Es sind die großen Fragen, die sich Fußballfans in aller Welt derzeit stellen: Wann wird wieder „hochgefahren“? Und kann eine wiederbegonnene Saison auch ordnungsgemäß... Kommentar: So kann’s in der Bundesliga weitergehen!

Es sind die großen Fragen, die sich Fußballfans in aller Welt derzeit stellen: Wann wird wieder „hochgefahren“? Und kann eine wiederbegonnene Saison auch ordnungsgemäß zu Ende gebracht werden ohne sie wegen einzelner Fälle abbrechen zu müssen? Wenn Regierungen, Verbände und Klubs mutig und ohne Leichtsinn an die Sache herangehen, darf und wird es keine Probleme bei einer positiven Beantwortung dieser Fragen geben.

Gerademal fünf Ligen weltweit haben die Corona-Krise ignoriert und weitergespielt: Weißrussland war aufgrund zahlreicher TV-Deals und nie da gewesener Awareness der große „Gewinner“ der Krise, auch wenn es immer wieder kritische Stimmen gab, da das faktisch-diktatorisch geführte Land sogar Zuschauer zuließ. Auch Nicaragua, Turkmenistan, Tadschikistan und die zuletzt begonnene Liga in Taiwan haben sich gegen den Fußball-Lockdown gesträubt. Zudem fanden über die Quarantänewochen immer wieder Freundschaftsspiele statt, etwa in Schweden und aktuell auch in Armenien und Vietnam.

Südkorea startet neue Saison

Am kommenden Wochenende startet die Saison in Südkorea. Das Land hatte die Pandemie aufgrund weitreichender Maßnahmen – Überwachung der Bevölkerung via App inklusive – gut im Griff und gilt seither als Musterbeispiel für den effizienten Umgang mit der Krise im digitalisierten Zeitalter. Südkorea muss aber keine halbfertige Saison beenden, sondern startet eine neue – mit geplanten 27 statt 38 Runden. Falls es Corona-Fälle gibt, käme es zu größeren Quarantänemaßnahmen gegen ganze Mannschaften und die Ligaoffiziellen könnten die Saison im Bedarfsfall auf bis zu 22 Spiele kürzen. Der Zeitrahmen, in dem hier agiert werden kann, ist aber deutlich größer, als müsste eine Restsaison unter Zeitdruck beendet werden.

Deutschland bekommt grünes Licht

Heute bekam auch Deutschland grünes Licht! Ungeachtet des Skandalvideos von Salomon Kalou, der am Hertha-Trainingsgelände gegen mehrere Auflagen verstieß und dafür suspendiert wurde, will die deutsche Bundesliga ihren Betrieb weiterführen und mit flächendeckenden Tests für Sicherheit sorgen. Der Wiedereinstieg in die deutsche Bundesliga könnte nun schnell gehen: Ab 15.Mai wäre es prinzipiell möglich, die Liga fortzusetzen, wahrscheinlicher ist aber ein Wiederbeginn ein bis zwei Wochen später, um das Mannschaftstraining und das eine oder andere Testspiel ein wenig wirken zu lassen, um damit die Verletzungsgefahr zu minimieren.

Größere Unsicherheit in Österreichs Entscheidungsgremien

In Österreich wird ebenfalls heute darüber entschieden, oder zumindest weiter beraten, wie es weitergeht und während in Deutschland Politik und Sport recht zielgerichtet an einem Strang ziehen, um einen Super-GAU abzuwenden, übte man sich in Österreich in Unsicherheit und Vorsicht. Die zuletzt auferlegten Auflagen durch die Regierung, dass ganze Teams und womöglich sogar deren Gegner, bei einem positiven Test in Komplettquarantäne gehen müssen, ließen die Chancen auf eine Wiederaufnahme der Saison fallen. Eine Maßnahme, die man verlautbarte, nachdem man den Klubs bereits Zuckerl vor die Füße warf.

Relation zu anderen Bereichen nicht gegeben

Damit bekleckerte sich die Politik nicht gerade mit Ruhm, denn in Relation zu weiteren Lockerungen steht diese Auflagenidee überhaupt nicht. Allgemein zeigt es, welch niedrigen Stellenwert Sport in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern hat und auch wie unentschlossen man hierzulande zu Werke geht, selbst wenn wissenschaftliche Studien einen recht logischen und zudem (vermeintlich) sicheren Fahrplan vorgeben.

Zahlen in Österreich und Deutschland vergleichbar

Vergleichen wir zunächst die Fallzahlen zwischen Deutschland und Österreich. Hier fällt auf, dass die relativen Daten praktisch 1:1 vergleichbar sind. 167.000 Infektionen in Deutschland stehen 15.600 in Österreich gegenüber, die Zahl der Todesfälle sind mit etwa 7000 zu 600 ebenfalls in derselben Ratio und selbst die Tests pro eine Million Einwohner sind mit knapp 30.000 faktisch gleich. Dies ist relativ mit den Bevölkerungszahlen der beiden Länder vergleichbar. In Bezug auf Neuinfektionen und aktuell infizierte Fälle steht Österreich sogar besser da als Deutschland, was womöglich der um einige Tage schnelleren Reaktion und der Ausgabe der Quarantänemaßnahmen im März geschuldet ist.

Hochfahren des Alltags bei großer Sensibilität

Man kann also getrost davon sprechen, dass Österreichs statistische Daten rund um die Krise mit den deutschen Daten vergleichbar sind. Österreich steht sogar noch ein wenig besser da und hätte ohne die „Ischgl-Katastrophe“ sogar noch vorbildlichere Zahlen, wenngleich diese Superspreader-Situation auch Auswirkungen auf andere Länder, unter anderem Deutschland hatte. Die Öffnungen im täglichen Leben nehmen bereits wieder Form an, vor Geschäften und in Öffis präsentiert sich die Bevölkerung sehr diszipliniert und in neun Tagen sperren die ersten Lokale wieder auf. In Parks darf man sich bereits in Zehnergruppen treffen und die Sonne genießen. Das ist möglich, weil die österreichische Bevölkerung nach den letzten Wochen und Monaten gut auf die Probleme sensibilisiert ist…

Dänische Studie: Fußball weitgehend ungefährlich

Parallel zu all diesen Diskussionen sorgte eine dänische Studie für Aufsehen, die besagt, dass die Ansteckungsgefahr beim Fußball äußerst gering ist, zumal der direkte Kontakt zwischen Spielern pro Partie durchschnittlich nur eine Minute und 28 Sekunden beträgt und es für eine gefährliche Situation laut Medizinermeinungen 15-minütigen Kontakt mit weniger als zwei Metern Distanz braucht. Ein unabhängiger dänischer Virologe, der an der Studie nicht beteiligt ist, äußerte sich zusätzlich wie folgt: „Für mich gibt es keine Pro­bleme mit nor­malem Fuß­ball. Im Fußball hat man nor­ma­ler­weise nur kurz­fris­tigen Kör­per­kon­takt, daher denke ich, dass es ziem­lich sicher ist, zu spielen.“

Red Bull Salzburg „bestätigt“ Studie mit Probe aufs Exempel

Setzt man vor dem Hintergrund dieser Studie die geforderten Auflagen für Fußballprofis in Relation mit anderen alltäglichen Lebensbereichen, so darf von einer klaren Benachteiligung des wichtigsten Volkssports Österreichs gesprochen werden. Red Bull Salzburg machte dank seiner großen analytischen Möglichkeiten die Probe aufs Exempel und wertete sein letztes Spiel gegen den LASK aus. Die Ergebnisse decken sich mit der dänischen Studie.

Pleiteparagraph musste geändert werden

Austria-Vorstand Markus Kraetschmer brachte es in einer Diskussionsrunde bei ServusTV auf den Punkt. Es ginge nicht um die Bevorteilung von Millionären, sondern um Karrieren. Und die werden gerade trotz wissenschaftlicher Gegenthesen und – bei aller schwelender Langzeitgefahr – guter Statistiken massiv aufs Spiel gesetzt. Die Bundesliga musste sogar so weit gehen, den „Pleiteparagraphen“ in seinen Statuten anzupassen, um bei einer drohenden Konkursflut wegen eines Saisonabbruchs nichts ins totale Chaos zu stürzen.

Vorerst keine finanzielle Hilfen für die Klubs

Die Austria würde einen Saisonabbruch und die Wiederaufnahme des Spielbetriebs ab Herbst nicht überleben – so Kraetschmer. Damit steht sie nicht alleine da, denn es würde voraussichtlich Dreiviertel der Liga „erwischen“. Auf Geld aus dem Hilfsfonds können sich Vereine dennoch nicht verlassen, eben weil sie Vereine sind. Dass es seit knapp zwei Jahren eine laut Lizenzauflagen „zwingende Voraussetzung“ für Bundesligateilnehmer ist, den Spielbetrieb in eine Kapitalgesellschaft auszulagern, scheint dabei egal zu sein. Einen spezialisierten „Sport-Pott“ von der Regierung gibt es bis dato nicht.

Kapitalgesellschaften „einfach in die Insolvenz schicken“?

Eben weil es für Vereine somit keine Soforthilfen gibt, besagt die Änderung des Pleiteparagraphen praktisch nichts anderes, als dass diese Kapitalgesellschaften in Konkurs gehen „dürfen“. Das ist egal, zumal eine neue Gesellschaft danach schnell neugegründet ist. Einen Geldtopf für die Klubs gibt’s dennoch nicht und so überlegt die Bundesliga bereits, ob sie sich einen achtstelligen Kredit aufnehmen soll, der dann an die Vereine ausgeschüttet bzw. verliehen werden kann.

Am Ende wird die öffentliche Hand aushelfen

Aber sind wir uns mal ehrlich: Bei all den Pleiteszenarien und dem Damoklesschwert über fast jedem Bundesligaklub und den allermeisten Klubs „darunter“, werden weder Traditionsvereine, noch kleinere Klubs am Ende komplett fallen gelassen werden. Bevor Rapid oder die Austria in die Insolvenz schlittern, wird die öffentliche Hand einspringen. Daran führt kein Weg vorbei, denn das öffentliche Interesse dieser Vereine bzw. Unternehmen ist ein völlig anderes, als das von größeren Firmen, die gerade ebenfalls an der Hand durch die Krise geführt werden. Vom Volumen einer AUA-Rettung ganz zu schweigen.

So weit muss es aber nicht kommen…

Der Punkt ist aber, dass sich die Regierung die „Komplettrettung“ dieser Klubs ersparen kann. Dafür braucht es schlichtweg einen klaren Fahrplan, bei dem man auf Experten hört, nachdem man selbst nicht sonderlich viel Ahnung von Profisport haben dürfte. Und in manchen Punkten braucht es ein gutes Einvernehmen und eine proaktive Herangehensweise durch die Klubs. Auch das ist nicht sonderlich schwer zu erklären und bereits durch ein Fallbeispiel zu belegen.

Beispielhaft: Leipzig geht in Selbstquarantäne

RB Leipzig begab sich in Quarantäne. Freiwillig und geschlossen. Der deutsche Titelanwärter tat dies deswegen, weil er unbedingt weiter um den Titel spielen will. Das Wort „Profi“ impliziert, dass man außer dieser einen professionellen Tätigkeit, keiner anderen nachgeht. Es muss also gerade in einer kleinen Liga wie Österreich, wo man nur auf 12 Vereine Acht geben muss, möglich sein, dass sich diese für einen Zeitraum X, der für die Vorbereitung und die Finalisierung der restlichen Saison in Form von englischen Wochen nötig ist, ebenfalls in Quarantäne begeben, sich quasi „kasernieren“.

Kasernieren und mutig, aber nicht leichtsinnig sein!

Wir sprechen hier schließlich von – so wird es uns zumindest vermittelt – existenzbedrohenden Situationen für die Klubs. Worauf warten sie? Wieso sind die zwölf Klubs noch nicht abgeschottet, um sich auf die sicherste Art und Weise auf die Restsaison vorzubereiten. Das muss schlichtweg von jedem Profi verlangt werden dürfen und ab diesem Zeitpunkt gäbe es überhaupt keine Diskussionen mehr, auch weil die Testungen und das Contact Tracing massiv vereinfacht werden würden. Mit Funktionären, Schiedsrichtern oder Journalisten muss man freilich anders umgehen, aber die gewöhnlichen Sicherheitsmaßnahmen für diese Berufsgruppen sehen am Ende des Tages auch nicht anders aus, als für alle anderen Berufstätigen. Mit dem Unterschied, dass gerade für mannschaftsnahe Menschen Tests ermöglicht werden, was bereits ein großer Vorteil gegenüber Handel oder Gastronomie ist.

Zeitspiel: Warten auf amerikanisches Testverfahren

Wie in allen anderen Bereichen, ist der Kampf gegen den Virus bzw. die Erforschung neuer Tests, Medikamente oder einer Impfung ein Wettlauf gegen die Zeit. Erst vorgestern wurde bekannt, dass das US-Militär ein neues Testverfahren entwickelte, mit dem Infizierte erkannt werden können, bevor sie ansteckend sind. Wird dieses Testverfahren zugelassen, darf es in den USA ab Mitte Mai eingesetzt werden. In Europa wird es entsprechend wenige Wochen länger dauern, bis man diesen potentiellen „Game Changer“ zur Anwendung bringen darf. Die Zeit bis dorthin, muss im Profimannschaftssport mit Selbstquarantänemaßnahmen überbrückt werden. Hat man dann nach einiger Zeit diese neue Testmöglichkeit, kann die Quarantäne im Laufe der Restsaison auch wieder gelockert werden, wie es ja schon mit der Gesamtbevölkerung gemacht wurde.

Gebt uns den Fußball zurück – und „wir, der Fußball“ werden mitspielen!

Conclusio: Lasst die Bundesliga weitermachen und gebt damit auch der Bevölkerung einen dringend nötigen Ausgleich zum derzeit eintönigen Alltag zurück! Helft den Klubs mit finanzieller Hilfe durch die Krise bevor diese so marod sind, dass sie Konkurs anmelden müssen. In Relation zur Rettung riesiger Betriebe handelt es sich hier um Peanuts. Und – Appell an die Vereine – geht in Selbstquarantäne! Es ist nicht das absolute Allheilmittel für jedes coronabedingte Problem, aber es minimiert die Ansteckungsgefahren weiter und ist somit ein völlig logisches und nicht schwierig umzusetzendes Entgegenkommen. Zudem sollen sich die Spieler dabei nicht verhalten wie Salomon Kalou, sondern für einen wirklich überschaubaren Zeitrahmen verantwortungsbewusst und untereinander vorsichtig agieren. Und wenn die Saison abgeschlossen ist und man sich mit den Planungen für 2020/21 befassen kann, sehen auch die medizinischen Rahmenbedingungen wieder anders aus. Es geht nur darum, wenige Wochen so professionell wie nur irgendwie möglich zu sein.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen