Mit Lukas Grgic verpflichtete der SK Rapid einen kampfstarken Spieler fürs defensive Mittelfeld. Wir sehen uns die Stärken, Schwächen und Leistungsdaten des 27-jährigen Welsers... Spieleranalyse: Das darf man von Lukas Grgic bei Rapid erwarten!

Mit Lukas Grgic verpflichtete der SK Rapid einen kampfstarken Spieler fürs defensive Mittelfeld. Wir sehen uns die Stärken, Schwächen und Leistungsdaten des 27-jährigen Welsers an und analysieren, wie er ins System Rapids passen könnte.

Spieler, die nicht in Akademien gespielt haben, sind bei Rapid schon seit jeher durchaus „in“. Lukas Grgic fällt ebenfalls in diese Kategorie: Über den Nachwuchs des FC Wels, den WSC Hertha Wels und den SV Wallern schaffte der Mittelfeldspieler 2014 den Sprung zum LASK. 19-jährig debütierte er für die Linzer in der 2. Liga, spielte zwei Jahre regelmäßig in der zweiten Mannschaft und schnupperte in seiner dritten Saison näher an die Kampfmannschaft heran. Drei Tore in 22 Spielen waren seine Ausbeute in der Saison 2016/17.

Über Ried nach Tirol…

Die Perspektiven, die der LASK bot, waren im Sommer 2017 aber nicht zufriedenstellend für den kampfstarken Sechser und so wechselte er zunächst leihweise, dann fix zur SV Ried, wo er auf Anhieb zum Stammspieler wurde. In 58 Pflichtspielen brachte es Grgic auf drei Tore und neun Assists für den Zweitligisten, ehe es in der Saison 2019/20 erstmals in die Bundesliga ging: Für die WSG Tirol stand Grgic 22-mal auf dem Platz, spielte ausschließlich als Sechser und fiel am Ende der Saison mit einer Blinddarmentzündung aus.

…und zurück nach Linz

Die starken Leistungen in Tirol veranlassten den LASK im Sommer 2020 eine Rückholaktion zu realisieren. Grgic startete in Dominik Thalhammers 3-4-3 weitgehend gesetzt als Sechser in die Saison, wurde im November aber durch einen Muskelbündelriss zurückgeworfen – es war seine bisher langwierigste Verletzung, die ihn etwa zehn Wochen außer Gefecht setzte. Damit fehlte er auch für die Wintervorbereitung und es war vorerst schwierig für ihn, den Weg zurück in die Mannschaft zu finden.

2021/22 schaffte er allerdings ein weitgehend starkes Comeback, spielte unter Thalhammer und Interimscoach Wieland, fehlte zwischenzeitlich drei Wochen wegen einer Schulterverletzung. In 23 Partien kam er auf zwei Tore und zwei Assists im defensiven Mittelfeld, ehe er sich im Jänner 2022 für einen Wechsel zu Hajduk Split entschied.

In Split flexibler

In Split war Grgic zunächst weitgehend gesetzt, wurde aber positionstechnisch vielfältiger eingesetzt. Der Neo-Rapidler spielte nicht nur auf der Sechs, sondern auch immer wieder als Achter und situativ sogar als offensiver Mittelfeldspieler und als inverser Rechtsaußen. Insgesamt brachte es Grgic in 46 Pflichtspielen für den kroatischen Klub auf zwei Tore und fünf Assists und auch in der 1. HNL, wie die höchste Spielklasse Kroatiens heißt, rief er seine typischen Kämpfertugenden ab, war dadurch bei den Fans durchaus beliebt. Sowohl 2022, als auch 2023 gewann Grgic mit Hajduk den kroatischen Pokal.

Kurz vor Ende der vergangenen Saison verlor Grgic allerdings seinen Stammplatz und Hajduk begann die neue Saison anderweitig zu planen. Einerseits wollen die Kroaten mit dem 18-jährigen Rokas Pukstas ein Supertalent fürs zentrale Mittelfeld forcieren. Andererseits holte man den routinierten Belgier Vadis Odjidja-Ofoe, um den Youngster bei seiner Entwicklung zu unterstützen. Hajduk ist zudem an weiteren defensiven Mittelfeldspielern dran, die ein höheres Weiterverkaufspotential mitbringen – so zum Beispiel an Osijeks Mihael Zaper.

Da es unter dem neuen Trainer Ivan Leko für Grgic schwieriger wurde, als unter dem Litauer Valdas Dambrauskas, war Hajduk schlussendlich gesprächsbereit und einigte sich mit Rapid über einen Transfer des Austro-Kroaten. 750.000 Euro soll Grgic laut Kurier in die Kassa des kroatischen Vizemeisters spülen.

Abnehmer statt Abkipper im Spielaufbau

Betrachtet man die Leistungsdaten und Werte der letzten Jahre, so erkennt man, dass sich Grgic’ Spiel ein wenig veränderte. Der 27-Jährige wurde in seiner Gesamtorientierung etwas offensiver als in seiner Bundesligazeit. In Ballbesitz spielte Grgic nun eher zwischen den Linien und gab einen flexiblen Sechser/Achter-Hybrid. Demnach war er im Aufbau weniger der abkippende Akteur, sondern mehr die erste zentrale Anspielstation aus der Defensive heraus. Das entspricht auch der Rolle, die Roman Kerschbaum zuletzt bei Rapid einnahm.

