba kurz nach der Pause eine gute Chance für den WAC ausließ, hatte Rapids Marco Grüll die Entscheidung auf dem Fuß. Sein Stolperer nach guter Kühn-Hereingabe hätte das 3:0 sein müssen – es wäre wohl die Vorentscheidung gewesen. Aber nach 68 Minuten kippte die Partie aufgrund eines individuellen Fehlers von Neuzugang Terence Kongolo und einer Verkettung ungünstiger Umstände.

Der Gemeinschaftsfehler von Kongolo und Auer gegen Boakye sorgte dafür, dass der Wolfsberger alleine aufs Tor laufen konnte. Kongolo verursachte beim Versuch, seinen Fehler auszubessern, einen Elfmeter für Wolfsberg und sah obendrein Rot. Abgesehen davon, dass die Entscheidung der „Doppelbestrafung“ (Elfer UND Rot) durch den weitgehend überforderten Schiedsrichter Alan Kijas möglicherweise unverhältnismäßig war, hätte Kongolo den Elfmeter nicht riskieren müssen.

Gerade ein erfahrener Spieler wie der Niederländer hätte mehrere Optionen gehabt. Etwa den Gegenspieler am Ende nur abzulaufen, um den Winkel für dessen Torschuss (den auch Querfeld noch hätte entschärfen können) zu verkürzen. Oder aber das Gegentor in Kauf nehmen, dafür aber mit elf Mann weiter zu spielen. Kongolo entschied sich bei seinem Rapid-Debüt für die schlechtestmögliche Variante – und weckte die Wolfsberger damit wieder auf.

Schwaches Stellungsspiel vor dem 2:2

Auch der Ausgleichstreffer für den WAC zu Beginn der Rapid-Viertelstunde war zu billig: Querfeld ließ sich ohne Not von Florian Rieder aus dem Abwehrzentrum ziehen, wodurch Moormann in der Mitte nun alleine gegen Bamba stand. Mit einer einfachen Bewegung im Rücken Moormanns konnte sich Bamba lösen und köpfte am Ende ungehindert zum 2:2 ein. Gerade in Unterzahl hätte Rapid das Defensivzentrum besser überladen müssen. Zudem hatte Scott Kennedy bei seinem Assist-Assist deutlich zu wenig Gegnerdruck und konnte ungehindert eine Halbfeldflanke schlagen. Wenn schon dieser Gegnerdruck, etwa durch Sattlberger oder auch Grgic ausbleibt, müssen diese stattdessen den Strafraum verteidigen. Stattdessen hingen die meisten defensiven Zentrumsspieler in der Luft und Moormann ließ sich am Ende zu einfach überrumpeln.

Moormann lässt Rapid hoffen, aber Cleverness blieb am Ende aus

Ebendieser Moormann brachte Rapid dann aber vermeintlich noch einmal auf die Siegerstraße zurück, als er bei einer Auer-Freistoßflanke gut einlief und zum 3:2 einköpfte. Trotz Unterzahl hatte Rapid nun wieder das Heft in der Hand und musste nur noch über die Schlussphase und die siebenminütige Nachspielzeit kommen.

In ebendieser Phase stellten sich die Grün-Weißen nun aber wie eine Schülermannschaft an. 70 Sekunden (!) vor Ablauf der Nachspielzeit – bei 3:2-Führung für Rapid – entschied sich Jonas Auer bei einem Freistoß für eine Flanke, anstatt Zeit von der Uhr zu nehmen und den Ball bei der Eckfahne festzumachen. Unmittelbar vor dem Freistoß sah man auf den TV-Bildern noch, dass Barisic etwas ungläubig ob dieser uncleveren Idee wirkte. Verhindert hat er die Flanke allerdings auch nicht und so kam der WAC einfach wieder in Ballbesitz. Rapid hätte hier einfach nur eine Minute von der Uhr nehmen müssen, womöglich auch den Freistoß ein wenig verzögern. Stattdessen schenkte man dem WAC praktisch den Ball.

Dummer Moormann-Rempler, Baumgartner in der letzten Aktion ohne Gegenspieler

Nur 15 Sekunden später war es ein unnötiges, kleines Foul von Moormann gegen Baumgartner, das den Kärntnern noch einmal eine Freistoßaktion ermöglichte. Ebendieser Freistoß resultierte nach einem neuerlichen Totalblackout in der Rapid-Abwehr im 3:3. Hier war vor allem ausschlaggebend, dass ausgerechnet der kopfballstarke Baumgartner auf der linken Angriffsseite keinen Gegenspieler hatte. Kasanwirjo wurde von Scherzer weggeblockt (bzw. sogar so nach hinten gedrängt, dass er das Abseits aufhob) und Baumgartner konnte den Ball praktisch unbedrängt zur Mitte köpfen. Eine Zuteilungsschwäche, die Rapid definitiv auffallen musste – auch ohne Coaching von außen.

Burgstaller fehlte in Aktionen, in denen Cleverness gefragt war

Am Ende war es ein grün-weißer Selbstfaller. In einigen der hier beschriebenen Szenen wurde auch deutlich, dass Rapids Führungsspieler Guido Burgstaller als laute Instanz auf dem Platz abging. Der routinierte Kärntner hätte vor Auers Freistoß definitiv sein „Veto“ eingelegt und für den cleveren „Eckenkampf“ plädiert. Stattdessen spielte Rapid das Ende der Nachspielzeit eher dümmlich zu Ende und wurde dafür am Ende auch bestraft.

Zwei Siege in sieben Bundesligaspielen sind schlichtweg zu wenig. Gegen Sturm und die Austria wird es in den nächsten beiden Runden nicht einfacher. Auch wegen der fehlenden Abgebrühtheit kommt Rapid aus dem Mittelmaß einfach nicht heraus. Die xG-Statistik lautete am Ende 2.44 : 3.11 für den WAC – die meisten der vom WAC gesammelten xG hat sich Rapid allerdings selbst zuzuschreiben. Die spielerisch insgesamt biederen Wolfsberger profitierten praktisch durchgehend von Fehlerketten der Wiener…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen