Ende gut, alles gut? Rapid feierte gegen die SV Ried am ersten Spieltag der neuen Saison einen glücklichen Arbeitssieg, aber die Probleme im Spiel... Rapids Pressing gegen Ried oder „das schwächste Glied der Kette“

Ende gut, alles gut? Rapid feierte gegen die SV Ried am ersten Spieltag der neuen Saison einen glücklichen Arbeitssieg, aber die Probleme im Spiel der Hütteldorfer sind deutlich sichtbar. Eines der Probleme ist das Pressing, das wir hier etwas genauer unter die Lupe nehmen wollen. Eine Aspektanalyse.

Speziell in der ersten Halbzeit sah man bei Rapid, welche Probleme mehrere Ausfälle gleichzeitig mit sich bringen können. Knapp die Hälfte der Feldspieler waren etatmäßige Reservisten oder zumindest Wackelkandidaten. Sowohl fürs Pressing an sich, aber auch fürs Gegenpressing oder schnelle, direkte Weiterverarbeitungen in gefährlichen Zonen fehlten Rapid wichtige Spieler. Und auch die mangelnde Präsenz im Zehnerraum war einer der Hauptgründe dafür, warum Rapid in der ersten Halbzeit kaum gefährlich werden konnte.

Choreografisches Denken

Christoph Knasmüllner in der Startelf ist aus mehreren Gründen nicht nur für die Fans eine bittere Pille, sondern auch für die Mannschaft. Gerade gegen den Ball, wo man sich wie in einer Choreografie verhalten sollte, was Salzburg seit Jahren perfekt vorzeigt, ist eine Mannschaft nur so gut, wie ihr schwächstes Glied. Pressing ist in den allermeisten Fällen eine gesamtmannschaftliche Aufgabe, bei der ein Rädchen ins andere greifen muss.

Zwei Varianten von hohem Pressing

Rapid versuchte dies zum Teil, begann Ried etwa bei Abstößen sofort zuzustellen und den Aufbau im Keim zu ersticken. Häufiger aber wollte Rapid die Rieder zum ersten Überbrückungspass, also aus dem ersten Drittel heraus, einladen, um dann Zugriff zu bekommen und sofort Tiefe zu suchen. Das gelang aber aufgrund der fehlenden Intensität nicht. Zwar presste Rapid teilweise zu fünft hoch und wollte Ried somit zu Fehlern in der direkten Gefahrenzone zwingen, allerdings waren die mannschaftstaktischen Abläufe bzw. Laufwege unzureichend.

„Alibihalber zustellen“

In ungefährlichen Zonen, etwa am Flügel, konnte Rapid im Pressing Teilerfolge verbuchen. Im Zentrum ließ man jedoch jegliche Intensität vermissen, was primär an Knasmüllners Rolle lag. Dass Pressing nicht zu den Lieblingsaufgaben des Feinmechanikers zählt, ist bekannt. Allerdings ist „Alibi-Pressing“ fast noch sinnloser als gar kein Pressing. Insbesondere bei Knasmüllner konnte man immer wieder beobachten, dass er seinen Gegenspieler zwar zuzustellen versuchte, um ihn unter Druck zu setzen. Dies gelang ihm aber nie und zumeist mit einem Respektabstand und ohne körperlichen Druck, sodass sich die Rieder im Aufbau fast immer einfach aus Pressingmechanismen befreien konnten.

Auch Tiefenprobleme im Pressing

Auch in der Tiefe hatte Rapid sichtbare Probleme, vor allem weil die Außenverteidiger und im Speziellen Jonas Auer im Pressing nicht schnell genug hochschoben. Ried hatte so mehrfach den Longline-Pass am Flügel als Exit-Strategie, wo man nur pomadige Gegenwehr Rapids erwarten musste. Auer gewann im Laufe des Spiels in der gegnerischen Hälfte zwar die meisten Bälle, die meisten aber aus dem Positionsspiel heraus, etwa nach Eckbällen, die zurück ins Feld sprangen und aufgesammelt werden mussten. Weiters rückte auch die Doppelacht mit Pejic und Sattlberger nicht intensiv genug nach, weshalb Ried ein Loch im Mittelfeld bespielen konnte.

Ballgewinne viel zu tief

Das Resultat daraus war, dass Rapid die allermeisten Bälle tief in der eigenen Hälfte gewann, obwohl man eigentlich Angriffspressing praktizieren wollte. Von 87 Ballgewinnen im Spiel waren es derer nur 16 im letzten Drittel. Im zweiten Drittel ist zudem sichtbar, dass hier die allerwenigsten Bälle im vorderen Bereich des zweiten Drittels, sondern ebenfalls eher defensiv gewonnen wurden, wie diese Grafik der Rapid-Ballgewinne von Wyscout S.p.a. zeigt.

Wenn Rapid Bälle tief gewann oder wieder in Richtung Offensive verarbeiten musste, hatte Ried zumeist viele Spieler hinter dem Ball und so war es für die Gastgeber schwierig, Überzahlsituationen herzustellen. Speziell bei Aleksa Pejic sah man, dass er nur ungern schwierige Bälle nach vorne spielen wollte und eher auf Nummer sicher ging, um keine Angriffsfläche zu bieten. Der 18-jährige Sattlberger spielte hier etwas progressiver, allerdings auch nur selten mittig-tief, sondern eher mit kurzen und präzisen Zuspielen im Halbraum oder auf die Flügel. Rapid bekam deshalb praktisch keinen spielerischen Zugriff aufs offensive Zentrum.

Sattlbergers Passmuster: Präzise und progressiv, aber nicht konkret die Zentrale bedienend

Zwei Erkenntnisse

Der bereits erwähnte Knasmüllner, der eigentlich genau dieser „Spielmacher“ sein sollte, wies am Ende erschreckende Werte auf. Bis kurz vor der Pause hatte der 30-Jährige nur fünf Ballkontakte. Bis zu seiner Auswechslung nach einer Stunde kam Knasmüllner auf acht Pässe, wovon nur vier nach vorne gingen und nur zwei direkt an den Mann kamen – beide in völlig ungefährlichen Zonen. Weiters bestritt Knasmüllner nur vier Zweikämpfe, von denen er einen gewann. Zwei Erkenntnisse daraus: Ferdy Druijf fehlt Rapid aufgrund seiner körperlichen Präsenz und seines Einsatzes derzeit an allen Ecken und Enden – und wenn man versucht, mit Knasmüllner auf der Zehn Offensivpressing zu spielen, ist es so, als würde man von Beginn an mit einem Mann weniger spielen.

Unterirdische Knasmüllner-Leistungen kein Einzelfall

Leider sind diese miserablen Leistungen beim einst so talentierten Routinier kein Einzelfall. In den bisherigen drei Saisonspielen stand Knasmüllner insgesamt 121 Minuten auf dem Platz. In dieser Zeit spielte er nur vier (!) erfolgreiche Pässe nach vorne. Er gewann in 121 Minuten sechs von insgesamt 19 Zweikämpfen, verlor dafür 14 Bälle, gewann kein einziges Offensivduell und schloss zweimal ab – kein einziges Mal aufs Tor. Wie auch immer Feldhofers Pressingplan aussieht: Er wäre gut beraten, wenn Knasmüllner darin keine Rolle mehr spielt, gute Trainingsleistungen und hohes Potential hin oder her.

Vergleich mit Youngster Moritz Oswald

Hätte Rapid die gestrige Partie mit Oswald auf der Zehn begonnen und somit zumindest Laufstärke in diesen Raum gebracht, hätte es wohl nicht so lange bis zu ernsthafter Wiener Gefährlichkeit gedauert. Zum Vergleich: Oswald stand in der laufenden Saison 154 Minuten auf dem Platz, spielte auf der etwas tieferen Position 84 Pässe bei 85%-iger Genauigkeit, führte immerhin 27 Duelle, von denen er zwölf gewann. Mit Pejic und Sattlberger als Absicherung auf der Doppelacht wäre Oswalds defensive Verantwortung diesmal sogar etwas geringer gewesen. Vom läuferischen Vorteil gegenüber Knasmüllner ganz zu schweigen.

Ausfälle und Rotation sind zwei Dinge. Diese eine Personalie in Kombination mit dem offensichtlichen Matchplan zeigte gestern aber auf, dass man es sich auch mit Ansage selbst schwerer machen kann, als es nötig gewesen wäre…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen