Mit dem am Sonntag stattfindenden großen Wiener Derby steht für beide Mannschaften ein richtungsweisendes Spiel auf dem Programm. Mit einem Sieg würden beide Teams... Aspektanalyse: Wie reagiert die Austria auf die Ausfälle vor dem Derby?

Mit dem am Sonntag stattfindenden großen Wiener Derby steht für beide Mannschaften ein richtungsweisendes Spiel auf dem Programm. Mit einem Sieg würden beide Teams einen direkten Konkurrenten hinter sich lassen und einen großen Schritt in Richtung Meistergruppe machen. Doch genau vor diesem hochbrisanten Spiel, plagt sich die Wiener Austria zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt mit einigen Personalsorgen herum und es wird hochkarätige Ausfälle geben. Daher stellt sich klarerweise nun die Frage: Wie werden die Violetten auf die Ausfälle reagieren? Welche Optionen stehen zur Verfügung? Darauf wollen wir nun näher eingehen.

Das Prunkstück im Zentrum bricht endgültig weg

Dabei bangten die Verantwortlichen der Austria nach dem Spiel gegen Altach die Woche über gleich um mehrere Stammspieler, die angeschlagen waren und teilweise auch nur eingeschränkt trainieren konnten. Fest stehen bereits die Ausfälle zweier Schlüsselspieler, nämlich jene von Johannes Handl und Marvin Potzmann. Vor allem Potzmann hat man wohl für weite Teile der Saison verloren und selbst ohne eine mögliche Operation, wäre eine Rückkehr vor dem absoluten Saisonendspurt wohl eher Wunschdenken.

Damit ist für die Austria nun auch endgültig einer der größten Faktoren weggebrochen, der für den Umschwung im Herbst verantwortlich war – nämlich das zentrale Mittelfeld. Nachdem man im Winter den gesetzten „Aco“ Jukic aufgrund eines vom Co-Trainer ausgelösten Streites vor die Tür setzte und sich in der Causa nicht gerade mit Ruhm bekleckerte, fällt mit Potzmann nun eben auch der zweite Anker dieses starken Duos weg.

Während man für Jukic zumindest mit Manfred Fischer eine gute Alternative in der Hinterhand hatte, auch wenn dieser gegen den Ball bei weitem nicht so stark wie Jukic ist, schaut es beim Ersatz von Potzmann eher düsterer aus. Während sowohl Potzmann, als auch Jukic im Herbst noch die Rolle des „Sechsers“ im Zentrum übernehmen konnten, bleibt jetzt nur noch de facto eine Option – nämlich James Holland. Der Routinier ist allerdings auf der Position eine gewisse Lotterie, da er aufgrund seiner Tempodefizite gerade in hochintensiven Spielen mit vielen Pressingmomenten, nicht so viel Raum abdecken kann, wie es ein Potzmann oder Jukic vermochten. Aus dem Grund muss das Timing des Australiers beim Attackieren immer perfekt sein und ist es das nicht, kann so etwas wie im Hinspiel dabei herauskommen, wo er durch zwei Fouls vom Platz gestellt wurde, als er jeweils zu spät kam.

Zuletzt betonte Austria-Trainer Wimmer zwar, dass er mit Linksverteidiger Krätzig oder Moritz Wels zwei weitere Alternativen im Zentrum hätte. Allerdings wären beide nur ein Thema für den offensiveren Part im zentralen Mittelfeld, wo allerdings Kapitän Fischer gesetzt ist, da er aufgrund seiner Defizite im Spiel gegen den Ball eine Absicherung neben sich braucht. Natürlich könnte man alles auf eine Karte setzten und das Duo Fischer/Krätzig im Zentrum aufbieten, was wohl fußballerisch großes Potenzial aufgrund der Pressingresistenz der beiden hätte.

Allerdings würde es gegen den Ball hier definitiv an „Wucht“ und Zweikampfstärke fehlen. Das ist einer der Hauptgründe, warum man gegen Rapid in letzter Zeit recht gutaussah, da man sich im Zentrum oftmals ein kämpferisches Übergewicht erarbeiten konnte. Hier hat Rapid allerdings bereits im Sommer nachgerüstet und Grgic verpflichtet, der mehr Physis ins Spiel bringen sollte. Daher wäre es überraschend, wenn nicht das Duo Fischer und Holland auflaufen würden, da an guten Tagen Routinier Holland sicherlich noch dazu in der Lage ist, diese Zweikampfstärke ins Spiel zu bringen. Das zeigte das Duo übrigens beim letzten Derbysieg der Austria, als Fischer und Holland beim 3:1-Erfolg im Mai das Zentrum bildeten und ihre Sache gut machten.

Rechte Abwehrseite gegen Rapids-Schlüsselspieler Grüll gefragt

Ein weiterer bitterer Ausfall ist der bereits erwähnte Johannes Handl, der eine große Lücke in der Abwehr hinterlassen wird. Als rechter Halbverteidiger war Handl nicht nur der beste Abwehrspieler der Austria in dieser Saison, sondern auch ligaweit ganz vorne dabei. Der Defensivspieler hat im Herbst nochmal einen großen Sprung in seiner Entwicklung gemacht und entwickelt sich zu einem dominanten Verteidiger, der sowohl am Boden als auch in der Luft nur schwer zu überwinden und noch dazu mit dem Ball am Fuß unheimlich kreativ ist. Gerade gegen einen Marco Grüll in Überform, hätte man einen Handl dringend gebraucht, gerade weil auch der Innenverteidiger im Hinspiel gezeigt hat, dass er für dieses Duell gewappnet ist, als er knapp 65 Prozent seiner Duelle für sich entscheiden konnte. Da die Austria viele „linksfüßige“ Innenverteidiger im Kader hat, sind die Alternativen für Handl rar gesät.

Daher wird Abwehrchef Marvin Martins aus dem Zentrum nach rechts rücken müssen, um die Lücke zu füllen. Das hat man schon im Trainingslager in den Testspielen vorsorglich einstudiert, weshalb Martins auf der Position Einsatzzeit bekam. Prinzipiell ist Martins von seinem Profil gut gewappnet, um es mit Grüll aufzunehmen und die beiden haben sich in der Vergangenheit auch schon einige direkte Duelle geliefert. Der Abwehrspieler verfügt über eine starke Physis und Athletik, weshalb er mit seiner aggressiven Spielweise ein sehr unangenehmer Gegenspieler sein kann. Dafür verfügt er aber nicht über das exzellente Timing beim Herausattackieren eines Handl, was ihn auch mal in Schwierigkeiten bringen kann. Meist hat er dann zwar die Geschwindigkeit, um dies auszubessern, aber gegen den schnellen Grüll sollte man dies dennoch nicht herausfordern.

Daher wird es auch interessant zu beobachten sein, wie die strategische Herangehensweise von Austria-Trainer Wimmer im Pressingspiel aussehen wird. Konkret heißt das: Wie wird sich hier das Duo Ranftl/Martins verhalten? Für gewöhnlich schiebt ja „Schienenspieler“ Ranftl im Pressing nach vorne und attackiert den gegnerischen Außenverteidiger, während der Halbverteidiger dahinter nachschiebt und den gegnerischen Flügelstürmer übernimmt. Eine aggressive Herangehensweise, die die Violetten mittlerweile automatisiert haben. Oder wählt man stattdessen doch den etwas vorsichtigeren Ansatz? Diese Variante zeigte Trainer Wimmer auch bereits unter anderem gegen Salzburg, wo im Pressing Ranftl tiefer in der Abwehrkette verbleibt und stattdessen der Flügelstürmer Gruber den gegnerischen Außenverteidiger übernimmt – ergo es gegen den Ball nicht zu einer 3-4-3 Anordnung kommt, sondern man in einem 5-2-3 verbleibt. Das hätte den Vorteil, dass die letzte Abwehrlinie der Austria stabiler wäre, würde dafür aber den Druck auf die erste Pressinglinie erhöhen. Diese müsste viel Laufarbeit verrichten und es bestünde die Gefahr, dass man weniger Zugriff und Ballgewinne in der gegnerischen Hälfte verbucht, da man einen Spieler weniger im Pressing hätte.

Keine einfache Entscheidung und es ist aber auch gut möglich, dass man sogar beide Varianten je nach Spielverlauf zu sehen bekommt. Allerdings ist zu erwarten, dass die Austria speziell in der Anfangsphase volles Angriffspressing spielen wird, um zu zeigen, dass man aggressiv und bereit für dieses Duell ist. Daher ist es auch gut möglich, dass es zu einem „Pressingfestival“ kommen wird, da auch Rapid wie zuletzt Kollege Daniel Mandl berichtete, seit der Übernahme von Trainer Klauss, im Pressingspiel Fortschritte machte und zuletzt under anderem Sturm Paroli bieten konnte. Keine Überraschung wird es dagegen bei der Besetzung der Position des zentralen Innenverteidigers geben, hier wird Tin Plavotic nominiert werden. In der Strafraumverteidigung sicherlich keine schlechte Wahl, allerdings auch eine Gefahr, sofern man weit mit der Abwehrlinie aufrückt, da er im Gegensatz zu Martins nicht über eine hohe Grundgeschwindigkeit verfügt. Dafür ist er allerdings eine Waffe bei Standardsituationen und Rapid muss sich vor Plavotic in Acht nehmen.

Ein verbleibendes Fragezeichen im Angriff

Bei den Stürmern drohte den Austrianern das „Worst-Case“ Szenario, dass mit Vucic, Gruber und Huskovic gleich drei Stürmer ausfallen hätte können. Mittlerweile gab es dahingehend Entwarnung und Gruber ist nach seiner Grippe wieder bereit für die Startelf und wird den zuletzt im Aufwind befindlichen Vucic ersetzen. Hinter der Besetzung der Position des Mittelstürmers steht noch ein kleines Fragezeichen, da Huskovic im Laufe der Woche zwar wieder ins Training einsteigen konnte, allerdings hier nur in reduzierter Form. Im Lager der Austria ist man aber zuversichtlich, dass der U21-Teamspieler rechtzeitig fit sein wird. Das wäre auch wichtig, denn Huskovic ist der kompletteste Angreifer im Kader der Austria, der außerhalb des Strafraums den größten Einfluss auf das Offensivspiel hat. Sein Spielwitz bereichert das Ballbesitzspiel und auch gegen den Ball ist er in der Lage weite Wege zu gehen. Würde ihm sein schwacher Torabschluss nicht im Wege stehen, wäre er wohl schon lange nicht mehr in der heimischen Liga zu sehen.

Interessant wird hier dazu sein, ob man ganz vorne auf einen Dreiersturm oder auf eine 2-1 Anordnung mit einer Doppelspitze und Fitz dahinter als „Freigeist“ setzt. Das wird einerseits wohl auch von der oben erwähnten Pressingformation abhängen, andererseits hat Rapid gerade bei den Außenverteidigern in der Defensive schwächen, die man anbohren sollte. Sofern man aber Dominik Fitz am besten zur Geltung bringen will, wird man ihn zwangsläufig ins Zentrum ziehen müssen, wo er sich seine Räume suchen soll. Eine Möglichkeit ist natürlich auch eine „schwimmende Doppelspitze“ die viel ausweicht und sich auch auf den Flügeln fallenlässt. Das ginge allerdings wiederrum wohl auf Kosten der Strafraumbesetzung, die in dem Fall unzureichend ausfallen kann. Blickt man auf die letzten Spiele gegen Rapid, wird wohl der Dreiersturm die wahrscheinlichste Variante sein und Fitz dennoch immer wieder ins Zentrum kippen. Fasst man alles Aspekte zusammen, wird wohl die mögliche Aufstellung der Austria so aussehen:

Dalibor Babic