Am 19. Spieltag der österreichischen Bundesliga empfing der FK Austria Wien den SCR Altach zum Duell um die drei Punkte. Dabei war die Ausgangslage... Analyse: Austria macht sich das Leben gegen Nachzügler Altach schwer

Am 19. Spieltag der österreichischen Bundesliga empfing der FK Austria Wien den SCR Altach zum Duell um die drei Punkte. Dabei war die Ausgangslage für die Violetten klar, man war auf einen Sieg angewiesen und alles andere wäre zu wenig, um im Kampf um die Meistergruppe noch ein Wörtchen mitreden zu können. Mit Altach kam auch eine Mannschaft angereist, die in den letzten zehn Spielen nur einen Sieg in der Liga feierte und zuletzt schwächelte. Doch einfache Siege gibt es in der Bundesliga kaum und das sollte sich auch in dieser Partie bewahrheiten.

Kurzfristige Ausfälle zwingen beide Teams zu Umstellungen

Nach dem überzeugenden 3:1-Heimsieg über den TSV Hartberg, wollte die Wiener Austria direkt den Schwung ins nächste Heimspiel mitnehmen und dort weiter anknüpfen, wo man gegen die Steirer aufhörte. Daher vertraute auch Austria-Trainer Wimmer auf die gleiche Startaufstellung, musste jedoch kurz vor dem Anpfiff eine Umstellung vornehmen. Stürmer Huskovic fiel mit Adduktorenproblemen kurzfristig aus und da auch dessen Ersatz Andreas Gruber krankheitsbedingt fehlte, durfte stattdessen Alexander Schmidt in die Mannschaft rücken. Auch die Gäste mussten einen schmerzhaften Ausfall verkraften, fehlte doch mit Dejan Stojanovic krankheitsbedingt der verlässliche Stammtorhüter der Vorarlberger. Für ihn rückte dessen Ersatzmann Schützenauer ins Team und feierte seine Premiere in dieser Saison.

Die Altacher kommen generell mit einem veränderten Gesicht in dieses Frühjahr, nahm man doch eine Systemumstellung vor und rückte in der Winterpause von der Fünferkette ab. Stattdessen kam man mit einem 4-1-4-1 im Gepäck nach Wien und wollte damit die Gastgeber vor Probleme stellen. Dabei wählte man einen durchaus interessanten Ansatz und setzte auf situative Pressingwellen. Zunächst ließ man die Dreierkette der Violetten in Ruhe das Spiel aufbauen und Stürmer Gustavo Santos stellte als erster Pressingspieler nur die Passwege ins Zentrum zu. Sobald die Gastgeber dann auf ihre beiden „Sechser“ spielten, ging man ins Pressing über und attackierte die Gegenspieler energischer. Ein Ansatz der durchaus mutig ist, sind doch die beiden violetten Sechser Potzmann und Kapitän Fischer für gewöhnlich recht pressingresistent und bewahren auch unter Druck die Ruhe. Hier wollte man aber mit Pressingwellen aus unterschiedlichen Richtungen agieren und diese variieren, um das Zentrum der Austrianer aus dem Rhythmus zu bringen.

Das gelang auch in der Anfangsphase recht gut und die Folge waren einige Ballverluste der Wiener in der eigenen Hälfte. Eine Schlüsselrolle nahmen dabei die beiden Achter der Altacher, Fadinger und Bähre ein. Sie sollten beim klassischen Mittelfeldpressing die beiden gegnerischen Sechser attackieren und sofern man höher attackierte eine Etappe nach vorne rücken, um sich dann um die Halbverteidiger Handl und Galvao zu kümmern, was viel Laufarbeit bedeutete. In diesem Fall rückten stattdessen die Flügelspieler der Gäste dann etwas ins Zentrum und übernahmen die gegnerischen Sechser, wodurch der Druck mal von innen, mal von außen kam. Damit sorgte man immer wieder für einen wechselhaften Pressingrhythmus, der unterschiedliche Spielsituationen generierte.

Austrias Probleme im Aufbau- und Übergangsspiel

Die Violetten probierten es im Gegensatz zum Spiel gegen Hartberg mehr mit einem 3-4-3 zu Beginn und Spielmacher Fitz hielt den linken Flügel, während in der Anfangsphase Linksverteidiger Krätzig immer wieder ins Zentrum hineinkippte, um im Spielaufbau hier seine Kollegen im Zentrum zu unterstützen. Das verwarf man jedoch interessanterweise recht schnell, obwohl das ein gutes Mittel gegen die vielen Mannorientierungen der Altacher gewesen wäre. Stattdessen hatte vor allem die zentrale Achse der Violetten größere Probleme, sich auf die ungewöhnliche Spielweise und Pressingformation der Gäste einzustellen. Immer wieder schien es so, als würde man sich zu sicher im Ballbesitz fühlen und überrascht vom situativen Pressing der Vorarlberger zu sein, speziell sofern sie weiter vorne attackierten. Möglicherweise trug auch der schwer zu bespielende Rasen seinen Teil dazu bei, die Folge war allerdings, dass man mit den Rhythmusveränderungen der Altacher nicht gut klarkam und einige gefährliche Ballverluste im Spielaufbau produzierte.

Die Vorarlberger konnten allerdings zu wenig Kapital daraus schlagen, weshalb sie kaum gefährlich wurden. Hin und wieder erwischte die Austria die Gäste auf dem rechten Flügel, sofern diese zu stark einrückten, weshalb Ranftl einige Male zu guten Flankenpositionen kam. Allerdings erwischte der Routinier keinen guten Tag und viele Versuche blieben an seinem Gegenspieler hängen. Das waren jedoch nur einzelne Ausnahmen, weshalb sich der violette Trainer gezwungen sah, das eigene System zu adaptieren. Nach gut 20 Minuten stellte Michael Wimmer auf eine Doppelspitze bestehend aus Vucic und Schmidt um, während dahinter Fitz als „Freigeist“ agieren sollte. Dadurch kam der Spielmacher von den Flügeln mehr ins Zentrum bzw. in den Zwischenlinienraum und sollte die Räume neben dem einzigen Sechser der Altacher attackieren.

Vorne hatte man mit Vucic und Schmidt nun zwei physische Angreifer, die gegen die beiden Innenverteidiger Mann gegen Mann spielen konnten. Das ist für eine klassische Viererkette unangenehm zu verteidigen und zwingt meistens die Außenverteidiger weiter einzurücken, um die Innenverteidiger abzusichern, was aber wiederum Platz für die „Schienenspieler“ der Austria auf dem Flügel ermöglicht. Diese Maßnahme wirkte sich auch positiv auf das Ballbesitzspiel der Violetten aus und man suchte nun aus dem Aufbauspiel den direkten Weg zu den beiden Zielspielern im Angriff, die die Bälle auf die nachrückenden Ranftl und Krätzig ablegen sollten. So brach man einige Male über die Flügelzonen ins letzte Drittel durch und kreierte gefährliche Situationen. Allerdings mangelte es hier an der letzten Präzision, weshalb es fast eine halbe Stunde dauerte, bis man den ersten Schuss aufs gegnerische Tor abgab. Das war aber der Startschuss für die beste Phase der Violetten, wo man immer wieder die Pressinglinien der Gäste überspielen konnte und sich besser auf die Spielweise einstellen konnte. Diese Drangphase wurde auch belohnt, als eine Ranftl-Flanke von der Verteidigung der Altacher schlecht geklärt wurde, Vucic mit einem Fallrückzieher an Torhüter Schützenauer scheiterte, ehe den Abpraller Alexander Schmidt zum 1:0 verwerten konnte. In der gleichen Tonart ging es dann auch bis zur Halbzeitpause weiter und man setzte sich in der gegnerischen Hälfte fest, weshalb man wenig später das 2:0 nachlegen konnte. Wieder landete ein Klärungsversuch und der zweite Ball bei den Violetten, Linksverteidiger Krätzig zeigte seine Klasse und ließ mit einer Finte zwei Gegenspieler ins Leere laufen und vollendete mit einem satten Schuss ins lange Eck zum 2:0. Damit gingen die Austrianer mit einem komfortablen Vorsprung in die Kabine.

Austria macht es mit einem Platzverweis plötzlich wieder spannend

Nach dem Wiederanpfiff zur zweiten Halbzeit zeigte sich ein ähnliches Bild, wie im letzten Abschnitt des ersten Durchgangs. Die violetten Gastgeber übernahmen das Kommando, spielten schnörkellos nach vorne und setzten sich dank des guten eigenen Pressings in der gegnerischen Hälfte fest. Dadurch gab es für die Gäste keinerlei Entlastungsangriffe und die Altacher verloren die Bälle viel zu schnell und mussten stattdessen einen Angriff nach dem anderen wegverteidigen. Die Austrianer hatten auch eine gute Möglichkeit auf das 3:0, jedoch traf Linksverteidiger Krätzig den Ball diesmal gar nicht. Es schien jedoch nur eine Frage der Zeit, bis die Wiener den Deckel zumachen konnten, da von den Gästen recht wenig Gegenwehr kam. Doch dann bekamen sie Schützenhilfe eines Austrianers, als sich Stürmer Vucic zu einem unnötigen Schlag hinreißen ließ und via Hilfe des VAR die Rote Karte dafür bekam, weshalb die Gastgeber nun in Unterzahl waren.

