Thomas Burgstaller arbeitet heute als Inspektor bei der Landespolizeidirektion Innsbruck, zuvor bewachte er jahrelang den Strafraum österreichischer Fußballplätze: Als Defensivspieler wurde er zweimal Meister... Anekdote zum Sonntag (215) – Siegestrunken

Thomas Burgstaller arbeitet heute als Inspektor bei der Landespolizeidirektion Innsbruck, zuvor bewachte er jahrelang den Strafraum österreichischer Fußballplätze: Als Defensivspieler wurde er zweimal Meister in der Bundesliga und gewann mit Blau-Weiß-Linz die Regionalliga. „Burgi“ kickte unter anderem in Lustenau, im Rapid-Trikot und in Kapfenberg. Seit Februar 2022 engagiert sich der Ex-Profi als Nachwuchsleiter beim SU Inzing in Tirol.              

Geboren wurde der Innenverteidiger 1980 in Linz und verbrachte seine ersten Kampfmannschaftsjahre beim damaligen Drittligisten Blau-Weiß. Josef Hickersberger holte den zweikampfstarken Oberösterreicher 2003 zu Rapid. Doch nach zwei Jahren verzichteten die Hütteldorfer auf eine Vertragsverlängerung; der Hauptgrund war dabei wohl nicht, dass sich Thomas im (verlorenen) Cup-Finale einen Kreuzbandriss zugezogen hatte: Der gebürtige Linzer war einfach nicht mehr als ein solider Bundesliga-Verteidiger. Burgstaller heuerte daraufhin in Lustenau und anschließend in Ried an. 2010 übersiedelte er nach Graz, wo er neben Gordon Schildenfeld die Stamm‑Innenverteidigung von Sturm bildete.

In jener Saison als Serienmeister Salzburg regelmäßig ausschüttete, der „schwarze April“ die Wiener Austria um den Titelgewinn brachte und Rapid zu oft nur rémis spielte, blieben die „Schwoazn“ als lachender Vierter übrig: Nur ein Heimsieg gegen Wacker Innsbruck trennte Sturm am 25. Mai 2011 vom dritten Titel der Klubgeschichte. Stammverteidiger Thomas Burgstaller konnte bei diesem Match aber bloß zuschauen, denn er musste eine Gelb-Sperre absitzen. Seiner guten Laune tat dies allerdings keinen Abbruch; ausgerüstet mit einer 1,5l Bierflasche des langjährigen Hauptsponsors platzierte sich der damals 30-jährige im Fansektor nahe der Pressetribüne. Das Stadion platzte aus allen Nähten. Das schwarz-weiße Graz glaubte fest an den Teller, dementsprechend euphorisch war die Stimmung schon vor dem Anpiff.

Als der 35-jährige Samir Muratović rund fünf Minuten vor Schluss das 2:1 schoss, stand Sturm – ohne Rücksicht auf das Ergebnis des Parallelspiels Salzburg vs. Austria – als Meister fest und die Stimmung kochte über. Nach Matchende wollte Burgstaller auf das Spielfeld laufen um sich wie seine Kollegen auf dem Rasen bejubeln zu lassen. Das Problem dabei: Der gebürtige Linzer war mittlerweile so betrunken, dass ihm die Fortbewegung schwerfiel. Im Freudentaumel zahlreicher Bierduschen, Umarmungen und Gesänge merkte das zunächst niemand.

Doch als die offizielle Tellerübergabe auf dem Rasen des Liebenauer Stadions vonstattengehen sollte und die Spieler dazu einzeln aufgerufen wurden, sorgte Burgstaller für Kopfschütteln bei den Offiziellen: Als einer der Letzten betrat er das aufgebaute Podest und wäre bei seinem Versuch eine Mini-Welle zu initiieren beinahe rückwärts von demselben gestürzt. „Voibrett hob i!“, schrie „Burgi“ mehrmals seinen Kameraden zu und informierte sie damit – im Dialekt – über seinen Rauschzustand. Ferdl Feldhofer schlug die Hände über dem Kopf zusammen, die meisten Sturmspieler jubelten dem grölenden Burgstaller aber begeistert zu. Bundesliga-Präsident Rinner, der die Kicker beglückwünschte, war die Situation unangenehm. Nachdem Burgstaller die Prozedur aufgehalten hatte, weil er nicht den direkten Weg zum Ex-Sturm-Präsidenten gesucht hatte, vergaß dieser ihm seine Meistermedaille umzuhängen. Rinner schüttelte dem Gesperrten zwar die Hand, wies ihn aber sogleich an, nach hinten weiterzugehen, weil bereits die Nächsten auf seine Gratulation warteten. Der frischgebackene Meisterkicker bestand aber auf seiner Medaille und verlieh seinen Worten mit wilder Gestik Ausdruck. Rinner war peinlich berührt und schob den Alkoholisierten sanft weiter. Es waren qualvolle Sekunden für den Bundesligapräsidenten. Endlich verschwand „Burgi“ ins zweite Glied, wo ihn andere „Blackies“ stützten, während die Prozedur weiterging. Mittlerweile hatte das ganze Stadion mitbekommen, dass Burgstaller sternhagelvoll war.

Nach Übergabe des Meistertellers feierte Sturm zunächst auf dem Rasen weiter, ehe die Spieler die Innenstadt der steirischen Landeshauptstadt unsicher machten. Wie lange Burgstaller mit von der Partei war, ist im Übrigen nicht bekannt. Das „Voibrett“ namens C₂H₆O hatte voll zu geschlagen und ihn ausgeknocked. Jedenfalls sollte es Stunden später zu einem weiteren legendären Zwischenfall kommen, der hier nachzulesen ist. Meisterfeier in schwarz-weiß – ein Erlebnis.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag