Morgen steht für Rapid bereits das erste echte „Millionenspiel“ in der noch jungen Saison 2021/22 an. Auswärts gegen Sparta Prag reicht ein Unentschieden zum... Diese Fehler muss Rapid im Rückspiel in Prag abstellen!

Morgen steht für Rapid bereits das erste echte „Millionenspiel“ in der noch jungen Saison 2021/22 an. Auswärts gegen Sparta Prag reicht ein Unentschieden zum Aufstieg in die 3. Qualifikationsrunde zur Champions League. Was die Hütteldorfer allerdings am Wochenende gegen Hartberg zeigten, schreit nach Veränderung.

Vor dem Spiel gegen die Oststeirer dachte niemand im Westen Wiens, dass der Bundesligaauftakt irgendwie schiefgehen könnte. Mit dem Selbstvertrauen vom 2:1 gegen Sparta Prag im Rücken sollte der TSV Hartberg kein Problem darstellen. Rapid wurde aber recht schnell auf den Boden der Realität zurückgeholt und abgesehen von den fehlenden Comeback-Qualitäten war das – zumindest im Nachhinein betrachtet – nicht verwunderlich.

Ullmann verkopft und fehlerbehaftet

Rapid hat derzeit (noch) mehr Probleme als es scheint. Die banalsten Probleme betreffen dabei offene Personalsituationen. Speziell die Spieler, die bereits lukrative Angebote hatten, den Klub zu verlassen, wirkten nicht nur gegen Hartberg verkopft und spielten fehlerbehaftet. Maximilian Ullmann galt bisher weithin als sehr stabiler Dauerbrenner, leistete sich zuletzt aber einige schwere Fehler, wie etwa im Aufbauspiel vor dem Führungstreffer der Hartberger. Auch im Offensivspiel ist er derzeit nicht so präsent wie sonst, hinterläuft wenig, wählt seine Durchschnittsposition tiefer. Das bringt Rapid zwar mehr Absicherung, weil Marco Grüll gegen den Ball noch zulegen muss, macht die Hütteldorfer aber auch offensiv schwächer bzw. weniger zwingend.

Kara zeigt weniger Präsenz als in der Vorsaison

Ercan Kara ist der zweite abwanderungswillige Spieler, der in den ersten Saisonspielen Präsenz vermissen ließ. Während der Mittelstürmer in der vergangenen Spielzeit Zweikämpfe und Situationen für hohe Ballsicherungen anzog wie ein Magnet, bleibt er derzeit eher passiv, läuft auch weniger effizient an. Die Körpersprache des 25-Jährigen ist mit der aus der Vorsaison nicht vergleichbar. Mit Abstrichen trifft dies auch auf Taxiarchis Fountas zu, der zuletzt sein Management wechselte und bereits seit längerer Zeit mit einem lukrativen Auslandstransfer liebäugelt. Da es sich hier um absolut zentrale Spieler handelt, kommt es unweigerlich zu mannschafts- und gruppentaktischen Problemen.

Aufbäumen nötig

Die gute Nachricht für Rapids begehrteste Spieler: Die Transferzeit läuft noch fünf Wochen lang. Sobald Rapid die Hürde Sparta Prag genommen hat und damit fix mit einer europäischen Gruppenphase planen kann, wäre auch das Transferverbot wieder aufgehoben und Zoran Barisic könnte oder müsste aktiv werden. Das Rückspiel gegen Sparta ist eine gute Bühne für die Top-Spieler Rapids und es scheitert auch nicht an der Qualität, sondern eher an der zu zeigenden Einstellung über die kommenden 90 oder 120 Minuten.

Aufbau auf der linken Seite unzureichend

Die weiteren Probleme, die sich gegen Hartberg zeigten, waren systematischer. Rapid hatte große Probleme im Spielaufbau, was vorerst auch an der schlechten Einbindung von Kevin Wimmer in Ballbesitz liegt. Beim Neuzugang sieht man noch deutlich, dass die Automatismen nicht greifen. Gegen Hartberg kam Wimmer auf eine für einen Innenverteidiger erschreckende Passquote von 64,6%. Zudem hatte der ehemalige England-Legionär im Abwehrverbund der Hütteldorfer die mit Abstand meisten Ballaktionen und Hartberg versuchte den Aufbau Rapids stets leicht nach links zu leiten, um diese Unsicherheiten zu nutzen. Dass die Oststeirer zudem so proaktiv und hoch pressten, war für Rapid im Allgemeinen nicht erwartbar.

Allgemeines Problem: Zentrum nicht physisch genug

Das zweite systematische Problem betrifft das kaum präsente Zentrum der Wiener. Die Konstellation mit Knasmüllner, Petrovic und Grahovac bzw. später Schuster war physisch nicht stark genug, stellte sich der Hartberger Zentrale viel zu wenig entgegen und versuchte alles spielerisch zu lösen. Das war zwar grundsätzlich nicht die falscheste Herangehensweise, aber die Präzision von Rapids Doppelacht war an diesem Tag unterirdisch schlecht. Petrovic, der in der Pause erlöst wurde, brachte nur 43,5% seiner Pässe an den Mann, wodurch die Angriffsbemühungen durchs Zentrum im Keim erstickt wurden. Hartberg benötigte hierfür nicht mal intensives Mittelfeldpressing, sondern stellte schlichtweg gut die Räume, vor allem den Zwischenlinienraum zu. Dadurch kam auch Knasmüllner nicht gut zur Geltung.

Schuss vor den Bug zur rechten Zeit?

Nach dem 0:2 gegen Hartberg ist es aber schwer ein „Worst Of“ der Rapid-Elf zu erstellen. Es lief schlichtweg überhaupt nichts zusammen und Rapid konnte nie eigeninitiativ für Entlastung oder gar eine Kehrtwende im Spiel sorgen. Einzig Filip Stojkovic, ohnehin immer einer der verlässlichsten Rapid-Spieler, agierte halbwegs in Normalform. Wenn man einen Vorteil aus dem Auftritt gegen Hartberg ziehen will, dann ist es wohl der, dass er zur richtigen Zeit kam und ein warnendes Beispiel darstellt, wie es eben nicht gehen wird.

Kühlen Kopf in Prag bewahren

Demnach ist zu erwarten, dass Rapid morgen gegen Sparta Prag ein anderes Gesicht zeigen wird. Allerdings voraussichtlich auch eine andere Spielanlage, denn anders als gegen Hartberg wird Rapid in Prag nicht das Spiel machen müssen und kann destruktiver agieren. Den Fehler mit zahlreichen langen Bällen zu agieren, wie in der ersten Halbzeit des Hinspiels, darf die Kühbauer-Elf allerdings auch nicht machen. Viel mehr braucht es mehr Kontrolle, einen kühlen Kopf am Ball, mehr Präzision. Speziell in der gesamten Tiefe der Zentrale.

Weiterhin Handlungsbedarf auf der Sechs

Dass der in der Liga gesperrte Robert Ljubicic wieder ins Team rutscht, wird hierfür ein Vorteil sein. Aber mittlerweile auch eine Notwendigkeit, da Srdjan Grahovac aufgrund eines offenen Nasenbeinbruchs ausfällt, Dejan Petrovic außer Form ist und Lion Schuster größeren Aufgaben vor allem spielerisch noch nicht gewachsen ist. Auf der Neuverpflichtung vom SKN St. Pölten ruht damit eine sehr große Last, was auch damit zu tun hat, dass Rapid bisher eine der größten allgemeinen Kaderbaustellen noch nicht beheben konnte: Die eines physischen Sechsers, der in der Breite wie ein „Staubsauger“ agiert.

Abwehrchef Hancko rückt wieder ins Team

Sparta Prag hat mit dem 22-jährigen Ladislav Krejci genau diesen Spielertyp, der Rapid derzeit noch fehlt. Beim Ligaauftakt, den Sparta gegen Sigma Olmütz mit 3:2 gewann, spielte der allerdings in der Innenverteidigung. David Hancko hatte einen Schlag erlitten und wurde geschont – gegen Rapid ist der 2,5-Millionen-Euro-Mann aber wieder dabei und wird mit Lukas Stetina die Innenverteidigung bilden, weil Ondrej Celustka weiterhin verletzt ausfällt. Im Angriff ist zudem mit Lukas Julis der Ersatzmann für Jungstar Adam Hlozek wieder fit. Gegen Olmütz brachte Trainer Pavel Vrba mit David Moberg Carlsson, Michal Sacek und Jakub Pesek drei Neue im Vergleich zum 1:2 in Wien.

Krejci und Dockal als absolute Schlüsselspieler

Der anfangs erwähnte Ladislav Krejci wird auf der Sechs ein absoluter Schlüsselspieler für die Prager sein. Speziell den Fehler, Krejci seine Stärken bei offensiven Standards ausspielen zu lassen, die er auch gegen Olmütz wieder zeigte, darf Rapid auf keinen Fall erneut begehen. Zudem ist im Rückspiel auch mit einem wesentlich aktiveren Borek Dockal zu rechnen. Der Zehner wurde in Wien gut kaltgestellt, ist aber gerade wenn der Schwede Moberg Carlsson auf dem Platz ist, ein enorm gefährlicher Spieler für Schnittstellenpässe. Zudem ist zu erwarten, dass Dockal häufiger selbst abschließen wird, als zuletzt im Weststadion. Da Sparta offensiver zu erwarten ist, dürfte zudem Tomás Wiesner in die Viererkette hinter Carlsson rücken. Für den eher formschwachen Andreas Vindheim dürfte es demnach derzeit keinen Platz in der ersten Elf geben.

Besseres Zweikampfverhalten und mehr Präzision gefragt

Insgesamt sollte das Rückspiel in Prag wieder ein Duell auf Augenhöhe sein, aber ohne die Zweikämpfe anzunehmen und für deutlich mehr Passsicherheit zu sorgen, wird Rapid trotz der aktuell augenscheinlichen defensiven Schwächen der Tschechen keine Chance auf den Aufstieg haben. Dass ausgerechnet das inferiore 0:2 gegen Hartberg in dieser wichtigen Entscheidung das Zünglein an der Waage sein kann, um Rapid wachzurütteln, ist kurios, aber vielleicht auch kein Nachteil für den österreichischen Vizemeister.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen