Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (41): Lieber Fredi Körner!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an eine diese Woche verstorbene Legende …

Lieber Fredi Körner!

Dieser Tag musste leider einmal kommen. Wenn man seinen 90. Geburtstag feiert, hat man nicht nur ein stolzes Alter erreicht, nein, man weiß auch, dass (naturgemäß) weniger Zukunft als früher offen ist. Es war wohl allen Rapidlern (und dir selbst) klar, dass deine Tage gezählt sind. Jetzt bist du, lieber Fredi, kurz bevor du 94 Jahre alt werden konntest, in deiner Heimatstadt verstorben.

Rapid Wien hat seine letzte große Spielerlegende der 40er- und 50er-Jahre verloren. Du hast den Hütteldorfern bis zum Schluss die Treue gehalten. Einmal hast du gesagt: „Als Rapidler sind wir geboren, als Rapidler werden wir sterben.“ Doch Rapidler zu sein, war für dich etwas anderes als für die meisten heutigen Grün-Weißen. Denn du hast noch die Zeiten miterlebt, als man im Westen Wiens Serienmeister war und als beste Klubmannschaft Europas durch die Welt tourte. Als du Spieler warst hatte Rapid auch in Südamerika einen guten Namen. Du kanntest das Gefühl mit der Nationalmannschaft zu einer Weltmeisterschaftsendrunde zu fahren und dort als Favorit zu gelten. Bis heute ist der bei der WM 1954 in der Schweiz erreichte 3. Platz der größte Erfolg des ÖFB-Teams.

Wenn man darüber nachdenkt, ist es schon traurig, dass du miterleben musstest, wie es mit dem österreichischen Fußball bergab ging: Deine Rapid kann national nicht mehr mithalten, sie ist nicht einmal erster Verfolger des neuen Fußballkrösus und auch die Nationalmannschaft ist seit Jahrzehnten – gemessen an den früheren Erfolgen – weg vom Fenster. Donaufußball adé. Das hast du auch offen so angesprochen. Schon vor 20 Jahren meintest du, die Kicker müssten sich einfach wieder mehr quälen. Leider hast du das nicht ändern können. Jetzt ist mit dir ein letztes Stück Weltklasse-Fußballtradition made in rot-weiß-rot gegangen.

Aufgrund der Schnelllebigkeit des Sportes kann man Spielerlegenden wie dich nicht so in den Mittelpunkt rücken wie vergangene Mozarts, Klimts oder Zweigs. Man kann in deinem Fall nicht von der Vergangenheit leben. In dieser Disziplin wären wir Österreicher ja nach wie vor Weltmeister. Wie dein Namensvetter Polgar sagt: „Die Österreicher sind ein Volk, das mit Zuversicht in die Vergangenheit blickt.“ Lieber Fredi, es ist traurig aber leider wahr: Zu dieser Vergangenheit gehörst nun auch du.

Mögest du in Frieden ruhen!

Marie Samstag, abseits.at

Stefan Karger