In unserer Analyse zum Testspielsieg Rapids gegen den 1.FC Nürnberg beleuchteten wir einige Facetten im Spiel der Hütteldorfer, ließen aber Schwabs Rolle aus einem... Rapids Impulsproblem im zentralen Mittelfeld

In unserer Analyse zum Testspielsieg Rapids gegen den 1.FC Nürnberg beleuchteten wir einige Facetten im Spiel der Hütteldorfer, ließen aber Schwabs Rolle aus einem bestimmten Grund vollständig außen vor. Nämlich aus dem Grund, dass die Rolle des Rapid-Kapitäns gesamtheitlicher betrachtet werden muss.

Rapid hat im Mittelfeld ein „Impulsproblem“ – und dieses liegt vor allem an Stefan Schwab und der Schlüsselposition, die er innehat. Schwab polarisiert und die Rapid-Fans sind sich über die Wichtigkeit seiner Position nicht immer ganz einig. Einige streichen heraus, dass er der wichtigste Spieler für den „tödlichen Pass“ ist, andere sehen ihn als Bremse und Verschlepper. Unumstritten ist der Nachfolger des großen Dauerkapitäns Steffen Hofmann jedenfalls nicht.

Schwab als „Macher“ von Rapids Spielweise

Im Spiel gegen Nürnberg wurde eines weitgehend sichtbar: An der Dynamik und Explosivität des Rapid-Spiels wird sich mit Schwab als wichtigstem Verbindungsspieler zwischen Defensive und Offensive nicht viel ändern – egal, in welchem System. Für Schwab sprechen sicher seine allgemeine Physis, denn gegen den bulligen Rapid-Kapitän führt wohl niemand gerne Zweikämpfe. Auch seine Torgefährlichkeit ist ein Pluspunkt für Rapids Achter.

Tempoprobleme auf der Acht

Die Schwächen bzw. Nachteile eines Achters Schwab überwiegen allerdings. Speziell, wenn man diese enorm wichtige Position als Gradmesser heranzieht. Nicht nur gegen Nürnberg, sondern in sehr vielen Partien der Vorsaison wurde sichtbar, dass Schwab im offensiven Umschaltspiel häufig falsche Entscheidungen trifft und speziell das Tempo des Umschaltspiels beeinträchtigt.

Fehlende Aufdrehbewegungen

Schwab ist statisch ein guter Zweikämpfer, hat aber häufig eine zu lange Reaktionszeit, wenn es um Schnittbälle in der Mittelfeldzentrale geht. Er treibt den Ball nicht schnell genug nach vorne und hat insgesamt zu wenige „Aufdrehbewegungen“ in seinem Spiel, spielt stattdessen zahlreiche Sicherheitspässe in die Breite. In vielen Situationen würde Schwab viel Raum hinter sich vorfinden, den er aber nicht sieht, weil ebendiese Aufdrehbewegungen zu häufig ausbleiben. Zudem stellen Schwabs häufig mit zu wenig Nachdruck gespielte Sicherheitspässe eher ein Sicherheitsrisiko dar und verhindern frühzeitigen Tiefgang.

Heikkinen als positives Beispiel

Die Wichtigkeit der Aufdrehbewegungen in tiefen, zentralen Mittelfeldzonen war speziell in Zeiten des letzten Rapid-Meistertitels bei Markus Heikkinen gut zu beobachten. Wurde der Finne von einem oder mehreren Gegnern angepresst, suchte er nicht zwangsläufig den Rückpass in die eigene Abwehr oder eine Variante in der Breite, sondern ließ seine Gegenspieler mit einer kurzen Körpertäuschung und einer Aufdrehbewegung nach vorne ins Leere laufen. Auf den ersten Blick wirkte dies manchmal riskant, aber Heikkinen nützte damit einerseits den Überraschungsmoment, gab andererseits den Ball nicht ab, sondern somit praktisch Herr über den Ball und initiierte das offensive Umschaltspiel.

Grahovac bewusst mit wenig Spektakel

Srdjan Grahovac macht es auf der Sechs heutzutage anders. Er ist eher auf Ballkontrolle aus und versucht dann mit möglichst kurzen, aber doch vertikalen Pässen zumindest eine gegnerische Linie zu überspielen. Grahovac sorgt dabei bewusst für kein Spektakel, sondern ist auf eine hohe Passsicherheit, bei gleichzeitiger Qualität bedacht. Er muss keine direkten Assists liefern, sondern Rapid nur in etwas höhere Zonen bringen. Sein Abnehmer ist dabei zumeist Schwab, der von der „sanften Vertikalität“ in Grahovac‘ Spiel profitiert, dann aber wieder Tempo und Linie herausnimmt.

Extrem schwer vom Ball zu trennen – aber „ärgern“ reicht

Schwab fehlt die Explosivität auf den ersten Metern und auch die Schnelligkeit bei längeren Sprints, weshalb er relativ einfach unter Druck gesetzt werden kann. Ihn direkt vom Ball zu trennen, ist aufgrund seiner körperlichen Balance und der Fähigkeit den Ball ideal abzuschirmen, enorm schwierig. Schwab zu „ärgern“ reicht aber ohnehin aus, denn damit werden die beiden größten Probleme in seinem Spiel aktiviert, die Rapid umfassend bremsen.

Verschleppen vielversprechender Offensivsituationen

Das erste große Problem sind seine langen Ballbesitzzeiten. Schwab bleibt zu lange am Ball, verschleppt das Spiel meist diagonal. Dies sind Aktionen, in denen es schwer wird, sich mannschaftlich oder gruppentaktisch mitzubewegen, weil der Ballführende bereits den idealen Moment für die Ballabgabe verpasste und man sich innerhalb einer einzelnen Aktion an veränderte Spielsituationen anpassen muss. Der Gegner kann entspannt auf Defensive umschalten und sich formieren, hinter den Ball kommen. Gerade bei Konterangriffen, die über Schwab vorgetragen werden, ist dies außerordentlich ärgerlich, weil man viel Zeit verliert und dem Gegner das defensive Umschaltspiel leichter macht, anstatt den Ball schneller laufen zu lassen.

Fehlerminimierung ist das Um und Auf

Das zweite Problem ist der zu große Fokus auf entscheidende Situationen. Dass Schwab Schnittstellenpässe, Abschlüsse oder direkte Assists sucht, ist per se nichts Schlechtes – allerdings geht dies auf Kosten des wichtigsten Faktors für die Achterposition: Die Fehlerminimierung. Iniesta, Zidane, Modric und Co. zählen bzw. zählten nicht zu den Besten ihres Fachs, weil sie viele Tore erzielten oder vorbereiteten, sondern weil sie praktisch keine Fehler machten. Wenn Schwab pro Monat ein oder zwei geniale Aktionen zum Zungeschnalzen raushaut, ist das zwar schön anzusehen, aber es steht nicht in Relation zu den vielen verschleppten Szenen wegen zu langer Ballbesitzzeiten und Fehlpässen aufgrund von zu hohem Abschlussfokus.

Dem Spiel den Stempel aufdrücken

Man könnte also zusammenfassen, dass neben Schwabs fehlender Dynamik und Explosivität, seine Entscheidungsfindung das Hauptproblem ist, das das gesamte Rapid-Mittelfeld beeinträchtigt. Für die Art und Weise eines Spiels sind eher die Sechser und Achter federführend – weniger die Zehner. Es geht primär darum, wie man mit System und Dynamik zwischen und hinter die gegnerischen Linien kommt. Diese Überbrückungen beherrschten bei Rapid Spieler wie Heikkinen oder Hlinka – um zwei Beispiele aus den letzten Meistermannschaften zu nehmen – perfekt. Davor durften sich dann Spieler wie Hofmann, Boskovic, Ivanschitz oder Martínez entfalten, weil sie durch die defensiveren Akteure ideal eingesetzt wurden. Dies waren die Spieler, die – so wie heute Knasmüllner oder Murg – für die spektakulären Szenen zuständig waren. Schwabs Rolle sollte aber eher die von Heikkinen oder Hlinka sein: Größere Sicherheit und Konsequenz in der Linienüberbrückung ist nicht nur um 3-5-2 auf seiner Position wichtiger, als regelmäßig Zählbares. Als aktuelles österreichisches Beispiel hierfür ist Neo-Wolfsburger Xaver Schlager anzuführen.

Impulsgeber durch Sicherheit und schnelle Entscheidungen

Bei Rapid 2019 sollte Schwab dieser Impulsgeber sein. Grahovac hat ihm zwar im letzten Jahr einiges abgenommen, aber gerade deshalb müsste der Kapitän viel mehr Selbstverständlichkeit und Entscheidungssicherheit in seinem Spiel haben. Da dies aber leider weiterhin nicht der Fall ist, passt sich Rapids Mittelfeld an die Impulse, die Schwab gibt, an.

Test gegen Nürnberg: Gute Beispiele für neue Impulse

Um das Spiel Rapids nachhaltig zu verändern, braucht es also auf der Achterposition neue Impulse. In der Vorbereitung und speziell im gestrigen Test gegen Nürnberg sah man bereits, wie wertvoll solche neuen Impulse sein können. Etwa als Taxiarchis Fountas in Rückwärtsbewegung häufig die Achterposition einnahm und genau die Dynamik auf den ersten Metern und die mutigen Aufdrehbewegungen zeigte, die Schwab immer wieder fehlen. Auch die Bewegungsabläufe des jungen Nicholas Wunsch sorgten im Rapid-Mittelfeld für eine neue Frische. Der Youngster ist natürlich darauf bedacht, möglichst wenige Fehler zu begehen, belebte aber gerade dadurch das Spiel seines Teams und verschleppte es nicht.

Schwab ist nicht unersetzbar

Vereinfacht zusammengefasst: Rapid wird immer so spielen, wie Schwab spielt, wenn er auf der Achterposition die wichtigste Verbindungsposition von Defensive auf Offensive innehat. Eine Alternative ist, dass man dem Kapitän Pausen gibt, um mit Hilfe anderer Spieler, die besser und schneller Entscheidungen treffen und kürzere Ballbesitzzeiten aufweisen, neue Impulse im Mittelfeld zu schaffen. Oder härter gesagt: Es bräuchte eigentlich einen anderen bzw. neuen Achter, damit Rapid wieder anders und vor allem dynamischer und konkreter auftritt. Schwabs Torgefährlichkeit und seine viel zu unregelmäßigen Top-Spiele wiegen den Tempomangel und die zahlreichen Ballfehler einfach nicht auf. Die andere Alternative wäre Schwab auf der Zehn, was aber Knasmüllner und Murg ausstechen würde, was wiederum für sich unwahrscheinlich ist.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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