Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (48): Liebe Leser!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an alle, die ihn lesen werden…

Liebe Leser!

Damit habe ich nicht gerechnet: Die Corona-Pandemie ist da und das öffentliche Leben ist stark reglementiert worden. Schulen sind geschlossen, viele Arbeitnehmer arbeiten zuhause. Lokale und Geschäfte haben kürzere Öffnungszeiten, kulturelle und soziale Veranstaltungen sind abgesagt. Die Bundesliga hat ihren Spielbetrieb eingestellt. Sämtliche europäische Topligen pausieren mittlerweile. Klopapier, Pasta und Bier sind heiße Ware. Der Fußball scheint jetzt nicht mehr wichtig. Niemand kann sagen, wie es weitergeht.

Liebe Leser, ich weiß nicht, wie es euch geht. Aber mir macht diese Situation Angst. Oder präziser ausgedrückt: Weniger die Situation als die Ungewissheit schreckt mich. Eigentlich habe ich gedacht, dass ich für die prekären Lebensbedingungen von Menschen, denen es schlechter als mir geht, immer genügend Verständnis und Einfühlungsvermögen hätte, aber plötzlich selbst in einer Lage – wie ich sie noch nie zuvor erlebt habe – zu sein, fühlt sich richtig beschissen an. Die Gedanken drehen sich im Kreis. Ich spekuliere jetzt, wie es weitergehen könnte. Dabei ist wohl mein kleinstes Problem, an wen die Briefe dieser Kolumne weitergerichtet werden können, wenn es keine Fußballnews mehr gibt.

Niemand von euch weiß das, aber eigentlich wollte ich immer Journalistin werden. Ich wollte aber nicht über Fußball schreiben, sondern über Gesellschaft und Politik. Investigativ zu arbeiten – das war früher mein Traum. Als ich im April 2013 gelesen habe, dass abseits.at Autoren sucht, habe ich mich eigentlich nur beworben, weil ich neben meinem Studium einen Job brauchte. Wer hätte damals ahnen können, dass ich fast sieben Jahre später noch immer Beiträge für dieses Portal liefere. Ich bin hineingerutscht und picken geblieben. Das war Zufall und so nicht vorhersehbar.

Jetzt, wo Stillstand in vielen Bereich herrscht, reflektiere ich solche Begebenheiten. Es sind Gedanken, die mit viel Dankbarkeit verbunden sind. Dankbarkeit für die Chance zu tun, was ich will, eigentlich in fast jedem Text meine Meinung zu sagen und dafür bezahlt zu werden. Auch wenn ich mir im Moment vordringlich eine Rückkehr zu jenem Leben, in dem Samstag Spieltag ist, man mit Freunden im Kaffeehaus frühstückt oder die Oma besucht, wünsche, bin ich doch froh, dass mir so wieder bewusst geworden ist, in der Lotterie des Lebens einen Lotto-6er gemacht zu haben. In diesem Sinne:

Bleibt gesund und dankbar dafür

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag