Ricardo Moniz, Juniors in der ersten Mannschaft, abertausende Fans – es fing alles ganz toll an in Wals-Siezenheim. Doch meistens kommt es anders und... Europacup-Flügel und Liga-Taurinkater – Der Herbst von Red Bull Salzburg

Ricardo Moniz, Juniors in der ersten Mannschaft, abertausende Fans – es fing alles ganz toll an in Wals-Siezenheim. Doch meistens kommt es anders und dann auch noch komplett. Die Red-Bull-Flügel waren zwar zwischenzeitlich etwas lahm, in der Liga setzte oft der Taurinkater ein. Aber das Triple ist möglich. Der Saisonrückblick von Red-Bull-Salzburg.

Kader und Transfers

Im Sommer wurde der Kader ausgemistet. Gerhard Tremmel zog es auf die Insel zu Swansea City, Rabiu Afolabi ging nach Frankreich zurück und unterschrieb bei AS Monaco in der Ligue 2. Der in Salzburg stets unglückliche Nikola Pokrivac, der von Monaco gekommen war, wechselte in seine Heimat zu Dinamo Zagreb – mit der Aussicht auf Champions-League-Spiele, was ihm in Salzburg verwehrt blieb. Stürmerschlacks Joaquin Boghossian wurde leihweise zu Nacional Montevideo nach Uruguay abgeschoben. Des Weiteren verließen Christoph Kröpfl (KSV, Vertrag aufgelöst), Laszlo Bodnar (vereinslos), Fanliebling Milan Dudic (Sturm Graz), Nachwuchsgoalie Wolfgang Schober (Ried) und Marco Meilinger (Ried/leihweise) den Verein.

Zu dem hochgezogenen Junior Daniel Offenbacher sowie dem von Greuther Fürth zurückgekehrten Alexander Walke gesellten sich mit Petri Pasanen (Werder Bremen) und Rasmus Lindgren (Ajax Amsterdam) zwei Defensivspezialisten. Innenverteidiger Chema Anton (Real Betis B) und Jefferson (Red Bull Brasil) sollten weitere Alternativen für den Defensivverbund sein. Für ganz vorne wurde Stefan Maierhofer aus Wolverhampton und Alex (Red Bull Brasil) geholt. Georg Teigl von den Juniors sollte der Konterstürmer sein, der schwierige Brasilianer Leonardo von NAC Breda die Nachfolge von Somen Tchoyi antreten.

Alles in allem wurde der Kader so zusammengestellt, dass gestandene Österreicher (Maierhofer, Wallner, Leitgeb, Schiemer, Ulmer,…) in Verbindung mit routinierten Legionären (Walke, Gustafsson, Schwegler, Mendes, Douglas, Leonardo) die jungen Kicker aus fern (Alan, Chema, Adjei,…) und nah (Jantscher, Teigl, Hinteregger, Hierländer,…) den Ligakrösus sympathisch und erfolgreich machen. Das funktionierte zunächst recht gut.

Der Mann mit der eingebauten Torgarantie prägt den Sommer

Die Saison 2011/12 begann am 14. Juli mit einem 4:1 in Liepaja gegen Metalurgs – und drei Toren von Alan. Gegen den FK Austria Wien zum Meisterschaftsauftakt drei Tage später erzielte er einen von zwei Treffern, gegen Wacker daraufhin den Siegtreffer. Gegen Senica legte er im Hinspiel den Siegtreffer auf, traf zwischendurch gegen Baumgarten im Cup doppelt (plus zwei Vorlagen) und netzte beim Rückspiel in der Slowakei wieder zwei Mal. Gegen die starken Rieder traf er ebenfalls. Gegen Omonia Nikosia erzielte er den wichtigen Führungstreffer im Hinspiel. Im Cup weiter, in der Meisterschaft ungeschlagen Erster, gegen einen unangenehmen Gegner in die Gruppenphase der Europa League eingezogen. Doch mit Alans Kreuzband riss auch die Siegesserie der Bullen. Eine detaillierte Rückschau auf die Europa League findet ihr übrigens hier.

15.9. bis 20.11. – der schwarze Herbst der Bullen

Klar, es konnte niemand ahnen, dass Ibrahim Sekagyas Tor in der 87. Minute im Prinzenpark zu Paris später wichtig sein sollte. Doch nach Alans Kreuzbandriss ging es mit den Salzburgern bergab. Am 15. September ging es in den Prinzenpark. Dort holten sich die Bullen trotz engagierter Leistung eine 1:3-Niederlage ab. Moniz begann aufgrund von verschiedenen Verletzungen umzustellen, variierte die Systeme, setzte auf Spieler, die vollkommen außer Form waren und bekam die Rechnung präsentiert. Admira, Austria, Mattersburg und Rapid gewannen ihre Heimspiele gegen den Vizemeister, daheim wurde gegen Wacker und Ried nur remisiert. Im Cup konnte Drittligist SAK Klagenfurt deutlich, der LASK rumplig-knapp geschlagen werden. Einziger Lichtblick war das deutliche 3:0 gegen Slovan Bratislava sowie das 2:2 gegen Bilbao, welches erst der Schiedsrichter durch zumindest einen sehr fragwürdigen Elfer ermöglichte. Das Heimspiel gegen Athletic Bilbao offenbarte das ganze Übel dieser Phase der Herbstes der Mozartstädter: Eine Verlegenheitself agierte bieder und verlor durch zwei Unachtsamkeiten mit 0:2. Der Trainerstuhl begann gehörig zu wackeln.

Ein versöhnliches Ende

Mit Douglas und Mendes kehrten zwei wichtige Stützen in die Mannschaft zurück. Am Sonntag, dem 26. November bestaunten lediglich knapp 5.000 Zuseher einen streckenweise doch unverdienten 6:0-Sieg über den Kapfenberger SV. Am Donnerstag darauf folgte das alles entscheidende Europa-League-Spiel gegen Paris St.Germain. Die lustlosen Franzosen wurden in der 94. Minute bestraft. Svento knallte das Leder mit der letzten Aktion in die Maschen und Salzburg reichte ein Sieg in Bratislava. Nach einem Remis in Wiener Neustadt wurden zum Abschluss des Bundesligaherbstes noch die wichtigen Heimspiele gegen die Admira und Austria Wien gewonnen, Slovan wurde auswärts mit Spielglück nach 0:2-Rückstand mit 3:2 gebogen. Durch die Ausgeglichenheit der Liga überwintern die Bullen in Europa und haben in der Liga nur zwei Punkte Rückstand auf Ried und Leader Rapid.

Taktikspiele

Ricardo Moniz ist Holländer und mit leichten Adaptionen ließ er immer ein 4-3-3 spielen. Dass er dieses offensive System nicht immer durchzog, ist weniger den Verletzungen geschuldet, sondern vielmehr dem Umstand, den Spagat zwischen Spielen gegen Mattersburg, Kapfenberg und Co. auf der einen Seite und Paris St.Germain und Athletic Bilbao auf der anderen Seite zu meistern. In der Defensive agierte eine Viererkette mit möglichst offensiven Außenverteidigern – weswegen beispielsweise Stefan Hierländer auf der rechten Seite oftmals den Vorzug gegenüber Christian Schwegler erhielt. Davor spielte ein Fünfermittelfeld in unterschiedlichen Ausprägungen. Übernahmen zu Beginn der Saison noch eher Defensive die Aufgabe, vor der Abwehr aufzuräumen (Lindgren, Schiemer, Sekagya) waren es später zwei „Achter“. Vor allem der laufstarke Christoph Leitgeb füllte diese „Schweinsteigerrolle“ sehr gut aus. Die Verteidigung rund um den konstant stark spielenden Martin Hinteregger verstand sich eher auf tiefes Stehen. Rückte der Defensivverbund hoch auf, kamen die Schnelligkeitsmängel von Sekagya oder Pasanen voll zu tragen.

Drei bis vier Offensivfreigeister rotierten hinter einer Solospitze. Während Svento und Zarate – wenn aufgeboten – auf den Flügeln blieben, rotierten Jantscher und Leonardo wild umher, zogen in die Mitte oder kamen aus der Tiefe des Raumes. Mit Wallner, Maierhofer und Alan standen drei sehr verschiedene Stürmertypen im Kader. Während Wallner oft an der Grenze zum Abseits agierte, arbeitete Alan aus dem Mittelfeld heraus. Maierhofer wiederum brauchte Flanken. Oftmals wirkte das Offensivspiel zahnlos, da die Automatismen nach Alans Verletzung so wirkten, als ob im Training nur der spielende Stürmertyp geübt wurde. Wallners Stärken – ein recht guter Antritt, ein satter Schuss – kamen so gut wie gar nicht zur Geltung und die Nummer 9 wurde oft ins technisch anspruchsvolle Spiel am Boden eingebunden. Erst gegen Ende der Hinrunde besserte sich das Zusammenspiel mit dem „Langen“.

Moment der Hinrunde

Der Moment der Hinrunde war definitiv Dusan Sventos Schuss ins Herz von Paris St. Germain. Gemessen an den Zielen der Bullen war genau dieser Schuss das, was die hochbezahlten Edelkicker brauchten. Dass dieser Donnerschlag erst in der 94. Minute stattfand, steht sinnbildlich für die gesamte Hinrunde: Alles klappte so weit,  irgendwie und spät.

Fazit

Salzburg hat alle Ziele, die für den Herbst ausgegeben wurden, erreicht. Eine Kritik soll aber sein! Denn die Auftritte in der Liga waren in einigen Wochen so mies, dass sie eines Profivereins, der so viel Geld in die Spieler steckt, nicht würdig sind. Warum Spieler wie Bruins oder Alex verpflichtet wurden, weiß wohl keiner so genau. Es soll nicht jeder Transfer seziert werden, aber das Beispiel Hinteregger zeigt, dass viele Transfers unnötig waren, da es in den eigenen Reihen Spieler gibt, die zumindest gleich gut sind. Der Kader gehört ausgemistet, die Leistungen stabilisiert.

Georg Sander, abseits.at

Georg Sander

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