In den nächsten Tagen könnte der SK Rapid auf dem Transfermarkt aktiv werden. Der ivorische Angreifer Vakoun Issouf Bayo vom slowakischen Erstligaklub Dunájska Streda... Stürmersuche in Hütteldorf: Verfolgt Rapid den falschen Transferfokus?

In den nächsten Tagen könnte der SK Rapid auf dem Transfermarkt aktiv werden. Der ivorische Angreifer Vakoun Issouf Bayo vom slowakischen Erstligaklub Dunájska Streda steht auf der Liste ganz oben und soll einer von drei Stürmerkandidaten sein. Die Frage ist jedoch, ob ein neuer Angreifer die Grundprobleme lösen kann.

Das Rennen um Bayo wird aber hart: Celtic Glasgow hat nach der depressiven Erkrankung von Leigh Griffiths Handlungsbedarf im Angriff. Standardspitze Odsonne Edouard ist gesetzt, zudem lieh Celtic Timothy Weah von PSG aus. Auch der FC Parma und Galatasaray Istanbul könnten noch um Bayo mitpokern, bekundeten bereits vorsichtiges Interesse. Etwa 2,5 Millionen Euro soll der Angreifer kosten.

Im Sommer mit Guillemenot verpokert

Klarerweise böte Bayo Rapid-Coach Kühbauer einige neue Möglichkeiten. Im Sommer entschied sich Fredy Bickel nach der Verpflichtung von Pavlovic und Alar für den jungen Guillemenot als dritten Angreifer. Der Schweizer sollte von hinten angreifen und den beiden „Einserstürmern“ Druck machen. Beim Youngster lief aber alles schief und so dürfte er bereits im Winter wieder abgegeben werden. Ein weiterer Angreifer soll den Konkurrenzkampf stärker anheizen, als es Guillemenot schaffte.

Zwei-Stürmer-Option

Auch formativ brächte ein neuer Stürmer neue Optionen mit. Die von außen lange geforderte Möglichkeit in einem Zweistürmer-System zu agieren, wäre mit einem neuen Angreifer so wahrscheinlich wie schon lange nicht. Um einen entsprechenden Kontrast zu schaffen, wären nicht nur Kombinationen aus den drei typischen Stürmern denkbar, sondern auch solche mit Schobesberger, Berisha oder Ivan, die mit ihrem Tempo die vertikalen Läufe hinter die Abwehr suchen können.

Stürmerproblem…

Bei Rapid gab es in der bisherigen Saison mehrere Probleme mit den Stürmern. Dass sie nicht treffen ist der offensichtlichste Mangel. Deni Alar traf in der Liga nur dreimal, zudem zweimal im Cup gegen Kufstein. Andrija Pavlovic feierte nur beim 3:0 im Cup gegen Wolfsberg einen Doppelpack, ging in der Liga leer aus, ist zudem sehr verletzungsanfällig. Aber auch das Festmachen der Bälle und die Strafraumbesetzung waren große Probleme. Einzig Pavlovic konnte phasenweise gut antizipieren, Deni Alar behagte die Rolle als Solospitze überhaupt nicht. Der 28-Jährige wartet mittlerweile seit fast 1.000 Minuten auf ein Erfolgserlebnis.

…aber woanders sind die Probleme noch größer

Rapid hat also definitiv Probleme an vorderster Front, aber die Grundprobleme beginnen wesentlich weiter hinten, weshalb der aktuelle Transferfokus hinterfragt werden muss. Die zwei größten Baustellen Rapids sind nämlich eigentlich die Innenverteidigung und das defensive Mittelfeld.

Barac mit dem Ball zu unsicher

Mit dem Abgang von Lucas Galvao fiel ein enorm aufbaustarker Abwehrspieler weg. Mateo Barac sollte schnell in diese Rolle hineinwachsen, erwies sich aber – zumindest bisher – als Fehlgriff. Gegen den Ball zeigt der Kroate gute Ansätze, mit dem Ball präsentierte er sich aber bisher nicht bundesligatauglich. Barac wirkt eher wie ein Ausputzer, als wie ein ballsicherer Abwehrchef mit guten Ideen im Spielaufbau. Auf längere Distanzen ist der 24-Jährige der schnellste Spieler im Rapid-Kader, aber aufgrund seiner Unsicherheit am Ball, kommt er praktisch nie in unwiderstehliche Vertikalläufe, wie sie sein Vorgänger Galvao im kleinen Finger hatte. Die drei Eigentore in 23 Spielen seien hier komplett ausgeklammert.

Aufbauschwierigkeiten

Auch die Alternativen in der Innenverteidigung sprechen nicht für modernes Aufbauspiel. Mario Sonnleitners Vertrag wurde verlängert, aber der Steirer galt schon in seinen besten Tagen nicht als idealer Aufbauspieler. Maximilian Hofmann ist in seiner Passqualität zu launisch und Christopher Dibon kommt schlichtweg in keinen Rhythmus. Der vielversprechendste Abwehrspieler Mert Müldür wird eher als Rechtsverteidiger, als in der Zentrale eingesetzt und ist für den Aufbau durch die Mitte somit ins zweite Glied gerutscht. Ein solider Spielaufbau wäre für Rapid das Um und Auf – wohl oder übel muss Mateo Barac in diese Rolle hineinwachsen, aber klar ist auch, dass dies einen gewaltigen Sprung des Kroaten erfordert.

Doppelsechs als Folgeproblem

Teil von Rapids Aufbauproblem ist auch die schwache Staffelung auf der Doppelsechs bzw. Doppelacht. Dies hat mehrere Gründe: Stefan Schwab hat zu lange Ballbesitzzeiten und zu viele Ballaktionen in zu tiefen Zonen. Der Rapid-Kapitän wäre weitaus wertvoller, wenn er eine Reihe weiter vorne agieren könnte. In diesen Genuss kommt der gebürtige Salzburger aber nicht, weil Dejan Ljubicic keine ausreichende Absicherung bietet und im letzten Jahr allgemein abbaute. In einigen Spielen vor der Winterpause verbesserte Manuel Martic, der unter Kühbauer formstärker wurde, die Situation. Aber auch er ist keine dauerhafte Option; zumindest nicht für eine ohnehin dysfunktionale Mannschaft. Martic kann ohne Probleme ins Rennen geschickt werden, wenn’s läuft. Aber die Kohlen kann er noch nicht aus dem Feuer holen. Dafür ist der Aufwand in Rapids Ballbesitzspiel zu hoch. Martic wäre eine gute Besetzung als erster Backup, aber bei Rapids Ansprüchen nicht für ein Fixleiberl auf der absolut zentralen Position des Sechsers.

Klassischer Sechser muss Passqualität im Aufbau erhöhen

Ein Sechser mit massiver Kampfkraft und hoher Passqualität könnte etwaige Probleme im Aufbauspiel abfedern, wenn der oder die aufbauenden Innenverteidiger auslassen. Besonders wichtig ist dabei aber die angesprochene Passqualität, weil sich Rapid schwertut, mit schnellem und präzisem Kurzpassspiel vom ersten ins dritte Drittel zu gelangen. Könnte Schwab dauerhaft weiter nach vorne schieben, weil stets jemand anders zwischen die Innenverteidiger abkippt, würde dies erleichtert werden. Rapids Mittelfeldstaffelung sollte in Ballbesitz nicht 2-3 lauten, sondern eher 1-2-2, wobei der alleinige Sechser kampfstark genug sein müsste, um Gegenangriffe souverän abzuwehren.

Ein Spieler wie…!

Es bräuchte also einen Typen wie Heikkinen oder Hlinka, um die letzten beiden Rapid-Meistersaisonen vor 10 bzw. 13 Jahren als Beispiel heranzuziehen. Um weitere Beispiele zu bemühen: Salzburgs Ezequiel Carboni war von 2005 bis 2008 ein Spielertyp, wie ihn Rapid aktuell bräuchte. International bzw. auf Top-Level könnte man den gesuchten Typ mit Chelseas N’Golo Kanté vergleichen.

Ein Solosechser hat oberste Priorität

Das Zweiergespann Schwab-Ljubicic ist zu fehleranfällig und weitgehend schlecht gestaffelt, dem Gespann Schwab-Martic fehlt es an Dynamik, auch wenn die Staffelung in dieser Konstellation besser ist. Einen aufbaustarken Innenverteidiger wird Rapid in diesem Winter wohl nicht holen; das lässt die Vertragssituation im Kader praktisch nicht zu. Aber viel wichtiger als ein neuer Angreifer wäre ein defensiver Mittelfeldspieler, der umsichtig und aufbaustark ist und zudem aufgrund des Faktors Kampf als alleiniger Sechser, etwa in einer 4-3-3/4-1-4-1-Variation oder in einem 4-4-2 mit Raute spielen kann.

Enorm wichtige Personalentscheidung für die nächsten Jahre

Der Transferfokus Rapids ist derzeit also fragwürdig. Die Probleme beginnen nicht von vorne nach hinten, sondern von hinten nach vorne. Solides, systematisches Aufbauspiel durch die Mitte würde regelmäßig völlig neue Raumsituationen schaffen und zwangsläufig auch die Offensivspieler stärker machen. Der Sechser, den Rapid holen muss, sollte eine absolut langfristige und gestandene Lösung sein. Möglicherweise ist dies sogar die wichtigste mannschaftsbezogene Personalentscheidung der kommenden Jahre. Ein neuer Stürmer wäre gut für die systematische Flexibilität, aber kann nach allen logischen Fußballgesetzen nicht die Einser-Priorität sein. Und mit ein wenig Fantasie könnte Rapid schließlich schon jetzt mit zwei Angreifern spielen und damit womöglich sogar die bereits vorhandenen Angreifer stärken.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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