Die Favoritner stellten folglich auf ein 4-2-3/4-4-1 um und Abwehrchef Martins wurde auf die Position des Rechtsverteidigers beordert, während Ranftl eine Position weiter nach vorne rückte. Trotz der Unterzahl kam zunächst nicht das Gefühl auf, als könnte das Spiel zugunsten der Gäste kippen. Im Gegenteil, die Austria hatte sogar die Topchance auf das 3:0, jedoch setzte Stürmer Schmidt einen Kopfball völlig freistehend neben das Tor. Daher versuchte Altach-Trainer Standfest mittels seiner Wechsel das Spiel zu beleben und nahm schon vor der 70. Minute alle seine Optionen in Anspruch. So kam unter anderem auch mit Nuhiu der unangenehmste Offensivspieler ins Spiel, der mit seiner Größe und Wucht der ideale Abnehmer für Flankenbälle war.

Folglich wurde bei den Gästen immer mehr die Brechstange ausgepackt und eine Flanke nach der anderen in den Strafraum geschlagen, um den großgewachsenen Zielspieler zu bedienen. Nach dem Muster kam man dann auch prompt zu einer Topchance, als Nuhiu einen Kopfball am langen Eck vorbeisetzte. Austria-Trainer Wimmer reagierte auch auf diesen Umstand und brachte mit Innenverteidiger Plavotic seinen größten Spieler im Kader, um Nuhiu mehr Physis entgegenzustellen. Doch keine 15 Sekunden nach dessen Einwechslung erzielten die Altacher den Anschlusstreffer, als Austria-Torhüter Kos unter Bedrängnis einen Ball nicht weit genug klären konnte und der eingewechselte Gebauer mittels schönem Volley das 2:1 erzielte. Damit war eine heiße Schlussphase vorprogrammiert.

Der Verletzungsteufel schlug dann bei den Gastgebern auch noch zu, weshalb mit Martins und Potzmann zwei Stammspieler angeschlagen vom Feld mussten und Trainer Wimmer so mehrmals gezwungen war, das Personal und System zu ändern. Daher verteidigte man in der Schlussphase mit einem 5-3-1 und versuchte so, irgendwie die Flankenbälle zu verhindern. So ähnelten die letzten Minuten eher einer Abwehrschlacht mit dem Ziel, das 2:1 irgendwie über die Bühne zu bringen. Der schwache Schiedsrichter meinte es auch nicht gut mit den Violetten und veranschlagte gleich acht (!) Minuten Nachspielzeit, wodurch die Gäste genügend Zeit bekamen, um noch den Ausgleich zu erzielen.

Und man hatte dann auch noch zwei Gelegenheiten, um noch einen Punkt zu holen. Die beste vergab Fadinger nach einer schönen Kombination völlig freistehend, als sein Abschluss zu schwach und unpräzise ausfiel. So retten die „Veilchen“ das Ergebnis über die Zeit und holten damit enorm wichtige drei Punkte.

Fazit

Es war ein hart erkämpfter und letztlich teuer erkaufter Sieg der Austria, die alles investieren musste, um diese drei Punkte einzufahren. Dabei wäre dies gar nicht nötig gewesen, hatte man doch nach der wackligen Anfangsphase ab Mitte der ersten Halbzeit alles im Griff und setzte den Altachern mit der physischen Doppelspitze und intensiven Pressing ordentlich zu. So lag man dann auch verdient mit 2:0 in Führung und schien auf einem entspannten Kurs Richtung Heimsieg. Jedoch leistete sich der immer besser in Form kommende Romeo Vucic eine unnötige rote Karte, womit er nicht nur sich, aber vor allem der Mannschaft schadete. Letztlich darf er sich bei seinen Mannschaftskollegen bedanken, dass die den Sieg irgendwie erkämpften und über die Zeit brachten. Doch es war auch ein Pyrrhussieg, denn aufgrund Sperren und Verletzungen könnten bis zu fünf (!) Stammspieler in Folge dieses Spiels für das große Wiener Derby ausfallen, was die Aufgabe enorm erschweren würde. Daher werden diese Woche alle Blicke auf die medizinische Abteilung gerichtet sein in der Hoffnung, Schadensbegrenzung betreiben zu können.

Stefan Karger