Bei den zahlreichen Fahrten zu diversen Fußballplätzen landauf und landab verschlägt es einen auch immer wieder in Regionen, die nicht so einfach zu erreichen... Groundhopper’s Diary: Fußball in Kärnten fernab des Tourismus

Bei den zahlreichen Fahrten zu diversen Fußballplätzen landauf und landab verschlägt es einen auch immer wieder in Regionen, die nicht so einfach zu erreichen sind. Auch diesmal wieder, denn im Zuge eines Aufenthaltes in Kärnten ging es diesmal nicht nur in das zum KFV zählende Osttirol, sondern auch ins Obere Mölltal. Eine landschaftlich sehr schöne und in der Nähe des Großglockners befindlich Gegend, aber doch auch eine ziemlich entlegene Region. Dass sich hier wirklich Ortsfremde auf den Fußballplatz verirren, kommt selten vor. Das Aufeinandertreffen von einem Fußballreisenden und der heimischen Bevölkerung steckte auch voller Überraschungen und vielen positiven Eindrücken.

Fußball an einem der entlegensten Orte Kärntens

Am Samstag des Pfingstwochenendes ging es von einem Spiel im Osttiroler Ainet über Lienz und den Iselsberg zurück nach Kärnten, wo am Abend am Sportplatz in Rangersdorf/Mitterling die SPG Oberes Mölltal in der 2.Klasse A des KFV auf die Zweitvertretung des FC Nußdorf/Debant treffen sollte. Ohne Erwartungen in diese Begegnung erreiche rund eine Stunde vor Spielbeginn Rangersdorf. Ich nützte die Zeit und spaziere noch den Ort. Idyllisch ist es hier schon im oberen Mölltal. Wenn man die Natur liebt und fernab vom Massentourismus entspannen möchte, dann ist man hier, in diesem Tal der Bergwelt der Hohen Tauern, schon richtig aufgehoben.

Bei meiner Rückkehr auf den Sportplatz ist schon einiges los. Eine Abordnung von Fans aus Osttirol lädt gerade ihre Fanutensilien aus einem Auto aus und auf Seiten der Rangersdorfer betreten Personen mit Schals den Sportplatz. Das ist vielversprechend, denke ich mir, und ich bin überrascht, dass der Sportplatz gut gefüllt ist und sich zum Anpfiff 260 Personen eingefunden haben.

Als sich die Mannschaften zum Einlauf bereits machen, zünden die Riots 9833, der Fanklub der SPG schwarzen Rauch. Das kommentieren die Fans der Gäste mit einem „He, he… Des san owa unsare Foabn!“. Sie lassen sich nicht zweimal bitten und zünden ihrerseits Rauch in den Nußdorfer Vereinsfarben schwarz und rot sowie untermalen sie diese Choreo mit zwei bengalischen Feuern. So muss es im Unterhaus sein und wenn sich dieses Szenario quasi am Ende der Welt (bzw. im äußersten Oberkärnten) zuträgt, ist dies noch einmal schöner. Bedenkt man zusätzlich noch, dass hier der letztjährige Absteiger aus der 1.Klasse A, der den angepeilten Wiederaufstieg verpasst hat und in der letzten Spielklasse auf eine im Mittelfeld klassierte Zweiermannschaft trifft, ist dies noch einmal beeindruckender.

Das Spiel beginnt mit der selben Hitze, wie sie kurz zuvor die Pyrotechnik hatte. Brandstätter ist in der vierten Minute zur Stelle und bringt die SPG Oberes Mölltal in Führung. Der von den Riots nach dem Führungstreffer gezündete Rauch ist noch nicht einmal verflogen, da erzielt Zraunig in der sechsten Minute das 2:0. Rangersdorf steht Kopf und auf Seiten der Nußdorfer herrscht Unverständnis gepaart mit Resignation vor. Dass ihre Mannschaft den Start dermaßen verschläft, wollen die Fans aus Osttirol nicht wahrhaben. Aber was kann man mit so einen gebrauchten Tag in den restlichen 84.Minuten machen? Die Antwort finden sie in der Kantine, wo sie sich die eine oder andere Runde Bier bestellen.

Nußdorf kommt danach allerdings besser ins Spiel und so verläuft die Partie bis zur Pause doch ziemlich ausgeglichen und es fallen keine weiteren Tore. Die Spieler haben auch ihr Visier nicht mehr allzu scharf eingestellt und so verabschiedet sich gegen Ende der ersten 45 Minuten der orange Spielball in der Möll. Ich werde auch von einem Ordner angesprochen, dem ich erkläre war ich hier mache und er meint zu meinem Programm in ehrlicher Weise: „Waunnst davua in Ainet woast, donnst siagst wenigstens jetzt a guads Spü!“

In der Pause verbrüdern sich die Fans der Nußdorfer mit einer Poltergesellschaft der Braut, wodurch sie nun auch den einen oder anderen Schnaps trinken. Dennoch wird auch nach dem Seitenwechsel gesungen, wobei die Riots doch etwas singfreudiger sind, aber beide Seiten stimmen jeweils „Anti-Dölsach“- und „Anti-Mölltal“-Sprechchöre an, um die Rivalen der heutigen Gegner diffamieren zu können. Die Riots haben auch einen Schlachtruf, dass Mölltal, derzeit Tabellenletzter in der 1.Klasse A, in die 2.Klasse muss, was natürlich in Rangersdorf gerne gesehen werden würde, gebe es im Oberen Mölltal wieder das Derby gegen Obervellach.

Nußdorf kommt in den zweiten 45 Minuten gut aus der Kabine und fordert die Rangersdorfer sehr, denn diese müssen weiterhin konzentriert verteidigen, um sich keinen Gegentreffer einzufangen. Ich werde dann noch vom Kassier Sigi Beer angesprochen, der sich über meine Fußballreisen ziemlich begeistert zeigt und sich freut, dass ich den Weg ins obere Mölltal gefunden habe. Er erzählt mir noch, dass man es in so einer entlegenen Region schwer hat eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen und es furchtbar Schade ist, dass es das Derby gegen Stall nicht mehr gibt. In Rangersdorf scharren jetzt aber einige junge Spieler in den Startlöchern, um sich in der Kampfmannschaft zu etablieren, sodass es in naher Zukunft keinen Spielermangel geben sollte.

Ich pflichte ihm natürlich bei, dass hier auch meine Erwartungen übertroffen wurden. Nicht nur aufgrund der Fanszenen, denn es hat hier auch den Anschein, dass der Verein auf soliden Beinen steht und man wie in einer Familie zusammenhält. Die SPG Oberes Mölltal bringt das 2:0 schließlich auch über die Zeit und so verabschiedet sich die Mannschaft auch euphorisch von den Fans und ich verabschiede mich aus Rangersdorf, selbst wenn ich hier nach dem Match noch gerne länger geblieben wäre und bei dem einen oder anderen Bier weitergeplaudert hätte.

Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.