Lange Zeit stand er in der Kritik. Zuletzt wurde sogar über eine unmittelbar bevorstehende Entlassung des Trainers berichtet. Nun ist es aber fix –... Tuchel und Bayern gehen am Saisonende getrennte Wege

Lange Zeit stand er in der Kritik. Zuletzt wurde sogar über eine unmittelbar bevorstehende Entlassung des Trainers berichtet. Nun ist es aber fix – Tuchel bleibt (vorerst) bis Saisonende und verlässt den deutschen Rekordmeister nach dem 36. Spieltag.

Seit März 2023 im Amt

Der gebürtige Krumbacher ist seit März 2023 Übungsleiter der Bayern und ersetzte den am Ende glücklosen Julian Nagelsmann. Unter Tuchel wurden die Bayern in der vergangenen Saison Meister, in Pokal und Champions League blieb man hingegen erfolglos.

In der aktuellen Saison droht den Bayern das frühe Aus im Achtelfinale der Champions League, im Pokal hieß es bereits in Runde 2 gegen den FC Saarbrücken Koffer packen und in der Liga liegt man acht Punkte hinter Leverkusen. Summa summarum eine Saison, die den Ansprüchen der Bayern nicht genügt.

Von A wie Alonso bis Z wie Zidane – das sind die Top-Nachfolgekandidaten

Topkandidat ist der derzeitige Coach der Leverkusener und Ex-Bayern-Akteur Xabi Alonso. Ob Alonso zu den Bayern will, er in Leverkusen bleibt oder im Sommer Jürgen Klopp in Liverpool beerbt, ist noch unklar. Fakt ist: Alonso ist gefragt und dem Vernehmen nach wollen ihn die Bayern unbedingt.

Antonio Conte gilt als weiterer Kandidat. Der Italiener blickt auf erfolgreiche Stationen bei Juventus, Chelsea, Inter und Tottenham zurück, steht jedoch für Defensivfußball. Ob man darauf in München wirklich erpicht ist, ist fraglich. Ebenso problematisch: Conte spricht kein Deutsch, was für die Bayern-Verantwortlichen immer ein essenzielles Kriterium war.

Sebastian Hoeneß können derzeit nur Außenseiterchancen eingeräumt werden. Zwar ist der Neffe von Uli Hoeneß derzeit mit dem VfB Stuttgart erfolgreich und sind die Schwaben das Überraschungsteam der Liga. Ob Uli Hoeneß privat und beruflich miteinander vermischt, darf aber bezweifelt werden. Denn ein Scheitern seines Neffen könnte auch für Uli Hoeneß negative Folgen haben.

Jürgen Klopp ist natürlich einer der ersten Namen, die auf der Shortlist auftauchen müssen. Der Deutsche hat sich dem Vernehmen nach aber bereits selbst aus dem Rennen genommen. Er wolle nach neun Jahren Liverpool eine Auszeit nehmen.

Jose Mourinho ist zweifelsohne einer der größten Trainer aller Zeiten und gewann Titel in Portugal mit Porto, in England bei Chelsea und Manchester United, in Spanien mit Real Madrid, in Italien mit Inter Mailand und zuletzt mit der Roma. Wie Conte auch, legt Mourinho Wert auf die Defensive. Ein Minuspunkt, genauso wie Mourinhos Temperament. Ebenso problematisch: Der Portugiese duldet in Sachen Transfers nur wenig Einmischung. Ob man das in München hinnehmen wird, ist fraglich.

Zinedine Zidane war als Spieler und Trainer mit Real Madrid erfolgreich und ist einer der besten Fußballer aller Zeiten. Die Corriero Dello Sport berichtet sogar bereits von ersten Gesprächen zwischen dem Franzosen und den Deutschen. Zidane selbst hatte bereits öfter erklärt, dass er nur Teams trainieren werde, deren Sprache er beherrsche. Da der Franzose kein Deutsch spricht, wäre er wohl raus. Aber: Bis Sommer bleibt noch viel Zeit, um Deutsch zu lernen. Und: Zidane hat alles, was die Bayern wollen und brauchen. Erfolgreich als Spieler und Trainer, ruhig und besonnen, einer, der gut mit seinen Spielern umgehen kann. Kurzum: Wer bei Real erfolgreich ist, kann bei jedem Klub erfolgreich sein. Es verwundert daher nicht, dass die Bayern den großen Coup mit Zidane landen wollen. Fraglich ist, ob der Franzose will, denn eigentlich ist es sein Traum französischer Nationaltrainer zu werden.

Was wird aus Tuchel?

Auf dem Papier ist Thomas Tuchel ein erfolgreicher Trainer. 11 Titel im Profifußball stehen insgesamt in seiner Vita, zudem wurde er in der Saison 2020/21 Weltclubtrainer.

Blickt man jedoch genauer hin, hielt sich Tuchel bei seinen letzten Stationen (Chelsea 1,5 Jahre und Bayern knapp über ein Jahr) nur kurz, obwohl er mit Chelsea die Champions League, den UEFA Supercup und die Klubweltmeisterschaft und mit Bayern die Liga gewann. Tuchel eckt an und das ist für manche Klubs schwierig.

Dem Deutschen wird es nicht an Interessenten fehlen und so soll West Ham United bereits die Fühler nach ihm ausgestreckt haben. Tuchel könnte David Moyes ersetzen, dessen Vertrag im Sommer ausläuft.

Bleibt Tuchel wirklich bis Saisonende?

Die Entscheidung der Bayern hat viele überrascht. Nicht, dass man sich von Tuchel trennt, sondern dass man erst im Sommer getrennte Wege geht. Es wird daher nach wie vor spekuliert, dass Tuchel bei einer Niederlage gegen Red Bull Leipzig am Wochenende den Klub bereits früher verlassen müsse. Berichten zu Folge könnte Ole Gunnar Solskjaer die Bayern bis Saisonende übernehmen.

Ist die Trennung von Tuchel genug, um wieder erfolgreich zu sein?

Nein. Der FC Bayern war jahrelang in einer Komfortzone. In einer Liga, die zwar nach wie vor zu den besten der Welt gehört, in der die Bayern aber nur selten wirklich gefordert wurden. Diese Saison ist anders, denn Leverkusen ist in Topform und zeigt den Bayern die Versäumnisse der letzten Jahre auf. Der Startelf ist zu alt, die Spieler zu satt, es fehlt teilweise an Disziplin und die Spieler haben zu viel Macht.

Den Münchner geht es nun wie vielen Topmannschaften. Es ist Zeit für einen Umbruch – es braucht eine andere Transferpolitik, junge Spieler und eine klare Vision. Zu glauben, dass Tuchel der einzig Schuldige am Misserfolg ist, ist gelinde gesagt hanebüchen.

Vieles erinnert nun an jene Phase, in der Pep Guardiola den großen Umbruch bei den Bayern eingeleitet hatte. Mit Erfolg! Und eine solche Kraftanstrengung wird es wieder brauchen.

Patrick Stummer, abseits.at

Patrick Stummer