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Seine Passmuster zeigen, dass er im Sechser/Achter-Raum im vergangenen Jahr progressiver agierte. Zudem gibt es auf der höheren Position, also im Übergang vom Achter- zum Zehnerraum, ebenfalls ein klares Muster: Grgic spielte hier im halbrechten Raum mutiger und direkter als wenn er auf die halblinke Seite abkippte. Das ist der Tatsache geschuldet, dass er Linksfuß und zudem klarer Zentrumsspieler ist. Demnach kann er von der halbrechten Seite – die bei Rapid derzeit ebenfalls Roman Kerschbaum besetzt – inverser agieren, hat eine offenere Körperhaltung und mehr Optionen, die seinem Spiel entgegenkommen. Auf der linken Offensivseite ist sichtbar, dass er sich eher für den einfacheren Pass entscheidet, mehr zurückspielt und im Schnitt auch weniger Passqualität abruft.

Enorm starke Passwerte

Auffällig ist allerdings auch, dass sich Grgic’ Passwerte in Split im Vergleich zu seiner LASK-Zeit verbesserten. In der vergangenen Saison kam Grgic auf durchschnittlich 34 Pässe pro Partie und dabei auf 90% Genauigkeit, was für seine Position ein ausgezeichneter Wert ist. Die Verbesserung könnte auch dadurch zustande gekommen sein, weil sich seine Mitspieler im Vergleich zu seiner Zeit beim LASK unter Thalhammer besser ohne Ball bewegten und auch, weil die Gegner von Hajduk in der Liga passiver und defensiver agierten. Dem gegenüber steht aber, dass Grgic auch in der Qualifikation zur UEFA Europa Conference League gegen Vitoria Guimaraes und sogar Villarreal ähnliche Passwerte aufweisen konnte. Die Verbesserung ist daher wohl primär seiner eigenen Entwicklung geschuldet.

Stark im Einfädeln von Torchancen

Angesichts dessen, was Grgic in Wattens und Linz zeigte, war eher zu erwarten, dass Grgic in Split als „Abräumer“ und Rückendeckung für spielstärkere Mitspieler fungieren würde. Speziell die vergangene Saison zeichnete allerdings im kroatischen Ligavergleich ein interessantes Bild:

Bei der Anzahl der Pässe, sowie progressiven Pässen und Zuspielen ins letzte Drittel war Grgic Ligadurchschnitt. Geht es aber um das Einfädeln gefährlicher Aktionen und die Passgenauigkeit wies er annähernd Liga-Topwerte auf. Speziell die Kombination aus diesen beiden Werten ist hochinteressant: Bei einer Passquote von 88,81% in Ligaspielen müsste man annehmen, dass die Passmuster des Spielers sehr einfach und sicher sind. Zusätzlich allerdings kommt Grgic pro Partie auf einen Wert von 0.36 im xGBuildup. Das ist für seine Position ein Wert, der eher einem Spieler zugeschrieben würde, den man als „deep-lying playmaker“ bezeichnen könnte.

Vergleich mit Kerschbaum

Wenn man diese Werte mit dem letzten Jahr von Roman Kerschbaum vergleicht, sieht man die markanten Unterschiede.

Kerschbaum kommt auf eine niedrigere Passquote und einen eher durchschnittlichen, wenn auch recht guten Wert im xGBuildup. Könnte Grgic seine Werte aus Split auch auf sein Rapid-Engagement übertragen, wäre das für die Hütteldorfer ein großer Gewinn. Allerdings sind die Werte im Vergleich mit Vorsicht zu genießen.

Es ist eher anzunehmen, dass sich Grgic’ Leistungsdaten in Ballbesitz an die von Kerschbaum angleichen werden. Der Grund dafür ist primär, dass die meisten Gegner in der kroatischen Liga gegen die großen Teams sehr passiv agieren und Defensivpressing praktizieren, wodurch das Mittelfeld mehr Bewegungsspielraum hat. Es ist auch in Grgic’ Leistungsdaten sichtbar, dass die Passwerte im Schnitt abnahmen, wenn es gegen eines der Top-Teams Dinamo Zagreb, Rijeka und Osijek ging. Das trifft zwar nicht auf jedes der Spiele gegen die „Größeren“ zu, wie auch die Europacup-Statistiken beweisen, aber ein Muster ist dennoch erkennbar.

Statistischer Rückfall wahrscheinlich, aber kein Problem

Die höhere Qualitätsdichte in der österreichischen Liga wird demnach dazu führen, dass Grgic häufiger unter Druck ist und früher angepresst wird. Fabelwerte wie in der kroatischen Liga sind demnach unwahrscheinlich, was aber auch kein großes Problem ist. Wenn Grgic nämlich – wie es zu erwarten ist – die Position von Kerschbaum einnehmen soll, dann kann das für Rapid auch noch andere Vorteile bringen.

Neben dem bereits beschriebenen Vorteil der inversen Herangehensweise auf der halbrechten Position, gilt Grgic vergleichsweise auch als der kampfstärkere Spieler. Auch wenn das Spiel gegen den Ball aufgrund der hohen Ballbesitzzeiten von Hajduk Split fast sekundär war, war er in Österreich dennoch für seine Stärken gegen den Ball bekannt. Da Grgic aber zuletzt bewies, dass er auch in höheren Zonen funktioniert, wird er gerade im zweiten Drittel bzw. im Übergang vom zweiten ins letzte Drittel eine wichtige Instanz im Gegenpressing sein. In diesen Zonen einen sehr aggressiven Zweikämpfer zu haben, ist ein wichtiger Aspekt für Rapid. In der vergangenen Saison konnten sich Kerschbaum, Greil oder auch Knasmüllner und Druijf in dieser Hinsicht nie dauerhaft auszeichnen.

Wichtiger Baustein für Sattlbergers Entwicklung

Zudem könnte der intensive Zweikämpfer ein wichtiger Baustein für die Entwicklung von Rapid-Eigengewächs Niklas Sattlberger sein. Da Grgic weniger der Spieler sein wird, der im Spielaufbau abkippt, könnte auf Sattlberger eine eher tief-spielmachende Rolle im Aufbau zukommen. Auch wenn Grgic für die Mentalität und Aggressivität in Rapids Mittelfeld eine Verbesserung darstellen wird, ist er nicht der spielerisch-präsente Sechser/Achter, den sich die Fans vielleicht gewünscht hätten. Das Gespann mit Sattlberger kann diese spielerische Komponente aber möglicherweise abfedern.

Plakativ gesprochen wird es für Sattlberger auch eine Entlastung darstellen, dass sein Nebenmann auf der Doppelsechs keinerlei Zweikämpfe scheut und gegen den Ball deutlich aggressiver zu Werke geht, als seine Vorgänger bzw. Kollegen. Das könnte dazu führen, dass der spielstarke Sattlberger befreiter aufspielen kann.

Nicht die erhoffte „Komplettlösung“

Grgic dürfte für Rapid also eine wichtige Facette darstellen, ist aber nicht „DER“ Sechser, wie es etwa Jon Gorenc-Stankovic bei Sturm Graz ist oder Nicolas Seiwald bei Red Bull Salzburg war. Dass die Komplettheit ein wenig fehlt, zeigt auch der Vergleich der Vorsaison mit den besten Sechsern/Achtern der kroatischen Liga.

Der Neo-Rapidler spielte in einer etwas offensiveren Rolle als einige der Vergleichsspieler, weshalb er beispielsweise andere Arten von Zweikämpfen führen müsste, als Vladan Bubanja, der ebenfalls ein Thema bei Rapid ist. Hinzu kommt, dass Bubanja beim kleineren Klub und als klarer Sechser spielt und daher mehr gegen den Ball arbeiten bzw. auch statischere Zweikämpfe bestreiten musste. Die Pressingstärke von Osijeks Nejasmic oder die Polyvalenz von Goricas Prsir bringt Grgic nicht mit, dafür aber verhältnismäßig eine gute Passquote und das Annehmen der so wichtigen Schnittzweikämpfe.

Die Crux mit dem Österreicher-Topf

Ein zusätzlicher Vorteil für Rapid ist aber auch, dass Grgic keinen Ausländerplatz verstellt und die Hütteldorfer somit weiterhin am Österreicher-Topf teilnehmen könnten, was wiederum dringend nötiges Geld einbringen wird. Dass man sich mit der Teilnahme an der Regelung in der Transferflexibilität beschneidet, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Speziell Sturm Graz zeigte in den letzten Jahren vor, wieso man sich sukzessive von diesem Konzept verabschieden sollte, wenn man erfolgreicher sein will…

Fazit

Grgic wirkt unterm Strich wie ein Kompromiss – aber sicher kein schlechter. Rapid verpflichtet mit dem 27-Jährigen einen Mentalitätsspieler, der bereits kurzfristig für Verbesserungen sorgen könnte. Zudem wird damit die Kampfkraft und Mentalität auf der Zentralachse weiter verstärkt: Mit Querfeld, Cvetkovic und Burgstaller, sowie möglicherweise auch mit Seidl verfügt Rapid bereits über einige „Typen“ im Zentrum – die in der vergangenen Saison über weite Strecken abgingen, wie ein Bissen Brot. Auch die mögliche, positive „Mitentwicklung“ von Niklas Sattlberger ist ein nicht zu verachtender Aspekt. Mittel- bis langfristig wird Rapid im Sechser/Achter-Raum dennoch eine „Komplettlösung“ benötigen, wie es Jon Gorenc-Stankovic bei Sturm Graz ist. Angesichts der aktuellen Schwierigkeiten und dem geringen, finanziellen Handlungsspielraum, ist Lukas Grgic aber vorerst eine Lösung, mit der man in Wien-Hütteldorf leben kann.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen